Liebe Experten,
ich habe noch eine Frage an euch. In eurer Rechtsdokumentensammlung habe ich in den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Staatsangehörigkeitsrecht einige Passagen gefunden, die mich sehr interessieren:
8.1.2.6.3 Hinnahme von Mehrstaatigkeit
Ob Mehrstaatigkeit hingenommen werden kann, hat die Einbürgerungsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen. Ausnahmen vom Einbürgerungshindernis eintretender Mehrstaatigkeit kommen insbesondere in Betracht:
(...)
8.1.2.6.3.4 Wenn der Einbürgerungsbewerber zwar die Verweigerung der Entlassung zu vertreten, sich aber schon länger als 20 Jahre nicht mehr im Herkunftsstaat aufgehalten hat, davon mindestens zehn Jahre im Inland, und über 40 Jahre alt ist.
(...)
8.1.2.6.3.6 Wenn ein herausragendes öffentliches Interesse an der Einbürgerung auch unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit besteht.
(...)
Ein besonderes öffentliches Interesse an der Einbürgerung kann vorliegen, wenn der Einbürgerungsbewerber durch die Einbürgerung für eine Tätigkeit im deutschen Interesse, insbesondere im Bereich der Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft, Kunst, Kultur, Medien, des Sports oder des öffentlichen Dienstes (vergleiche § 40 Abs. 6 des Bundesbesoldungsgesetzes) gewonnen oder erhalten werden soll. Es kann auch gegeben sein bei Angehörigen international tätiger, auch ausländischer Unternehmen und Institutionen oder bei anderen Personen, die aus beruflichen oder geschäftlichen Gründen ihren Aufenthalt vorübergehend ins Ausland verlegen oder häufig dorthin reisen müssen.
Ich war letze Woche in der EB und habe alle Papiere für die Einbürgerung abgegeben. Dabei habe ich die Mitarbeiterin gefragt, ob ich doch die Entlassung aus der UA Staatsbürgerschaft umgehen kann, und ihr diese Auszüge vorgelegt.
Sie war zuerst erstaunt, dass ich es überhaupt weiß, dass es so etwas gibt, und dann hat sie mir eine Mappe mit Vorschriften gezeigt (da stand "Vorläufige Verwaltungsvorschriften ... von 2004) und gesagt, dass die
StAR-VwV, die ich meine, nicht mehr gültig sind, aber sie hat ziemlich "rumgeeiert" und wollte mir nicht zeigen, dass es diese §§ nicht mehr gibt. Ich hatte das Gefühl, dass sie mir einiges verschweigt.
Was "8.1.2.6.3.6 Wenn ein herausragendes öffentliches Interesse an der Einbürgerung auch unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit besteht" anbetrifft, hat sie gesagt, dass es ausschließlich für Spitzensportler ist und nur wegen der Verkürzung der Aufenthaltsfrist. Aber mir scheint, dass es nicht wahr ist, da in der Erklärung "Bereich der Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft, Kunst, Kultur, Medien, des Sports oder des öffentlichen Dienstes" steht.
Ich arbeite im öffentlichen Dienst (Berufliche Schule) und bin unter Anderem, für internationale Kontakte der Schule zuständig. Unsere Lehrlinge machen Praktikum im Ausland und nehmen an anderen internatonalen Projekten teil, die ich vorbereiten und betreuen muss. Dafür muss ich ziemlich oft in die Partnerländer reisen, von den nicht alle im Schengener Abkommen sind. Es dauert immer sehr lange, bis ich die Visa besorgen kann, da in den meisten Botschaften persönliches Erscheinen notwendig ist.
Mein Schulleiter würde gern einen Brief an die Behörde schreiben, mit der Bitte, mir die deutsche Staatsbürgerschaft ohne der Entlassung aus der UA zu geben, da ein herausragendes öffentliches Interesse besteht.
Sie hat sich sofort eine andere Ausrede ausgedacht. Sie hätte mir die Zusicherung schon in 4 Wochen fertig gemacht (früher hieß es 6 Monate bei ihr!), aber wenn ich es mit Hinnahme der Mehrstaatigkeit beantrage, wird es mindestens ein halbes Jahr im Innenministerium rumliegen und nach ihrer bisherigen Erfahrung 100%-tig abgelehnt wird.
Meine Fragen sind:
1)
wie soll man § 8.1.2.6.3.4 (Wenn der Einbürgerungsbewerber zwar die Verweigerung der Entlassung zu vertreten, sich aber schon länger als 20 Jahre nicht mehr im Herkunftsstaat aufgehalten hat, davon mindestens zehn Jahre im Inland, und über 40 Jahre alt ist) verstehen? Wann wird er angewandt? Ich habe von meinen fast 44 Jahren nur 4 Jahre in der UA gelebt, schon fast 20 Jahre in Deutschland. Trifft es auf mich zu?
2) Besteht in meinem Fall herausragendes öffentliches Interesse (§8.1.2.6.3.6)?
Ich möchte nur die Strapazen der Ausbürgerung umgehen, die bis 2 Jahre dauern kann und extra viel Geld kostet, nicht nur konsularische Gebühren, sondern auch Übersetzungen, Beglaubigung, Fahrten nach Hamburg (die Öffnungszeiten von 8.00 bis 12.00 sind sehr Bürgerfreundlich!), etc.
Mehrstaatigkeit wird es eh nicht geben. Nach dem ukrainischen Staatsbürgerschaftgesetz verliere ich die UA Staatsbürgerschart automatisch, wenn ich die deutsche kriege, also ist es doch keine Mehrstaatigkeit. Und wenn mein UA Pass in 2 Jahren abgelaufen ist, werden sie mir doch keinen neuen geben, da meine Aufenthalsberechtigung ungültig gemacht wird.
Was meint ihr dazu?
Entschuldigung, dass es wieder so viel ist, aber ich wollte so ausführlich, wie möglich erklären.
Danke!
Lena