Hallo liebe Experten und Expertinnen!
Meine Tochter wurde 3 Monate vor meiner Einbürgerung geboren. Zu diesem Zeitpunkt lebte ich schon seit 12 Jahren in Deutschland. Ich hoffte, dass es bestimmt einen Weg geben wird, um meine Tochter als eine Deutsche gleich nach der Geburt eintragen zu lassen. In der Realität war es anders.
Für bayerischen Beamten kam, wenn überhaupt, nur §4 StaG in Frage. Aber auch diesen Paragraf dürften sie angeblich nicht anwenden, weil meine Studienjahre, ihrer Meinung nach, nicht zu dem gewöhnlichen Aufenthalt angerechnet werden können.
Letztendlich mussten wir unsere Tochter zuerst bei dem Ukrainischen Konsulat anmelden und einen Reisepass beantragen. Dann mussten wir sie auch bei einer Deutschen Behörde ordentlich anmelden. Die leibliche Tochter eines zu diesem Zeitpunkt deutschen Staatsangehörigen erhielt von der großzügigen Ausländerbehörde nur ein zweijähriges Visum, dafür aber mit einer expliziten Erwerbstätigkeitserlaubnis. Danach gingen wir in eine andere Abteilung unserer Ausländerbehörde und stellten den Antrag auf Einbürgerung. Nach ein paar Wochen erhielten wir eine Einbürgerungszusicherung und mit Ihr bewaffnet gingen wir wieder zum Ukrainischen Konsulat um dort den Antrag auf die Entlassung aus der Ukrainischen Staatsangehörigkeit zu stellen. 7 Monate später wurde meine Tochter frei von Ukrainischer Staatsangehörigkeit. Ich reichte die Entlassungsbescheinigung als das letzte noch fehlende Dokument bei der Ausländerbehörde und dachte, dass es nun nichts im Wege für die Einbürgerung steht.
6 Wochen später erhielten wir die Antwort von der Regierung Oberbayern. Es schrieb der gleiche Beamte, der auch meinen Antrag in der jüngeren Vergangenheit bearbeitete. Damals hat er meinen Antrag vorläufig abgewiesen. Er hatte Zweifeln, dass mein Lebensmittelpunkt weiterhin in München liegt. Er unterstellte mir, dass ich die Bindung an meine Frau, an meine Freunde und an das Land, wo ich die letzten 11 Jahre meines Lebens verbracht habe, mit der Arbeitaufnahme im benachbarten Ausland nach ein paar Monate verloren gehabt hätte.
Seitdem sind zweieinhalb Jahre vergangen. München war und blieb diese ganze Zeit mein Lebensmittelpunkt. Damals musste ich jedoch eine ganze Menge von Unterlagen für Beweiszwecke für ihn aufbringen. Durch diese, meiner Meinung nach, übertriebenen Nachforschungen brauchte er fast 5 Monate um über meinen Antrag zu entscheiden. Sie erinnern sich noch dass ich meine Einbürgerung knapp nach der Geburt meiner Tochter erhielt…
Auch im Fall meiner Tochter blieb der Beamte mir gegenüber sehr misstrauisch. Letztes Jahr bin ich an meinem Arbeitsort im Nachbarland umgezogen. Das löste bei den Herren
„erheblicher Zweifel“, ob ich meinen gewöhnlichen Aufenthalt immer noch in München habe. Er schrieb, dass im Falle,
wenn ich dauerhaft in dem Nachbarland aufhalten würde, er die Einbürgerung nicht vollziehen könnte, da ein Wechsel der Zuständigkeit eintreten würde. Um zu beweisen, dass mein Lebensmittelpunkt auch nach der Geburt meiner Tochter nicht änderte, forderte er die
„entsprechenden objektiven Nachweise“. Er schrieb, dass es
„insbesondere folgende Unterlagen sein können“ und fügte eine Liste von 12 Dokumenten hinzu, welche er gern sehen würde, und bemerkte, dass diese Liste
„naturgemäß nicht abschließend ist“. Ich war sehr sauer, da ich diese Aufforderung für übertrieben hielt. In solchem Tonfall wollte ich auch meine Antwort an den Sachbearbeiter schicken und ihm zu wissen geben was ich von seiner übertriebenen Verdächtigung halte. Allerdings meinten einige Experten in diesem Forum, es wäre besser für mich sich neutral zu äußern, da der Sachbearbeiter, möglicherweise, lediglich an seine Vorschriften halten muss. Na gut, -- dachte ich mir, -- ich muss ja zielorientiert handeln. Ich schrieb einen neutralen ausführlichen Brief wo ich meine Lebenssituation darstellte. So schrieb ich:
Zitat: „Sehr geehrter Herr Sachbearbeiter,
Ihre Unterstellung, mein Lebensmittelpunkt lege nicht in München, weise ich entschieden zurück.
Seit 14 Jahren wohne ich in Deutschland, die letzten 5 Jahre davon – in der Bayerischen Landeshauptstadt. Auch wenn ich mich arbeitsbedingt seit Sommer 2009 im Nachbarland unter der Woche aufhalte, ändert das nichts an meiner Verbundenheit mit München. (Der Umzug ins Nachbarland war nicht von mir initiiert. Die Münchener Filiale meines Unternehemen, wo ich zuvor gearbeitet habe, wurde geschlossen. Und ich war sehr froh, dass ich ein Angebot aus unserer anderen Filiale im Nachbarland erhielt. Das alles soll dem Sachbearbeiter aus der vorherigen Korrespondenz bekannt sein.) Letztendlich wohnt in München meine Familie: meine Ehefrau und meine Tochter. Ich habe hier auch viele Freunde, zu welchen ich persönlichen Kontakt regelmäßig pflege. Wenn unsere Freunde oder Verwandte aus dem Ausland uns besuchen, quartieren sie immer in unserer Münchener Wohnung. Als Beispiel kann ich die im Oktober bzw. im Dezember letzten Jahres stattgefundene Besuche meines Studienfreundes aus Sofia und meiner Schwester aus der Ukraine nennen. Ich nehme auch am politischen Leben teil: in diesem Winter ging ich, zum Beispiel, schon zwei Mal auf die in München stattgefundenen (und erlaubten) Demonstrationen.
Darüber hinaus bin ich bei einem Fitnessstudio eingeschrieben und gehe dorthin immer wieder wenn ich in München bin und dazu Freizeit habe. Auch meine Tochter Simona mag körperlichen Aktivitäten; sie besucht einen Turnverein und eine „Krabbelgruppe“.
Langfristig sehen wir München als ein exzellenter Mittelpunkt für unser Leben. Das war einer unserer Hauptgründe bei dem Erwerb Münchener Wohnimmobilien. Im Jahr 2010 kauften wir eine Dreizimmerwohnung (90 qm) und im Jahr 2011 eine große Einzimmerwohnung (51 qm). Kopien der Grundbuchsauszüge finden Sie in der Anlage. Ich nehme vorweg Ihre berechtigte Frage, warum wir die Dreizimmerwohnung nicht selbst bewohnen. Auch wenn wir die erste Wohnung mit der Option dort selbst einzuziehen kauften, wird es uns erst in 9 Jahren möglich. Unsere Mieter genießen einen zehnjährigen Schutz gegen eine Kündigung wegen Eigenbedarf.
Nun zu Ihrer Bemerkung, ich habe die Adressänderung in der Erklärung verneint. Das machte ich ohne jegliche Vertuschungsabsichten. Ich habe wohl schlecht aufgepasst und die Frage so verstanden, dass meine Münchener Adresse dabei gemeint ist. In der Musterstrasse 77 in 81000 München fingen wir an im Februar 2009 zu wohnen. Bis heute hat sich dabei nichts geändert. Sie finden die von Ihnen verlangte Vermietererklärung in der Anlage.
Die Adresse im Nachbarland änderte sich in der Tat. Früher teilte ich eine Wohnung mit einem Kollegen, während ich zurzeit ein Zimmer als Untermieter in der Wohnung von meinem anderen Bekannten und Ex-Kollegen bewohne. Den Untermietvertrag finden Sie in der Anlage. Ich weiß nicht wie Sie, HerrSachbearbeiter, das sehen, aber wenn ich zwischen einem untervermieteten Zimmer bei einem Ex-Kollege im Nachbarland und meiner eigenen Wohnung mit meinen beliebten Frau und Tochter in München entscheiden soll, wo mein gewöhnlicher Lebensmittelpunkt liegt, dann ist die Wahl für mich eindeutig. Nehmen Sie bitte zum Kenntnis, Herr Sachbearbeiter, dass meine aktuelle Aufenthaltsgenehmigung im Nachbarland nur bis 30.06.2012 gültig ist. Dann muss ich sie ggf. wieder verlängern…“
Ich nahm noch die Stellung zu meiner derzeitigen Arbeitslosigkeit und zwar, dass ich fleißig nach einer neuen Einstellung suche und basierend auf meiner soliden akademischen Ausbildung und Berufserfahrung die Letztere nicht lange auf sich warten lassen wird. Bis dahin beziehe ich durchaus hohen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, die mir problemlose Versorgung meiner Familie ermöglichen.
Zum Brief fügte ich eine Reihe von Dokumenten als Anlage hinzu:
1. Mietvertrag für die jetzige Wohnung in München, die wir schon seit 3 Jahren bewohnen.
2. Vermieterbestätigung, dass das Mietverhältnis in der besagten Wohnung noch besteht und ungekündigt ist
3. Untermietvertrag für ein Zimmer in der Wohnung meines Ex-Kollegen im Nachbarland.
4. Arbeitszeugnis von meinem letzten Arbeitgeber
5. Bescheinigung meiner Arbeitslossenkasse über die Höhe meiner Arbeitslosenzahlungen
6. Grundbuchauszüge von unseren zwei in München erworbenen Wohnungen
7. Mitgliedschaftsvereinbarung für das Fitness-Studio (auf meinen Namen)
8. Die Mitgliedschaftsbestätigung aus dem Turnverein (auf Namen meiner Tochter)
9. Vertrag für die Teilnahme an der Krabbelgruppe (auf Namen meiner Tochter)
10. Ausländerausweis und Aufenthaltsbewilligung aus dem Nachbarland, die nur bis Mitte dieses Jahres befristet sind.
Gestern erhielt ich die Antwort von Herrn Sachbearbeiter. Er schreibt dass
„die bestehenden (Rest-) Zweifel [dass mein dauernder Aufenthalt nicht im Inland liegt]
auch unter Berücksichtigung meines Vorbringens und der vorgelegten Unterlagen nicht ausgeräumt sind.“Er wirft mir folgende Punkte vor:
1) Mein Untermietvertrag für ein Zimmer in der Wohnung meines Ex-Kollegen im Nachbarland wurde auf eine unbestimmte Zeitdauer geschlossen.
2) Er konnte nicht feststellen, warum ich entlassen wurde.
3) Ich habe ihm keine Bestätigung über meinen „Restanspruch (genaues Datum) auf Arbeitslosengeld“ vorgelegt, obwohl er diese Bestätigung in der Liste der gewünschten Unterlagen erwähnt hat.
4) Mein Arbeitszeugnis war in englischer Sprache verfasst.
Nun kann ich dazu Folgendes sagen.
1) Warum soll ich einen befristeten Untermietvertrag mit meinem Freund abschließen, wenn mein jetziger Mietvertrag nur einen Monat als Kündigungsfrist hat? Ich weiß nicht, wie lange ich noch arbeitslos bleibe und bis dahin brauche ich eine Unterkunft bei meinem Ex-Kollege. Ist es etwas Außergewöhnliches?
2) und 4) Herr Sachbearbeiter wollte „einen Nachweis über Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit meiner Ex-Firma“ sehen. Ich habe ihm mein Arbeitszeugnis vorgelegt, wo unter anderem das genaue Datum meiner Entlassung steht und dass ich ein guter und geschätzter Mitarbeiter war. Dieses Dokument wurde auf Englisch verfasst. Ich kann doch erwarten, dass Leute mit einem hohen Beamtenstatus die englische Sprache beherrschen, oder? Nun wirft er mir vor, dass das Fehlen von etwas wonach er nicht explizit gefragt hat. Ehrlich gesagt, weiß ich selbst nicht so genau worum ich entlassen wurde. Wir hatten einen Managementwechsel und danach wurden alle drei Monte 10% der Belegschaft entlassen. Mit der dritten Entlassungswelle hat es auch mich getroffen. Mir persönlich wurde nichts vorgeworfen. Da die Fluktuation in meiner Branche überdurchschnittlich hoch ist, habe ich die Entlassung mehr oder weniger gelassen genommen. Ich verstehe nicht, worum Herr Sachbearbeiter den genauen Entlassungsgrund wissen will. Vor allem hätte er seinen Wunsch genau ausdrücken müssen.
3) In meinem Schreiben habe ich mehr als ein Dutzend verschiedener Beweispunkten dargestellt und Großteil davon mit Unterlagen bekräftigt. Meines Erachtens sollten sie für eine objektive Entscheidung über meinen Lebensmittelpunkt ausreichend sein. Wenn Herr Sachbearbeiter etwas unbedingt wissen wollte, dann sollte er das deutlich schreiben und nicht einfach zu der Liste der gewünschten Unterlagen hinzufügen. Oder hätte ich seinen Satz „Dies können
insbesondere folgende Unterlagen…“ als „Dies müssen
folgenden Unterlagen“ verstehen…? Auf diesen konkreten Vorwurf kann ich Folgendes sagen. Ich habe meinem Herrn Sachbearbeiter die monatlichen Abrechnungen meiner Arbeitslosenversicherung vorgelegt, wo ständig der Restanspruch auf die Tagessätze ausgewiesen wird. Außerdem schickte ich ihm eine frische offizielle Bestätigung meiner Arbeitslosenversicherung an eine Deutsche Behörde, wo mein genauer Tagessatz angegeben wird. Welche Bestätigung braucht Herr Sachbearbeiter noch?
Zum Schluss, schlägt der Sachbearbeiter vor, dass meine Frau demnächst eine Berufstätigkeit in München aufnimmt und verschiebt die Entscheidung über der Einbürgerungsantrages meiner Tochter „bis längstens Ende dieses Jahres“! Das kann ich nun wirklich nicht verstehen! Unsere Tochter ist 14 Monate alt. Es ist gar nicht so einfach eine Stelle in einer Kinderkrippe zu finden, damit meine Frau Möglichkeit hat einen Job aufzunehmen. Wie kann ihre Einbürgerung davon hängen, ob ihre Mutter demnächst arbeiten geht oder nicht?
Ich wiederhole es noch einmal. Meines Erachtens habe ich mehr als eindeutig bewiesen, dass mein Lebensmittelpunkt in München liegt, dort wo meine Familie wohnt. Die Vorwürfe von meinem Sachbearbeiter empfinde ich als Schikane. Er will einfach meine Tochter nicht einbürgern und kommt immer wieder mit neuen Vorwürfen und Behauptungen, dass er immer noch irgendwelche Restzweifel hat.
Vielen Dank, dass Sie bis Ende meiner Geschichte durchgelesen haben! Nun kommen die Fragen:
1) Ihrer Meinung nach, ist das Verhalten von Herrn Sachbearbeiter mir gegenüber voreingenommen? Erfühle ich, Ihrer Meinung nach, alle Voraussetzungen für die Einbürgerung meiner Tochter?
2) Meine Tochter ist seit 3 Monate Staatenlos. Ich will auf keinem Fall bis Ende des Jahres mit der Einbürgerung warten. Wie kann ich dieser Willkür seitens Sachbearbeiters widersprechen?
Vielen Dank im Voraus für Ihre Hilfe!
zugzwang