Bayraqiano
Ex-Mitglied
Beziehung zum Thema Ausländerrecht: Ich oute mich später
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PS:
Zudem wird in Nummer 6 die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Freizügigkeitsrechten aus Artikel 21 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union kodifiziert. Grundsätzlich wird der Aufenthalt Deutscher, die nach Artikel 11 des Grundgesetzes ein umfassendes Freizügigkeitsgrundrecht besitzen, weder im Aufenthaltsgesetz noch im Freizügigkeitsrecht geregelt. Der Familiennachzug Drittstaatsangehöriger zu Deutschen ist grundsätzlich abschließend im Aufenthaltsgesetz geregelt. Dass das Freizügigkeitsgesetz/EU auf Deutsche, ihre Familienangehörigen und die ihnen nahestehenden Personen unabhängig von weiteren Staatsangehörigkeiten des Deutschen jedenfalls grundsätzlich keine Anwendung findet, entspricht vor dem Hintergrund, dass das Freizügigkeitsgesetz/EU bisher im Wesentlichen der Umsetzung der Richtlinie 2004/38/EG dient, der bisherigen Systematik des Gesetzes. Auch der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 14. November 2017 - C-165/16 – „Lounes“ klargestellt, dass die Richtlinie 2004/38/EG keine unmittelbare Anwendung auf den Familiennachzug zu Unionsbürgern findet, die in dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie haben, leben oder dorthin umziehen.
Für nachfolgende Fallgruppen hat der Europäische Gerichtshof allerdings eine nicht unmittelbare, aber entsprechende Anwendung der Freizügigkeitsrichtlinie vorgesehen. Hintergrund ist jeweils die Überlegung des Europäischen Gerichtshofes, dass die Ausübung des Freizügigkeitsrechts durch einen Unionsbürger in Fällen, in denen er es gemeinsam mit seinen drittstaatsangehörigen Familienangehörigen und nahestehenden Personen ausübt, nicht dazu führen soll, dass er befürchten muss, bei einer Rückübersiedlung oder einer Aufenthaltsverlagerung in seinen Herkunftsmitgliedstaat dort nicht mehr weiter mit ihnen zusammenleben zu können, weil die Familienangehörigen und nahestehenden Personen dort nur unter engeren Voraussetzungen als zuvor im anderen Mitgliedstaat ein Aufenthaltsrecht erhalten würden.
Eine Fallgruppe umfasst Familienangehörige und nahestehende Personen von Deutschen, die ein Freizügigkeitsrecht aus einem gemeinsamen Aufenthalt mit dem Deutschen in einem anderen Mitgliedstaat erworben haben, weil ein Deutscher, von dem sie ihr Recht auf Freizügigkeit ableiten, nach Artikel 21 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union von seinem eigenen Freizügigkeitsrecht in dem anderen Mitgliedstaat nachhaltig Gebrauch gemacht hat oder von seinem Freizügigkeitsrecht durch einen Umzug nach Deutschland Gebrauch macht. Zu diesen Fällen hatte der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 12. März 2014 - C-456/12 entschieden, dass die Aufenthaltsbedingungen für die Familienangehörigen im Heimatstaat des Unionsbürgers nicht schlechter ausgestaltet sein dürfen als nach der Richtlinie 2004/38/EG beim Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat. Das „nachhaltige Gebrauchmachen“ erfordert dabei eine Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat, die über die Dauer einer Kurzreise oder einer nur formalen Wohnsitznahme hinausgeht. Zeitlich wird zwar mindestens ein Aufenthalt von drei Monaten erforderlich sein. Die Niederlassung der Familie muss allerdings dergestalt sein, als dass sie der Festigung des Familienlebens förderlich ist. Ebenso muss die Eigenschaft des Familienangehörigen oder der nahestehenden Person bereits zum Zeitpunkt des gemeinsamen Aufenthaltes im anderen Mitgliedstaates bestanden haben und darf nicht erst nachträglich begründet worden sein.
Eine weitere Fallgruppe betrifft Fälle, in denen ein Angehöriger eines anderen EU-Mitgliedstaates von seinem Freizügigkeitsrecht aus Artikel 21 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in Deutschland Gebrauch gemacht hat und sodann die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat und nunmehr weiterhin gemeinsam mit drittstaatsangehörigen Familienangehörigen und nahestehenden Verwandten in familiärer Lebensgemeinschaft in Deutschland leben will. Hierzu hat der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 14. November 2017 – C-165/16 – „Lounes“ entschieden, dass in einem Fall, in dem ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates sein Recht auf Freizügigkeit gemäß Artikel 7 Absatz 1 oder Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 2004/38/EG ausgeübt hat, indem er sich in einen anderen als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begeben und sich dort aufgehalten hat, und sodann unter Beibehaltung seiner ursprünglichen Staatsangehörigkeit die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats erworben hat, für seine drittstaatsangehörigen Familienangehörigen auf Grund von Artikel 21 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union ein Recht auf ein abgeleitetes Freizügigkeitsrecht besteht, das hinsichtlich der Voraussetzungen nicht strenger sein darf als ein Aufenthaltsrecht nach der Richtlinie 2004/38/EG (dort Randnummer 61 f.). .
BR-Drucksache 263/20, S. 35ff.
Aber klar, der Gesetzgeber wollte zwei Seiten Begründung für eine Regelung schreiben, die er selbst anders regeln wollte. Kling doch logisch.
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