Sc schrieb am 28.11.2014 um 13:29:03:Ja gut Gehalt 1600€/Netto ist OK.
Die Wohnung bezahlt unser Unternehmen.
Mal ein paar Punkte:
1. Nettolohnvereinbarungen sind zwar rechtlich möglich, aber ungewöhnlich. Die genaue Höhe des Nettolohns ist für den Arbeitgeber kaum seriös prognostizierbar, da sie von der Steuerklasse des Arbeitnehmers, den Freibeträgen, und von der Frage, ob er in der Kirche ist, abhängt. Ab 2015 variieren auch die GKV-Beiträge wieder von Kasse zu Kasse, so dass es auch da Unterschiede von Arbeitnehmer zu Arbeitnehmer gibt. Außerdem ist es bei aus dem Ausland rekrutierten Arbeitnehmern denkbar, dass diese jedenfalls im ersten Jahr der Beschäftigung auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens mit ihrem Arbeitslohn nicht in Deutschland steuerbar ist. Von all dem abgesehen wirkt eine Nettolohnvereinbarung auf einen Sachbearbeiter, der kurz drüber nachdenkt, so, als sei es hier eigentlich darum gegangen, das Familienbudget für den Neuankömmling irgendwie zu definieren. So dass in Frage gestellt werden könnte, wie ernsthaft das Arbeitsverhältnis überhaupt ist.
2. Wohnung: Wenn das Unternehmen die Wohnung stellt, dann ist das ein einkommensteuerpflichtiger geldwerter Vorteil. M.a.w., das Bruttoeinkommen (und natürlich dementsprechend auch das Nettoeinkommen) erhöhen sich. Aus taktischen Gründen empfiehlt es sich, das auch entsprechend betragsmäßig im Bruttolohn zu reflektieren. Und dann die Wohnung an den Arbeitnehmer vermieten.
3. Job-Profil. Das eignet sich jetzt nicht so ganz für die öffentliche Diskussion en détail, aber auch das gehört noch optimiert. Die Bereiche "Produktentwicklung" und "Kundenbetreuung" stehen etwas beziehungslos nebeneinander. Das gehört alles professionell auseinandergefriemelt und -definiert. "Produktentwicklung" klingt für einen deutschen Arbeitsmarktexperten so, als müsse man dafür Ingenieur sein. Das passt nicht zu einer gleichzeitigen Vertriebsposition. Es gibt sogar Leute, die beides machen, die kommen dann aber meist eher aus der technischen und nicht - wie hier - aus der wirtschaftlichen Ecke. Um das seriös beurteilen zu können, muss man das Geschäftsfeld des Unternehmenes noch besser verstehen. Es ist z.B. etwas anderes und u.U. Erfolg versprechender, wenn man sagt, ein Vertriebler ist auch dafür zuständig, Kundenwünsche bzw. Erfahrungen mit dem Produkt in die Entwicklungsabteilung hereinzutragen und mit dieser hinsichtlich der Produktverbesserung bzw. der Entwicklung neuer Produkte abzustimmen. Ein weiterer Punkt ist zentral: Gemäß § 3 Nr. 4
BeschV bedarf keiner Zustimmung der Bundesagentur und daher auch keiner Vorrang- und nur einer allenfalls sehr eingeschränkten Konditionenprüfung eine "
Tätigkeit in sonstiger leitender Position, die für die Entwicklung des Unternehmens von entscheidender Bedeutung ist". Das Vorhaben gibt es durchaus hier, es unter diese Vorschrift zu fassen, aber dafür müssen Stellenbeschreibung und Arbeitsvertrag professionell gemacht sein. Es "mal eben so versuchen, und wenn es nicht klappt, es dann zu professionalisieren" ist nicht der Weg. Rechne damit, dass Ihr kein Entgegenkommen und keine freundliche Beratung bei irgendeiner Behörde bekommt, sondern der einzige wirklich mit einiger Sicherheit Erfolg versprechende Weg ist, das Projekt so aufzuziehen, dass Ihr allen Behörden immer zwei, drei Nasenlängen gedanklich voraus seid.
4. Vorrang. Selbst, wenn die Vorrangprüfung greifen sollte: Von der Stellenbeschreibung hängt ab, ob es Leute auf dem Markt gibt, die darauf passen. So einfach ist das. Daher muss die Stellenbeschreibung professionell gemacht werden, von jemandem, der den Arbeitsmarkt kennt, das Aufenthaltsrecht beherrscht und weiß, wie die Entscheider ticken. Auf keinen Fall erst mal alleine "ausprobieren" und dann, wenn die Behörden nicht wissen, was sie damit machen sollen und es irgendwann - eventuell mit falschen Gründen - ablehnen, zum Anwalt. Einmal abgelehnt ist die Chance niedrig, dass das Vorhaben, selbst bei Detailänderungen am Ende doch noch realisiert werden kann. You never get a second chance to make a first impression.
5. Zahlenspiele. Nehmen wir mal an, es gibt ein Bruttogehalt von EUR 3.250,00. Das könnte bei passender Stellenbeschreibung hinhauen. Liegt sogar leicht über dem Gehalt, was bei Akademikern in Mängelberufen für eine Blue Card mindestes erforderlich wäre. Bei Steuerklasse I kommt da für einen nicht kirchensteuerpflichtigen Arbeitnehmer im Jahr 2014 raus: EUR 2.032,15. Davon muss er jetzt noch die Miete an den Arbeitgeber zahlen. Das sind wieviel - EUR 600? Das heißt, wir sind dann nah an Deiner Kalkulation dran, wenn nicht sogar drunter, haben es aber zahlenmäßig völlig anders abgebildet. Je nach Steuerklasse, Höhe der Miete könnte man evtl. sogar soweit gehen, dass die EUR 47k erreicht werden...