Hallo Bayraqiano,
die folgende Rechtsberatung habe ich online von einem Anwalt erhalten:
Jetzt bin ich bissle verwirrt, ob ich nun ein Wiederspruch einlegen soll? Haben Sie noch Ideen wie ich dem Anwalt antworten kann? Oder hat er wohl den Fall auch nicht 100% verstanden?
Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
In dem Urteil des VG Aachen geht es sinngemäß um die Frage, ob der Antrag auf §19d
AufenthG rückwirkend ausgelegt werden können als Antrag auf §18 b Abs. 2 AufenthaltsG.
1. Der Kläger behauptet: der Antrag hätte dahingehend von der Behörde ausgelegt werden müssen.
Die Gegenansicht behauptet: Bei der Auslegung eines - nicht formbedürftigen - Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 81 Abs. 1 AufenthG) sind die für die Auslegung von empfangsbedürftigen Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts geltenden Rechtsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) anzuwenden. Danach kommt es nicht auf den inneren Willen des Erklärenden, sondern darauf an, wie seine Erklärung aus der Sicht des Empfängers bei objektiver Betrachtung zu verstehen ist.
Diese Grundsätze der Auslegung sind im gesamten deutschen Rechtswesen einheitlich.
Dagegen lohnt es sich nicht, zu klagen.
2. § 19d
AufenthG n.F. stellt gegenüber den §§ 18a ff.
AufenthG n.F. eine abschließende Spezialregelung für (vormals) geduldete Ausländer dar, die einen Rückgriff auf § 18b Abs. 1
AufenthG n.F. und damit auch einen Wechsel des Aufenthaltstitels im Verlängerungsfall ausschließt. Zwar lasse sich nicht dem Wortlaut entnehmen, dass Geduldete nicht unter den neuen Fachkräftebgriff fallen können, aber die Intention des Gesetzgebers ist, dass es einmal eine "Spur" für Ausländer mit Visum oder anderem
AT und auf der anderen Seite eine Spur für Geduldete Ausländer gebe.. Ein Spurwechsel sei nicht möglich.
Die hier in Rede stehenden Aufenthaltserlaubnisse für qualifizierte Geduldete (§ 19d Abs. 1
AufenthG n.F.) zum einen und für Fachkräfte (§§ 18a und 18b Abs. 1
AufenthG n.F.) zum anderen gehören zwei unterschiedlichen, voneinander getrennten Regimen an.
Im Aufenthaltsrecht gilt ein grundsätzlicher Ausschluss von geduldeten Ausländern vom Arbeitsmarkt. Dies hat der Gesetzgeber mit dem im Rahmen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes neu eingefügten § 4a Abs. 4
AufenthG, wonach ein Ausländer, der keinen Aufenthaltstitel besitzt, grundsätzlich nicht arbeiten darf, sondern für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit einer behördlichen Erlaubnis bedarf, wenn die Tätigkeit nicht ausnahmsweise kraft zwischenstaatlicher Vereinbarung, Gesetzes oder Rechtsverordnung erlaubt ist, nochmals verdeutlicht
3. Fazit:
Die Begrünung ist stichhaltig und wird aller Voraussicht nach von der Berufungsinstanz bestätiugt werden. §19d soll eine absolute Ausnahme zum Grundsatz sein, dass geduldete Ausländer vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sein sollen. Ein Wechsel ist daher nicht möglich.
Sie können natürlich dennoch Widerspruch einlegen, um dann das Ergebnis der Berufungsinstanz abzuwarten. In dem Widerspruch müssten dann darlegen, weshalb das Gericht den Willen des Gesetzgebers völlig falsch verstanden hat und der Gesetzgeber auch Geduldeten den Wechsel zu §18 b ermöglichen wollte. Dies wird aber schlicht nicht möglich sein. Denn das Justizministerium hatte dies ja bereits bestätigt.
Ich kann Ihnen daher nicht mit anderen Urteilen behilflich sein.
Auch europarechtliche Aspekte helfen da nicht weiter, da der Arbeitsmarkt und die Aufnahme von Ausländern (insbesondere mit Duldung) eine Kernkompetenz der Staaten ist.
Ich kann Ihnen daher nur raten, taktisch Widerspruch einzulegen und dann auf das Berufungsurteil zu warten.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
xxx