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Doppelte Staatsangehörigkeit vor dem 1.01.1914 (Gelesen: 466 mal)
dr-er
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28.01.2024 um 00:57:46
 
Meine Frage richtet sich auf die Experten im dt. Staatsangehörigkeitsrecht.

Der Urgroßvater meines Bekannten ist 1905 nach Russland ausgewandert und hat im Jahr 1912 die russische Staatsangehörigkeit angenommen. Nach der russischen Revolution war er in die sowjetische Staatsangehörigkeit überleitet. Er verstarb in der UdSSR kurz nach dem zweiten Weltkrieg.

Verstehe ich es richtig, dass er bis zum seinen Tod dt. Staatsangehöriger blieb, wenn er keinen Entlassungsantrag nach seiner Einbürgerung in die russ. Staatsverband gestellt hat? Oder gab es Übergangsregelungen zum RuStAG-1913, die solche doppelte Staatsangehörigkeit ausschließen?
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Aras
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Beziehung zum Thema Ausländerrecht: Ich oute mich später
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Antwort #1 - 28.01.2024 um 03:16:43
 
Urgroßvater... wow.

Die Beweisproblematik wird happig.

Also 1905 ausgewandert. Hat er dazu Nachweise? Bspw. bei den Auswanderern nach Südamerika gab es ja Schiffslisten, die das auswandern belegen. 1905 galt das Staatsangehörigkeitsgesetz des Norddeutschen Bundes/Deutschen Reiches von 1870.

https://www.verfassungen.de/de67-18/staatsbuergerschaft70.htm

Darin wurde in § 21 geregelt, dass man bei Auslandsaufenthalt von mehr als 10 Jahren ohne Registrierung in die Botschaftsmatrikel die Staatsangehörigkeit verliert.
https://archiv.diplo.de/arc-de/das-politische-archiv/das-besondere-dokument/kons
ulatsmatrikel-und-passregister/2450648

Das Staatsangehörigkeitsgesetz vom Norddeutschen Bund/Deutschem Reich von 1870 wurde 1913 durch das Reichts- und Staatsangehörigkeitsgesetz(RuStAG, heute StAG) ersetzt. Im RuStaG wurde die Matrikelpflicht aufgehoben und der Verlust durch Antrag auf fremde Staatsangehörigkeit geregelt.

Also wenn er 1905 ausgewandert ist, dann griff die 10 Jahres Frist nicht weil diese vor Ablauf durch das RuStAG ersatzlos gestrichen wurde. Aber wenn er 1903 ausgeandert ist, dann hat er die Staatsangehörigkeit verloren. Jetzt beweise das mal. Also egal was ist, trotzdem das politische Archiv nach dem Urgroßvater durchsuchen.

Zum Glück kann man das kostenlos durchsuchen:
https://politisches-archiv.diplo.de/invenio

Wenn er 1912 eingebürgert wurde, dann hat er die Staatsangehörigkeit nicht durch Antrag verloren, weil das ja erst 1913 galt. Nun Beweise, dass er 1912 eingebürgert wurde und nicht 1913. Also ggf. die Archive des NKWD, KGB etc. anzapfen. Falls die überhaupt was haben.

Wenn du diese Hürde überwunden hast, dann kann es immernoch sein, dass der Urgroßvater durch eines der Verordnungen und Gesetze der Nazizeit diese verloren haben könnte. Und die Verordnungen sind meist politisch orientiert. Also bspw. die Elfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz von 1941. Da wurde geregelt das Auslandsjuden die Staatsangehörigkeit verlieren (was dazu führte, dass man deutsche Juden nach Polen deportierte und diese automatisch ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren). Die Verordnung wurde zwar soweit ich mich erinnere vom BVerfG per Radebruchsche Formel kassiert aber man sollte das auch prüfen. Also ob der Urgroßvater Jude war und wenn ja müsste man § 116 Abs. 2 GG und § 15 StAG prüfen.
Man darf nicht vergessen, dass Fälle von § 116 Abs. 2 GG vom Geburtserwerb in § 4 Abs. 5 ausgeschlossen sind.

Hat man diese Hürden überwunden, muss man lückenlos die Patrilineare und eheliche Abstammung vom Urgroßvater nachweisen. Hat man da Frauen in der "Kette" oder hat einen unehelichen Vorfahren müsste man das mit der gesetzlichen Lage zum Geburtszeitpunkt nachweisen.

Ist schon spät... vielleicht reicht das ja erstmal aus.
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"Alles Recht in der Welt ist erstritten worden, jeder wichtige Rechtssatz hat erst denen, die sich ihm widersetzten, abgerungen werden müssen, und jedes Recht, sowohl das Recht eines Volkes wie das eines Einzelnen, setzt die stetige Bereitschaft zu seiner Behauptung voraus. Das Recht ist nicht blosser Gedanke, sondern lebendige Kraft." - Rudolph von Jhering in "Der Kampf ums Recht"
 
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Antwort #2 - 28.01.2024 um 21:46:48
 
Das Jahr der Auswanderung kann bewiesen werden. Für die Einbürgerung im 1912 gibt es indirekte Hinweise. Insbesondere war er nicht während des ersten Weltkrieges interniert und hat ungehindert seine berufliche Tätigkeit fortgesetzt. Er war auch kein Jude, sondern ein echter Norddeutsche.

Genügt es zum Beweis, dass er bis zu seinem Tod deutsche Staatsangehöriger war (wie auch seine eheliche Kinder)?

Aras schrieb am 28.01.2024 um 03:16:43:
Urgroßvater... wow.

Die Beweisproblematik wird happig.

Also 1905 ausgewandert. Hat er dazu Nachweise? Bspw. bei den Auswanderern nach Südamerika gab es ja Schiffslisten, die das auswandern belegen. 1905 galt das Staatsangehörigkeitsgesetz des Norddeutschen Bundes/Deutschen Reiches von 1870.

https://www.verfassungen.de/de67-18/staatsbuergerschaft70.htm

Darin wurde in § 21 geregelt, dass man bei Auslandsaufenthalt von mehr als 10 Jahren ohne Registrierung in die Botschaftsmatrikel die Staatsangehörigkeit verliert.
https://archiv.diplo.de/arc-de/das-politische-archiv/das-besondere-dokument/kons
ulatsmatrikel-und-passregister/2450648

Das Staatsangehörigkeitsgesetz vom Norddeutschen Bund/Deutschem Reich von 1870 wurde 1913 durch das Reichts- und Staatsangehörigkeitsgesetz(RuStAG, heute StAG) ersetzt. Im RuStaG wurde die Matrikelpflicht aufgehoben und der Verlust durch Antrag auf fremde Staatsangehörigkeit geregelt.

Also wenn er 1905 ausgewandert ist, dann griff die 10 Jahres Frist nicht weil diese vor Ablauf durch das RuStAG ersatzlos gestrichen wurde. Aber wenn er 1903 ausgeandert ist, dann hat er die Staatsangehörigkeit verloren. Jetzt beweise das mal. Also egal was ist, trotzdem das politische Archiv nach dem Urgroßvater durchsuchen.

Zum Glück kann man das kostenlos durchsuchen:
https://politisches-archiv.diplo.de/invenio

Wenn er 1912 eingebürgert wurde, dann hat er die Staatsangehörigkeit nicht durch Antrag verloren, weil das ja erst 1913 galt. Nun Beweise, dass er 1912 eingebürgert wurde und nicht 1913. Also ggf. die Archive des NKWD, KGB etc. anzapfen. Falls die überhaupt was haben.

Wenn du diese Hürde überwunden hast, dann kann es immernoch sein, dass der Urgroßvater durch eines der Verordnungen und Gesetze der Nazizeit diese verloren haben könnte. Und die Verordnungen sind meist politisch orientiert. Also bspw. die Elfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz von 1941. Da wurde geregelt das Auslandsjuden die Staatsangehörigkeit verlieren (was dazu führte, dass man deutsche Juden nach Polen deportierte und diese automatisch ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren). Die Verordnung wurde zwar soweit ich mich erinnere vom BVerfG per Radebruchsche Formel kassiert aber man sollte das auch prüfen. Also ob der Urgroßvater Jude war und wenn ja müsste man § 116 Abs. 2 GG und § 15 StAG prüfen.
Man darf nicht vergessen, dass Fälle von § 116 Abs. 2 GG vom Geburtserwerb in § 4 Abs. 5 ausgeschlossen sind.

Hat man diese Hürden überwunden, muss man lückenlos die Patrilineare und eheliche Abstammung vom Urgroßvater nachweisen. Hat man da Frauen in der "Kette" oder hat einen unehelichen Vorfahren müsste man das mit der gesetzlichen Lage zum Geburtszeitpunkt nachweisen.

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Antwort #3 - 29.01.2024 um 02:29:16
 
Naja, was heißt hier schon genügen. Ich kann garnicht beurteilen, wie Aussagekräftig es ist, dass er im 1. WK nicht interniert wurde. eine kurze Recherche im Internet zeigt, dass man auch nur unter Polizeiaufsicht gestellt werden konnte.
https://www.dhi-moskau.org/de/veranstaltungen/detail.html?no_cache=1&tx_szevents...

Also da sollte man mehr Nachweise holen.

Ich gehe davon aus, dass dein Bekannter die deutsche Staatsangehörigkeit für sich  zeitnah klären will. Lebt er im Ausland, dann muss er den Antrag auf Erteilung des Staatsangehörigkeitsausweises beim BVA stellen. Die sollten da auch Experten sein, aber das Problem ist dass das seeehr lange dauern kann.

Lebt er im Inland, dann kann es schon schneller laufen, aber er kann sich schon auf Rückfragen einstellen.
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