Das mit dem
sozialrechtlichen Ausbildungsverbot ist so leider zutreffend:
* Etwas vereinfacht dargestellt ist die Rechtslage so:
BAföG bzw. BAB bekommt als Ausländer nur, wer als Flüchtling (Asylberechtigung oder Konventionsflüchtling) anerkannt oder jüdischer Zuwanderer ist, oder eine deutschen Ehepartern oder Elternteil hat, außerdem in bestimmten Fällen Unionsbürger. Wer keine der genannten Aufenthaltstitel (bzw. deutschen Angehörigen) hat, bekommt BAföG/BAB, wenn er selbst 5 Jahre (das ist bei Auszubildenden aber praktisch nie der Fall!) oder ein Elternteil in den letzten 6 Jahren mindestens 3 Jahre in Deutschland gearbeitet hat. Von den 3 Jahren gibt es bestimmte Ausnahmen, ein ausländerrechtliches Arbeitserverbot oder Tod der Eltern zählen aber nicht dazu (vgl. § 8 BAföG, § 63 SGB III).
*
Hartz IV (bzw. Sozialhilfe) bekommt nicht, wer eine Ausbildung macht, die
dem Grunde nach nach BAföG bzw. SGB III (BAB) förderungsfähig ist. Es kommt nur auf die Förderungsfähigkeit der
Ausbildung an, das
der Ausländer nach § 8 BAföG, § 63 SGB III ausgeschlossen ist spielt keine Rolle.
Allerdings kann in
besonderen Härtefällen Hartz IV (bzw. Sozialhilfe) als Darlehen gewährt werden (§ 7 Abs. 5 Satz 2
SGB II, § 22 Abs. 1 Satz 2
SGB XII, siehe dazu weiter unten).
Zudem sind
bestimmte Ausbildungen von der Ausschussregelung nicht erfasst (§ 7 Abs. 6
SGB II, § 22 Abs. 2
SGB XII, siehe dazu weiter unten).
Im Ergebnis bedeutet das: Es gibt weder BAföG/BAB noch Hartz IV (und auch keine Sozialhilfe oder AsylbLG), und das Jobcenter fordert den Jugendlichen deshalb auf, seine Ausbildung abzubrechen, erst dann erhält er Arbeitslosengeld und medizinische Versorgung!
Es gibt dann rechtlich gesehen nur noch folgende Möglichkeiten:
* 1. Gewährung von Hartz IV als "besonderer
Härtefall", das ist dann allerdings nur als
Darlehen möglich (bedeutet nach abschlossenerr Ausbildung 20.000 Euro Schulden...! Das Darlehen könnte unter Umständen - aber erst anschließend an die Ausbildung - niedergeschlagen werden, § 44 SGB II), zudem fehlt wegen des Darlehens die Pflichtkrankenversicherung über das Jobcenter (deshalb muss man beim Sozialamt um Krankenscheine nach § 48
SGB XII bzw. eine Chipkarte nach § 264 SGB V kämpfen, die allerdings auch nicht freiwillig leisten...). Wegen des Darlehens kann aber (anders als sonst bei Hartz IV!) zusätzlich Wohngeld beantragt werden.
Ein Härtefall könnte z.B. vorliegen, wenn bereits ein Teil der Ausbildung im Rahmen von Jugendhilfe, Sozialhilfe oder AsylbLG finanziert wurde, vgl. LSG Hamburg InfAuslR 2006, 148,
http://www.asyl.net/dev/M_Doc_Ordner/7616.pdf Weiteres Argument für einen Härtefall könnet sein, dass die Ausbildung ja ausdrücklich in Absprache mit und auf Anraten der Arbeitsagentur (Berufsberatung) und ggf. auch der Jugendhilfereinrichtung (d.h. der Kommune) aufgenommen wurde, und nunmehr das Jobcenter (als ArGe als Arbeitsagentur und Kommune) nicht ausgerechnet
deshalb die Hilfe verweigern darf, weil man sich brav genau so verhalten hat wies es von einem ja gefordert und erwartet wurde. Hinzu kommt: Jugendliche
müssen vom Jobcenter in eine Arbeit oder Ausbildung vermittelt werden, und der Abbruch einer Ausbildung bei Jughendlichen mit sofortiger Regelsatzstreichung sanktioniert ist (vgl. § 3 Abs 2, § 31 Abs. 5 SGB II). Das Jobcenter hat aber meist entgegen § 3 Abs. 2 und § 15
SGB II normalerweise zu der Ausbildung überhaupt keinerlei sinnvolle Alternative anzubieten (höchtens eine berufsvorbereitende Maßnahme, die aber absolut unsinnig ist, wenn der Jugendliche bereist in der Lage ist eine Ausbuldung zu machen, und am Abschluss der Maßnahme vor dem selben Dilema "Ausbildungsverbot" steht...
Schließlich kann man bei unbegleiteen Minderjährigen anführen, dass sie mangels Eltern ja überhaupt nicht die Möglichkeit haben, Ausbildungsförderung daduchch zu erhalten, dass ihre Etern in Deutschland bereits gearbeitet haben.
* 2.
Prüfung des Ausnahmetatbestandes des § 7 Abs. 6 SGB II. Das prüfen nach unserer Erfahrung die meisten Jobcenter und sogar manche Sozialgerichte gar nicht erst, weil er aufs BAföG bzw. SGB III verweist und ihnen dieser Verweis offenbar viel zu kompliziert ist und sie selbst nicht so genau durchblicken und deshalb lieber einfach ablehnen...
Der Ausnahmetatbestand bedeutet:
* Der Ausschluss gilt nicht, wenn jemand eine Ausbildung macht, die zu einem
allgemeinbildenden schulischen Abschluss führt (§ 2 Abs. 1a BAföG, § 64 Abs. 1 SGB III), z.B. normales Gymnasium (gilt aber nicht bei Zweitem Bildungsweg).
* Der Auschluss gilt weiterhin nicht, wenn jemand eine
schulische oder beriebliche Berufsausbidung macht, und bei seinen Eltern lebt, und für die Ausbildung nur das sog. "Mini-BAföG" (190 Euro/Monat) erhalten könnte (§ 12 Abs. 1 BNr. 1 BAföG, § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Ungeleitete minderjährige Flüchtlinge sind mangels Eltern von dieser Möglichkeit jedoch ausgeschlossen...
Ergo: Wir haben hier eine gesetzliche Förderungslücke, die der offiziellen Integrationspolitik gravierend widerspricht....Von der Förderungslücke zwischen BAföG und
SGB II können sogar
hier geborene ausländische Jugendliche mit Niederlassungserlaubnis betroffen sein, wenn ihre Eltern langzeitarbeitslos, erwerbsunfähig oder tot sind.
Armut muss erkennbar bleiben...?.
Die gesetzlichen Regelungen (Ausbildungsförderung nur, wenn die Eltern bereits in Deustschland gearbeitet haben) stammen noch
aus der Zeit der Gastarbeiteranwerbung und sind seit langem überholt.
Wir brauchen dringend eine
Gesetzesänderung des BAföG und des SGB III dahingehend, dass zumindest solche Jugendlche, die hier eine Aufenthaltserlaubnis besitzen, nicht von der Ausbildungsförderung ausgeschlossen werden dürfen. Zudem muss die vom gesetzgeber ohne weitere Begründung (!) eingeführte Darlehensregelung im
SGB II rückgängig gemacht werden, jedenfalls dass sie nur in solchen Fällen ein Darlehen vorsieht, wo es auch das BAföG vorsieht (wie es auch im BSHG und im
SGB XII der all ist, vgl. LPK
SGB XII § 22 Rn 31).
Mit der Forderung nach einer Gesetzesänderung müssen wir ran an die politisch Verantwortlichen in Land (wg. Bundesratsinitiative) und Bund.
Wir sammeln daher diese Fälle (per fax 030-69564993 oder mail georg.classen@gmx.net).
Kontakt:
Georg Classen
www.fluechtlingsrat-berlin.de