gomezdavila
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The law is an ass. (Charles Dickens)
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Beziehung zum Thema Ausländerrecht: Rechtsanwalt/-anwältin
Staatsangehörigkeit: deutsch
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Hier ist sie:
§39 AufenthaltsVO
Ermächtigungsgrundlage ist § 99 Abs. 1 Nr. 2 Aufenthaltsgesetz.
Die Vorschrift regelt Fälle, in denen ein Ausländer den Aufenthaltstitel nach der Einreise einholen kann. Sie ersetzt § 9 DVAuslG.
Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis grundsätzlich voraus, dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und die Angaben zu dem beabsichtigten Aufenthaltszweck im Visumantrag gemacht hat.
Ob ein Visum erforderlich ist, ergibt sich hinsichtlich kurzfristiger Aufenthalte aus europäischem Gemeinschaftsrecht, worauf § 6 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz lediglich hinweist. Für längerfristige Aufenthalte regelt § 6 Abs. 4 Aufenthaltsgesetz, dass hierfür grundsätzlich ein Visum erforderlich ist. Ausnahmen vom Visumerfordernis können auf Grund der Verordnungsermächtigung in § 99 Abs. 1 Nr. 2 Aufenthaltsgesetz festgelegt werden. Dem dient § 39. In diesen Fällen steht die fehlende Erfüllung der Voraussetzungen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Aufenthaltsgesetz einem Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels nicht entgegen. Darüber hinaus sieht das Aufenthaltsgesetz vor, dass für bestimmte Fallgruppen vom Erfordernis des § 5 Abs. 2 Satz 1 abgesehen werden kann oder abgesehen werden muss (zum Beispiel § 5 Abs. 3, § 10 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz), so dass auch in diesen Fällen eine Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis ohne vorherige Ausreise möglich ist. Auf diese Fälle weist der Eingangssatz des § 39 hin. Liegt danach keine Befreiung vom Visumerfordernis vor, kann einem Ausländer, der das erforderliche Visum nicht besitzt, ohne vorherige Ausreise gem. § 5 Abs. 2 Satz 2 Aufenthaltsgesetz eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn dies im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände eine unnötige Zumutung darstellt.
Nummer 1 und 2 treffen die grundsätzliche Regelung, wonach ein Ausländer, der bereits im Bundesgebiet ansässig ist, einen Aufenthaltstitel bei der Ausländerbehörde einholen kann, ohne zuvor ausreisen zu müssen.
Nummer 1 legt abweichend von der bisherigen Regelung des § 9 Abs. 5 Nr. 2 DVAuslG fest, dass ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Inland beantragen kann, wenn er einen in der Vorschrift genannten Aufenthaltstitel besitzt. Darauf, ob der Ausländer ursprünglich erlaubt eingereist ist, kommt es nicht mehr an. Dies hat insbesondere für Ausländer Bedeutung, die einen Aufenthaltstitel zu humanitären Zwecken besitzen (z. B. Bürgerkriegsflüchtlinge). Inhaber eines nationalen Visums besitzen damit einen Aufenthaltstitel, der bereits im Ausland für einen Daueraufenthalt ausgestellt wurde; folgerichtig muss die Erteilung eines Aufenthaltstitels möglich sein. Personen, die lediglich ein Schengen-Visum besitzen oder die für Kurzaufenthalte visumfrei sind, wie etwa Touristen, können nur im Falle eines Anspruchs den Aufenthaltstitel im Inland einholen. Dies ist in Nummer 3 geregelt. Hiervon betroffen sind etwa Touristen, die während ihres Kurzaufenthaltes heiraten und daraufhin einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis erwerben.
Nummer 2 entspricht § 9 Abs. 5 Nr. 1 DVAuslG. Sie betrifft z. B. Personen, die zuvor als Familienangehörige eines Unionsbürgers, als Ortskräfte ausländischer Missionen oder aus anderen Gründen keines Aufenthaltstitels bedurften.
Nummer 3 erlaubt den Staatsangehörigen der Staaten, die für einen Kurzaufenthalt von der Visumpflicht befreit sind, und Inhabern eines Schengen-Visums im Falle eines Anspruchs ohne vorherige Ausreise den Übergang vom visumfreien Kurzaufenthalt zum Daueraufenthalt. Diese Rechtsfolge war bereits bisher in § 9 Abs. 2 Nr. 4 DVAuslG für den Fall des Familiennachzuges zu einem Deutschen sowie - ohne die Beschränkung auf die visumfreien Staaten - in § 9 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 für Fälle angeordnet, in denen im Bundesgebiet die Voraussetzungen bestimmter Fälle des Familiennachzuges eintraten.
Die Regelung stellt einen angemessenen Kompromiss zwischen Verfahrenserleichterungen für den Ausländer einerseits und dem legitimen Interesse des Staates an der Ausübung der Zuwanderungskontrolle durch das Visumverfahren andererseits dar. Bei Nachzugsansprüchen von visumfrei gestellten Staatsangehörigen kann auf die Wiederausreise verzichtet werden, da diese Staatsangehörigen ohnehin grundsätzlich ohne Vorabkontrolle Zugang zum Schengen-Gebiet haben. Bei Inhabern eines Schengen-Visums ist eine Vorabkontrolle durch das Visumverfahren erfolgt. Sie erhalten im Fall des Anspruchs ebenfalls die Möglichkeit, ohne vorherige Ausreise den Aufenthaltszweck zu wechseln, da andernfalls Ausländer, die legal eingereist sind, schlechter gestellt würden als abgelehnte Asylbewerber (§ 10 Abs. 3 Satz 3 Aufenthaltsgesetz). Die bisherige detaillierte Aufzählung der einzelnen Familiennachzugsfälle war eine entbehrliche Überregulierung.
In Fällen, in denen der Aufenthaltstitel grundsätzlich vom Ausland aus zu beantragen ist, kann jedoch im Einzelfall ein Absehen vom Visumverfahren nach § 5 Abs. 2 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes in Betracht kommen, so dass Härtefällen angemessen begegnet werden kann.
Nummer 4: Die Aufnahme der Gestattung nach dem Asylverfahrensgesetz entspricht dem geltenden Recht. Ein Bedürfnis für die Zulassung der Beantragung im Bundesgebiet besteht in Fällen, in denen nach § 10 Abs. 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes ein Aufenthaltstitel erteilt werden kann.
Nummer 5: Die Regelung entspricht im Wesentlichen § 9 Abs. 2 Nr. 1 DVAuslG und wurde zur Verwaltungsvereinfachung beibehalten. Sobald eine Ermessensausübung auf Grund gesetzlicher Regelungen von vornherein ausscheidet, stellt eine Verweisung auf das Visumverfahren stets auch eine unnötige und kostenträchtige Belastung sowohl des Ausländers als auch der Auslandsvertretungen dar, während der Prüfungsumfang der Ausländerbehörden unabhängig vom Ort der Antragstellung derselbe bleibt. Da ein Anspruch auf einen Aufenthaltstitel nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 Aufenthaltsgesetz ohnehin die Ausübung der Personensorge voraussetzt, war die Aufführung dieses in der Vorgängerregelung enthaltenen Merkmals entbehrlich. Dasselbe gilt für die Beschränkung auf Eheschließungen "im Bundesgebiet", da der Ausländer bei Eheschließungen außerhalb des Bundesgebietes ausreisen müsste, was ohnehin nach § 60a Abs. 5 Satz 1 zum Erlöschen der Duldung führen würde.
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