In der Rechtsprechung ist allgemein anerkannt, dass allein das Bestehen eines Verlöbnisses nicht – über die durch Art. 6 Abs. 1
GG gewährleistete Eheschließungsfreiheit – einen Duldungsanspruch vermittelt. Die Eheschließungsfreiheit ist insoweit regelmäßig gewahrt, wenn einem Ausländer das kurzfristige Betreten des Bundesgebiets zum Zwecke der Eheschließung ermöglicht wird; erst nach der Eheschließung hat der Ausländer gegebenenfalls einen Anspruch darauf, die Ehe im Bundesgebiet zu führen.
Andererseits verbietet das Grundrecht des Art. 6 Abs. 1
GG jegliche nachteiligen Einwirkungen staatlicher Stellen auf die Bereitschaft zur Eheschließung und garantiert damit den ungehinderten Zugang zur Ehe. Dies schließt ein, dass die Eheschließung nicht gefährdet werden darf. Unter diesem Gesichtspunkt geht die Rechtsprechung davon aus, dass bei beabsichtigter Eheschließung mit einem Deutschen oder einem bleibeberechtigten Ausländer die Erteilung einer Duldung in Betracht kommt.
Hierbei werden an den Nachweis der Eheschließungsabsicht zunehmend strengere Anforderungen gestellt. Während das BVerwG in einem Beschluss vom 17.11.1994 davon ausging, einem Ausländer dürfe der weitere (langfristige) Aufenthalt auch im Fall eines Verlöbnisses mit einer Deutschen jedenfalls dann verwehrt werden, wenn der Zeitpunkt der beabsichtigten Eheschließung völlig ungewiss sei (BVerwG, Beschluss vom 17.11.1994 - 1 B 224.94 - InfAuslR 1995, 150 f.), ist es inzwischen herrschende Meinung, dass die Duldung erst dann in Betracht kommt, wenn die Eheschließung unmittelbar bevorsteht (vgl. hierzu z. B. VGH Hessen, Beschluss vom 19.11.1993 - 12 TG 2539/93 - InfAuslR 1993, 102; VG Cottbus, Beschluss vom 29.10.2002 - 3 L 621/02 - 6 S., M2774). Dies soll regelmäßig erst dann der Fall sein, wenn das erforderliche Ehefähigkeitszeugnis für Ausländer vorliegt oder eine Befreiung hiervon erteilt wurde und der Termin zur Eheschließung bestimmt ist (VG Gera, Beschluss vom 17.12.2002 - 4 E 2358/02 GE - 7 S., M3080).
Umstritten ist, ob eine beabsichtigte unmittelbar bevorstehende Eheschließung mit Blick auf Art. 6
GG überhaupt einen rechtlichen Hinderungsgrund für die Abschiebung im Sinne des § 55 Abs. 4
AuslG darstellt oder ob dieser Umstand nur als dringender persönlicher Grund bei einer Ermessensentscheidung über die Erteilung einer Duldung nach § 55 Abs. 3
AuslG Eingang finden kann (vgl. zum Meinungsstand VG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 27.10.1998 - 3 L 883/98 - InfAuslR 1999, 33 f.).
Schutz von Ehe und Familie (Teil I)
von RAin Theresia Wolff, Köln
http://www.asyl.net/Magazin/5_2003a.htm OVG Sachsen: Keine Selbstbindung der Verwaltung durch eine Bestimmung der AuslG-VwV, wenn die Landesbehörden regelmäßig gegen diese Bestimmung handeln; Anspruch auf Duldung bis zur Eheschließung nur, wenn diese unmittelbar bevorsteht; einstweiliger Rechtsschutz gegen drohende Abschiebung bei unmittelbar bevorstehender Eheschließung ist auf eine zeitweise Aussetzung der Abschiebung, nicht auf eine Duldung gerichtet.
Beschluss vom 10.6.2002 - 3 BS 214/02 - (6 S., M2167)
Außerdem habe ich mal gehört, dass das KG oft noch Anhörungsbogen zuschickt, die dann ausgewertet werden.