Ich hatte vor zwei Tagen hier in der Beratung einen Disput der unschönsten Art, musste das erstmal sacken lassen, aber es sind ein paar Kernfragestellungen geblieben. -
Ich schildere dazu einen Sachverhalt soweit er für mich erschließbar gewesen ist und mache ein paar Konstelllationen auf:
Es geht um eine junge Frau, die bislang über eine
AE gemäß § 25 (5)
AufenthG verfügt. - Die Angaben zu ihrer Identität beruhen bislang ausschließlich auf eigenen Angaben. Ein gültiger Pass liegt nicht vor. Ihre Staatsangehrigkeit ist ungeklärt. Sie ist als 13jährige nach Deutschland eingereist, gemeinsam mit ihren Eltern und einem Bruder. Auch deren Angaben zur Identität sind nur eigene, auch hier sind Pässe nicht vorhanden, auch hier gibt es von der
ABH in den Aufenthaltspapieren den Vermerk: Staatsangehörigkeit ungeklärt.
Nunmehr hat die junge Frau (inzwischen längst volljährig) mit einem Deutschen ein gemeinsames, also deutsches Kind und hat die Erteilung einer
AE gemäß § 28 (1) Nr. 3
AufenthG beantragt.
Die junge Frau hat sich zwischenzeitlich mehrfach an diverse Auslandsvertretungen gewandt und nunmehr sowohl von der azerischen, als auch von der russischen und auch von der armenischen, teilweise mehrfache offizielle Schreiben erhalten, wonach sie nicht Staatsangehörige der jeweiligen Staaten ist.
Nach ihren Angaben ist sie in Armenien geboren.
In Zusammenhang mit der beantragten Erteilung der
AE gemäß § 28 (1) Nr. 3
AufenthG hat die
ABH der jungen Frau eine "Belehrung" zur Unterschrift vorgelegt. - Darin wird zunächst erklärt, dass man beabsichtige, Ihr die begehrte
AE in Verbindung mit einem Ausweisersatz für zunächst ein Jahr zu erteilen. U.a. wird sie im Folgenden darüber belehrt, dass es die
ABH für zumutbar hält, dass sie sich im Sinne der Klärung ihrer Identität, die Beschaffung einer Geburtsurkunde oder andere in diesem Sinne relevante Urkunden oder Belege, an Vertrauensanwälte in den entsprechenden Ländern wendet und auch die Kosten, die diese Anwälte geltend machen, übernimmt.
Meine erste Frage:
Inwieweit ist das der jungen Frau tatsächlich zuzumuten? Wie wäre das, wenn sie nicht bzw. nicht vollständig in der Lage wäre, überhaupt ihren LU zu bestreiten?In der Angelegenheit hat Ihr Vater bei mir vorgesprochen. Er ist der Meinung, dass die Erteilung der begehrten
AE nicht von der Unterschrift seiner Tochter unter die Belehrung abhängig gemacht werden dürfe, da sie einen Anspruch auf die
AE habe. Mit der Unterschrift würde sie akzeptieren, dass sie Vertrauensanwälte bestellen müsse. Das gehe ihm zu weit - die Dokumente der Auslandsvertretungen würden belegen, dass sie hinreichend mitgewirkt hat.
Abgesehen davon, dass er dann irgendwann so emotional geworden ist, dass es um Haaresbreite zu Handgreiflichkeiten gekommen ist (er verlangte, dass ich ein Schreiben, gegen die Unterzeichnung der Belehrung argumentierend, für die Tochter vorformuliere, was diese dann unterzeichnen und der
ABH vorlegen könne - dies habe ich aus mehreren Gründen abgelehnt) und ich die Beratung abgebrochen habe, bleiben weitere Fragen:
Sehe ich es richtig, dass die ABH die AE-Erteilung gemäß § 28 (1) Nr. 3 AufenthG verweigern dürfte, wenn die Frau die Belehrung nicht unterzeichnet? - In dem Falle dürfte dann aber wohl zumindest weiter die
AE gemäß § 25 (5)
AufenthG zu erteilen sein, oder?
Welche Möglichkeiten, Pflichten hat die junge Frau tatsächlich, was ist ihr wirklich zuzumuten? Ich stelle diese Fragen eingedenk meiner Vermutung, dass der Vater bislang (aus welchem Interesse auch immer
- ein wenig nehme ich an, dass er eine Einberufung des mittlerweile auch volljährigen Sohnes zum Militär des Herkunftslandes "verhindern" will) der Blockierer ist und sie dafür, insbesondere, solange sie minderjährig war, nicht verantwortlich gemacht werden kann.
Wie weit dürften Sanktionen der ABH gegen die Frau unter Berücksichtigung der notwendigen Gewährleistung des Wohls des deutschen Kindes überhaupt gehen?Danke vorab für sachliche Bewertungen und Antworten.
=schweitzer=