Petersburger schrieb am 20.12.2014 um 07:05:11:Das ist sie auch nicht, wenn nur ein einfaches Einreisevisum (und sonst nichts) verlangt wird, das auch an der Grenze erteilt wird.
Das greift m.E. zu kurz.
Bekanntlich sind die Britischen Inseln vom restlichen Territorium der Europäischen Union aus - abgesehen vom Eurotunnel - nur auf dem Luft- oder auf dem Seeweg zu erreichen, wobei letzterer heute jedenfalls für den Personenverkehr eine völlig untergeordnete Rolle spielt. Ich habe jetzt keine Lust, die Statistiken herauszusuchen, glaube aber, dass es keine unrealistische Annahme ist, wenn man davon ausgeht, dass mindestens ca. 80 % des innergemeinschaftlichen Reiseverkehrs von und nach Großbritannien den Luftweg nutzt. Wenn man die Landgrenze zwischen Nordirland und der Republik Irland aus der Betrachtung rausnimmt, wird die Prozentzahl noch höher.
Wie jede Regierung teilt auch das UK den Fluggesellschaften - über ICAO und/oder IATA - mit, welche Personaldokumente zur Einreise berechtigen und welche nicht. Den Fluggesellschaften drohen bei der Beförderung von Personen ohne gültige Dokumente die Rückbeförderungshaftung sowie Sanktionen.
Das UK unterlässt es bis heute, die Fluggesellschaften abstrakt-generell darüber zu unterrichten, dass die Angehörigen von Unionsbürgern, die den Unionsbürger begleiten oder zu ihm nachziehen, ein primär- und sekundärrechtliches Einreiserecht haben, das nicht vom Vorliegen eines nationalen Visums oder Family Permit abhängig gemacht werden kann. Dieses Unterlassen ist pflichtwidrig. Es stellt sich der Sache nach als ein gezielter Eingriff in die Grundfreiheiten dar. Denn der Regierung des UK ist bekannt, dass auf Grund der geographischen Lage des UK die tatsächliche Wahrnehmung des Freizügigkeitsrechts hinsichtlich von Einreisen in das UK entscheidend davon abhängt, welche Angaben das UK hinsichtlich der erforderlichen Reisedokumente gegenüber den Fluggesellschaften macht. Werden in diesem Zusammenhang - wie ständig durch das UK - unvollständige Angaben gemacht, stellt das eine gravierende Verletzung der europäischen Verträge dar. Das abgeleitete Freizügigkeitsrecht von drittstaatsangehörigen Familienangehörigen von Unionsbürgern insbesondere ist primärrechtlicher Natur. Es wird durch die Richtlinie 2004/38 nur konkretisiert. Das UK hat nun unter Ausnutzung der faktischen Gegebenheiten einen regulativen Rahmen geschaffen, der die tatsächliche Ausnutzung der primärrechtlichen Personenfreizügigkeit entgegen der primärrechtlichen Verbürgung in der überwiegenden Anzahl der Fälle systematisch vereitelt oder doch wesentlich erschwert, ohne, dass hierfür eine primärrechtliche Eingriffsermächtigung vorläge. Da das Primärrecht einen solchen Eingriff nicht erlaubt, werden die Betroffenen in ihren Grundfreiheiten empfindlich verletzt.