Hallo Beppo,
Beppo schrieb am 04.05.2009 um 17:01:42:zu der Auslegung der Mehrstaatigkeit habe ich außer der BMI-Seite und einer Seite des Auswärtigen-Amtes zur Einreise nach Polen keine weitreichenden Hinweise gefunden. Auf der AA-Seite wird für die Einreise von Mehrstaatern (z.B. D/PL)vermerkt, dass polnische Staatsangehörige auch bei Mehrstaatigkeit in Polen den polnischen Pass vorzulegen haben. Andere Staatsangehörigkeiten werden nach den nationalen polnischen Gesetzen nicht anerkannt. Quellen dafür werden nicht genannt.
Das polnische StAR erkennt Mehrstaatigkeit eben nicht an. Polnische Staatsangehörige können andere Staatsangehörigkeiten erwerben, das interessiert niemanden in Polen. Ja, sie müssen nach wie vor mit polnischen Dokumenten (Pass/Ausweis) in Polen ein- und ausreisen. In "Polonia", der polnischen Gemeinschaft außerhalb Polens, ist dies bekannt und wurde mal in den USA und Kanada "the passport trap" genannt,
siehe hier (auf Englisch).
Beppo schrieb am 04.05.2009 um 17:01:42:Weiterhin verweist das EGBGB (Art. 5) auf die Anwendung der jeweiligen Staatsangehörigkeit.
Dieser lautet in Absatz (1):
Zitat:Wird auf das Recht des Staates verwiesen, dem eine Person angehört, und gehört sie mehreren Staaten an, so ist das Recht desjenigen dieser Staaten anzuwenden, mit dem die Person am engsten verbunden ist, insbesondere durch ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder durch den Verlauf ihres Lebens. Ist die Person auch Deutscher, so geht diese Rechtsstellung vor.
Also, ein Doppelbürger GB/D wird ausschließlich als Deutsch behandelt.
(Was passiert, wenn er mit dem britischen Pass ein- un ausreist?)
Aber müsste das zwingend heißen, dass sein Ehegatte nicht als Ehegatte eines Briten behandelt werden könnte? Denn (auch) diese Behandlung entspricht den Fakten? Wenn ich deine weiteren Beiträge richtig verstehe, würde es so heißen, dass es geht. Obwohl eine andere Intepretation, die zum im Thema erwähnten Link des BMI passen würde, wäre, dass die Person selbst ausschließlich als D Sta. zu behandeln wäre (nicht nur dass diese Sta vorgeht), so würde sich das auf die Familienmitglieder erstrecken, wenn es um deren Aufenthalt in D geht.
Beppo schrieb am 04.05.2009 um 17:01:42:Da einige Staaten die Mehrstaatigkeit ablehnen, scheint es aus meiner Sicht um jahrelange gängige Praxis der einzelnen Staaten zu handeln, so dass es sich ggf. um Völkergewohnheitsrecht handeln könnte.
Das könnte sein, ich als Laie kenne mich da zu wenig bzw. im Recht zu wenig Staaten aus. Es gibt aber immer weniger Demokratien mit Mehrstaatigkeitsverbote verglichen mit früheren Zeiten, aufgehoben wurden sie z.B. seit 2000 in Schweden, Finnland, Island, Belgien. Für GB siehe
Dual Nationality (PDF) zur Mehrstaatigkeit dort und der von mir oben erwähnten "Master Nationality Rule", welche eben eine Gewohnheitssache ist und nicht zwingend ist.
Anders als Polen und m.W Deutsche sind britische Sta. mit einer anderen Sta. auch nicht verpflichtet, mit dem britischen in GB Pass ein- und auszureisen. Aufgrund des britischen Rechtssystems hat der Ehegatte eines Doppelbürgers GB/D die Wahl, ob er einen britischen Titel, Spouse Visa, also FLR(M) (Further Leave to Remain(Marriage)) oder eine Aufenthaltskarte beantragt.
Beppo schrieb am 04.05.2009 um 17:01:42:Zweitens: Weisungen und Verwaltungsvorschriften werden grundsätzlich nicht veröffentlicht.
Ein interessantes Thema an sich, worüber ich
mal fragte.
Zur Info, GB veröfentlicht seine, mit nur einzelnen Ausnahmen.
Guidance and Instructions und
Immigration Rules. Diese gehören zu den Dokumenten, die ECOs und IOs benutzen. (ECO: Entry Control Officers, die Beamten, die über Anträge entscheiden, IO: Immigration Officers, Beamten an der Grenze.)
Beppo schrieb am 04.05.2009 um 17:01:42:Drittens: Zur Anwendung des Freizügigkeitsgesetzes in sogenannten Rückkehrerfällen seinen nur die Urteile "Singh" C-370/90 und "Eind" C-291/05 erwähnt. Danach nehmen z.B. Deutsche, die in einem anderen Mitgliedstaat ihre Freizügigkeit in Anspruch genommen haben, bei der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihr Freizügigkeitsrecht weiterhin wahr.
Familienangehörige können entsprechend ihre abgeleitete Freizügigkeit in Anspruch nehmen. Gesetzliche Regelungen gibt es in Deutschland dafür nicht. Hier gelten die erwähnten Weisungen und Anwendungshinweise zur RL/2004/38/EG und FreizügG/EU in entsprechender Anwendung der EuGH-Urteile.
Mitgenommene Freizügigkeit ist aber eben ein anderer Fall (der in manchen Mitgliedstaaten geregelt ist, in Deutschland aber eben (noch) nicht. Das dürfte ein Grund sein, warum das, wie man Beiträgen bei I4A entnehmen kann, nicht jeder
ABH bekannt ist.)
Der Fall Micheletti wäre sowieso eine m.W. problematische Auslegung der Master Nationality Rule, schließlich reiste die Person absichtlich mit dem anderen Pass, um die sich daraus ergebenden Rechte geltend zu machen. Aber da ging es eben um zwei ausländische Staatsangehörigkeiten.
Eine Frage zu deinen weiteren Beiträgen:
Beppo schrieb am 07.05.2009 um 08:46:25:Auch im Urteil "Garcia Avello" hat der EuGH (Az. C-148/02 vom 2. Oktober 2003) entschieden, das bei der Namensgebung die Möglichkeiten zu beachten sind, die sich aus einer anderen Staatsangehörigkeit ergeben.
Leitsatz: Die Artikel 12 EG und 17 EG sind dahin auszulegen, dass sie es den Verwaltungsbehörden eines Mitgliedstaats verwehren, unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens einen Antrag auf Änderung des Namens in diesem Staat wohnender minderjähriger Kinder mit doppelter Staatsangehörigkeit, derjenigen dieses Staates und derjenigen eines anderen Mitgliedstaats, abzulehnen, wenn dieser Antrag darauf gerichtet ist, dass diese Kinder den Namen führen können, den sie nach dem Recht und der Tradition des zweiten Mitgliedstaats hätten.
Ein Doppelbürger GB/D heißt "Fritz Müller". Er geht zur britischen Botschaft und meldet eine Namensänderung, und bekommt einen neuen britischen Pass mit dem Namen "Bob Smith". Dies darf er gemäß britischem Namensrecht.
Ist diese Namensänderung aufgrund des erwähnten Falles dann in Deutschland ohne weiteres gültig, auch wenn keine Gründe nach deutschem Recht vorliegen, welche die Änderung der Vor- und Familiennamen rechtfertigen? Wenn ja, dann gibt es keine hinkenden Namen innerhalb der EU aufgrund unterschiedlicher namensrechtlicher Gesetzgebungen bei EU-Mehrstaatlern. Gleichzeitig aber hat der Doppelbürger trotz etwa §5 EGBGB mehr Rechte was seinen Namen betrifft als ein Deutscher ohne eine andere EU-Sta, mit der er jederzeit seinen Namen ändern kann.
Beppo schrieb am 07.05.2009 um 08:46:25:Daher meine Aussage: Nicht immer ist im Falle einer doppelten Staatsangehörigkeit nur nationales Recht anzuwenden, sofern sich aus der zweiten Staatsangehörigkeit weitere Rechte ergeben. Das wie im Fall Micheletti eine weitere Staatsangehörigkeit (argentinische) vorhanden war ist aus meiner Sicht unerheblich, da man die Rechte die sich aus seiner italienischen Staatsangehörigkeit ergaben, nicht anerkennen wollte.
Wo wäre die Grenze in Fällen, die eigene Staatsangehörigen betreffen? Z.B. jemand hat neben der deutschen auch die StA eines Landes, welches Mehrehe erlaubt. Wäre die Grenze der darin liegende Verstoß gegen den Ordre Public?
Dann dürfte der Doppelbürger sich nach dem Recht seines anderen Staates scheiden lassen wenn dies ihm (und ggf. dem Ehegatten) lieber ist, auch wenn gemäß deutschem IPR deutsches Recht anzuwenden wäre, sofern das Scheidungsrecht des anderen Staates den Ordre Public nicht verletzt. Das ist m.W. nicht möglich. Auf jeden Fall interessante Fragen.