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Freizügigkeit bei Arbeit unter 12 Monaten u. Krankheit? (Gelesen: 1.849 mal)
schweitzer
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Beziehung zum Thema Ausländerrecht: Ehegatte von ehem. Ausländer/in
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28.09.2009 um 15:09:02
 
Folgender (für mich) recht schwieriger Fall.

Ein Schwede hält sich seit September 2008 in Deutschland auf.

Zunächst versuchte er als freier Journalist Einkommen zu erzielen - dies misslang jedoch letztlich.

Da er auch eine Ausbildung als Pfleger hat, gelang es ihm ab 02/2009 eine sozialversicherungspflichtige Halbtagsbeschäftigung (20 h die Woche) in einem Pflegeheim aufzunehmen.

Seit Ende August 2009 ist er wegen eine psychischen Erkrankung krankgeschrieben - in der ersten Oktoberdekade wird er nur noch Leistungen von der Krankenkasse erhalten, da dann die 6-Wochen-Frist für die Lohnfortzahlung endet. Mit einer Gesundschreibung ist auf nicht absehbare Zeit nicht zu rechnen.

Sein Arbeitsvertrag ist bis 31.12.2009 befristet - nach Lage der Dinge wird er nicht verlängert.

Nun meine Fragen:

Behält der Schwede sein Recht auf Freizügigkeit über den 31.12.2009 hinaus (a) wenn er dann wieder gesund ist; b) wenn er weiterhin erwerbsunfähig krank geschrieben ist?)

Ich habe  in einem Fachbuch (von der "geliebt-gehassten" Frau Prof. Dorothee Frings) gelesen, dass Unionsbürger, die bvereits 12 Monate erwerbstätig waren,  den Status als Arbeitnehmer bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit behalten solange sie bei der Arbeitsagentur gemeldet sind, wobei das Recht auf Aufenthalt nicht mehr wegen des Sozialleistunsgsbezugs entzogen werden könne.

Ist das so? - Wie verhält es sich für den konkreten Fall - hier sind die 12 Monate noch nicht erreicht - der Arbeitsvertrag selbst hat keine Laufzeit von 12 Monaten  - andererseits steht hier die (nicht verschuldete) Erkrankung ...

In dem Fachbuch fand ich weiterhin folgende Passage:

Das Recht auf Freizügigkeit als Arbeitnehmer bleibt bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder Unfall bestehen und bei Arbeitslosigkeit grundsätzlich 6 Monate erhalten.

Noch ist er ja nicht arbeitslos - Bedeutet das, er könnte ALG II bekommen - im Zweifel bis zu 6 Monate nach dem 31.12.2009?

Wer kann Licht in mein Dunkel bringen - Ich möchte den Betreffenden nicht falsch beraten - ihm einerseits keine unbegründeten Hoffnungen machen, (das wäre in seiner Situation fatal) andereseits hat er momentan nicht genug zum Leben und möchte um seine Perspektiven in Deutschland wissen.


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Beziehung zum Thema Ausländerrecht: Ich oute mich später
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Antwort #1 - 28.09.2009 um 17:39:07
 
Richtlinie 2004/38/EG

Zitat:
Artikel 7

Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate

(1) Jeder Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von über drei Monaten, wenn er

a) Arbeitnehmer oder Selbstständiger im Aufnahmemitgliedstaat ist oder

b) für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen oder

c) bei einer privaten oder öffentlichen Einrichtung, die von dem Aufnahmemitgliedstaat aufgrund seiner Rechtsvorschriften oder seiner Verwaltungspraxis anerkannt oder finanziert wird, zur Absolvierung einer Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung als Hauptzweck eingeschrieben ist und

über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügt und der zuständigen nationalen Behörde durch eine Erklärung oder durch jedes andere gleichwertige Mittel seiner Wahl glaubhaft macht, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, oder

d) ein Familienangehöriger ist, der den Unionsbürger, der die Voraussetzungen des Buchstabens a), b) oder c) erfuellt, begleitet oder ihm nachzieht.

(2) Das Aufenthaltsrecht nach Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die den Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat begleiten oder ihm nachziehen, sofern der Unionsbürger die Voraussetzungen des Absatzes 1 Buchstabe a), b) oder c) erfuellt.

(3) Für die Zwecke des Absatzes 1 Buchstabe a) bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft dem Unionsbürger, der seine Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbstständiger nicht mehr ausübt, in folgenden Fällen erhalten:

a) Er ist wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig;

b) er stellt sich bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung dem zuständigen Arbeitsamt zur Verfügung;

c) er stellt sich bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrags oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit dem zuständigen Arbeitsamt zur Verfügung; in diesem Fall bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten aufrechterhalten;

d) er beginnt eine Berufsausbildung; die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft setzt voraus, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(4) Abweichend von Absatz 1 Buchstabe d) und Absatz 2 haben nur der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe b) und Kinder, denen Unterhalt gewährt wird, das Recht auf Aufenthalt als Familienangehörige eines Unionsbürgers, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 Buchstabe c) erfuellt. Artikel 3 Absatz 2 findet Anwendung auf die Verwandten in gerader aufsteigernder Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners, denen Unterhalt gewährt wird.



Zitat:
Artikel 14

Aufrechterhaltung des Aufenthaltsrechts

(1) Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen steht das Aufenthaltsrecht nach Artikel 6 zu, solange sie die Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats nicht unangemessen in Anspruch nehmen.

(2) Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen steht das Aufenthaltsrecht nach den Artikeln 7, 12 und 13 zu, solange sie die dort genannten Voraussetzungen erfuellen.

In bestimmten Fällen, in denen begründete Zweifel bestehen, ob der Unionsbürger oder seine Familienangehörigen die Voraussetzungen der Artikel 7, 12 und 13 erfuellen, können die Mitgliedstaaten prüfen, ob diese Voraussetzungen erfuellt sind. Diese Prüfung wird nicht systematisch durchgeführt.

(3) Die Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen durch einen Unionsbürger oder einen seiner Familienangehörigen im Aufnahmemitgliedstaat darf nicht automatisch zu einer Ausweisung führen.

(4) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 und unbeschadet der Bestimmungen des Kapitels VI darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen auf keinen Fall eine Ausweisung verfügt werden, wenn

a) die Unionsbürger Arbeitnehmer oder Selbstständige sind oder

b) die Unionsbürger in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats eingereist sind, um Arbeit zu suchen. In diesem Fall dürfen die Unionsbürger und ihre Familienangehörigen nicht ausgewiesen werden, solange die Unionsbürger nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und dass sie eine begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden.


§7, besonders §7(3) und §14, besonders §14(b) sind also die hier relevante Rechtslage. Zur europarechtkonformen Auslegung, zur praktischen Auslegung und zur Frage, wie man am besten handelt, sage ich nichts. Da wären Beiträge von Tapir und anderen interessant...

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schweitzer
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Antwort #2 - 29.09.2009 um 10:05:21
 
Danke Mustermann -

einiges ist mir nun etwas klarer, anderes ruft mit Blick auf die von mir aufgeworfenen Fragen nach weiterer Interpretaion - insbesondere:

Zitat:
Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen steht das Aufenthaltsrecht nach Artikel 6 zu, solange sie die Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats nicht unangemessen in Anspruch nehmen.


Was bedeutet das konkret - wo ist die Grenze für "unangemessene Inanspruchname" von Sozialhilfeleistungen mit Blick auf den von mir vorgestellten Fall?

Zitat:
c) er stellt sich bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrags oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit dem zuständigen Arbeitsamt zur Verfügung; in diesem Fall bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten aufrechterhalten;


Wann bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft länger erhalten ? - Das "mindestens" suggeriert ja, dass die 6 Monate durchaus nicht als starre Grenze zu sehen sind.  -

Und wäre (auf meinen Fall bezogen), ein jetzt einsetzender AlG-II-Bezug bis mindestens 30.06.2010 darausfolgend noch unschädlich? Was wäre, wenn der Betreffende darüber hinaus vollständig oder teilweise auf ALG II angewiesen wäre?

Wie würde sich eine längerfristige Erkrankung - also z.B.über das jahr 2009 hinaus auswirken?

Sorry, wegen der vielen Fragen - aber wie ich schon schrieb - in dem betreffenden Fall ist wirklich sehr sensible, konkrete und "passgenaue" Beratung angezeigt.

Insoweit wären mir Informationen und Hinweise  Mutly schrieb am 28.09.2009 um 17:39:07:
zur praktischen Auslegung und zur Frage, wie man am besten handelt


doch besonders wichtig.

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Antwort #3 - 02.10.2009 um 10:43:56
 
Die entscheidende Vorschrift im deutschen Recht ist § 2 Abs. 3 FreizügG/EU. "Erwerbsminderung" in § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FreizügG/EU ist dabei richtlinienkonform als "Arbeitsunfähigkeit" zu lesen.

Zitat:
Behält der Schwede sein Recht auf Freizügigkeit über den 31.12.2009 hinaus (a) wenn er dann wieder gesund ist;

Das Freizügigkeitsrecht besteht über den 31.12.2009 hinaus für sechs Monate, wenn die Agentur für Arbeit bestätigt, dass die Arbeitslosigkeit unfreiwillig war und er sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellt. Er ist dann für sechs weitere Monate - trotz Arbeitslosigkeit - als "Erwerbstätiger" (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 FreizügG/EU) freizügig. Nach Ablauf der sechs Monate ist er als Arbeit suchender freizügig, § 2 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 FreizügG/EU). Eine Feststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU darf in diesem Zeitraum wegen des Leistungsbezugs nicht getroffen werden, weil insbesondere der Leistungsbezug in diesem Zeitraum gerade hingenommen wird. Nach Ablauf der sechs Monate ist eine Feststellung an strenge Voraussetzungen geknüpft und eher unwahrscheinlich.

schweitzer schrieb am 28.09.2009 um 15:09:02:
wenn er weiterhin erwerbsunfähig krank geschrieben ist

Solange die Arbeitsunfähigkeit nur vorübergehend ist, bleibt er gem. § 2 Abs. 3 Nr. 1 FreizügG/EU als Arbeitnehmer freizügig, obwohl das Beschäftigungsverhältnis beendet ist. In der neuen VwV heißt es hierzu (Ziff. 2.3.1.1):

Sie [die Arbeitsunfähigkeit] ist dann als vorübergehend anzusehen, wenn aufgrund einer ärztlichen Prognose mit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, ggf. auch eingeschränkt, gerechnet werden kann. Zweifel an der Wiederherstellung begründen den Wegfall des Rechts nicht.

Handelt es sich dagegen um eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit, bleibt das Freizügigkeitsrecht in diesen Fällen nicht bestehen. Erst bei voller und dauerhafter Arbeitsunfähigkeit nach zwei Jahren Erwerbstätigkeit besteht das Freizügigkeitsrecht weiter (und dann auch gleich als Daueraufenthaltsrecht: § 4a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b).

schweitzer schrieb am 28.09.2009 um 15:09:02:
Bedeutet das, er könnte ALG II bekommen - im Zweifel bis zu 6 Monate nach dem 31.12.2009?

Wenn er am 01.01. wieder gesund ist, ist er sechs Monate lang ALG II-berechtigt. Da er in diesem Zeitraum als Arbeitnehmer freizügig ist, steht der  - nach EuGH Vatsouris ohnehin obsolete - Leistungausschluss für arbeitsuchende Unionsbürger nicht entgegen. Nach dem Ablauf der sechs Monate ist er als Arbeit suchender freizügig. Soweit das Job-Center dann der Auffassung wäre, dass er wegen bloßer Arbeitsuchenden-Eigenschaft aus dem Kreis der Anspruchsberechtigten nach SGB II herausfällt, wäre auf EuGH Vatsouris hinzuweisen.

Wenn er am 01.01. nicht wieder gesund ist und nach ärztlichem Dafürhalten mit einer Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit wenigstens im Umfang von 3 h / Woche auch binnen der nächsten sechs Monate sicher nicht gerechnet werden kann, fällt er wegen fehlender Erwerbsfähigkeit aus dem Kreis der SGB II-Anspruchsberechtigten heraus, § 8 Abs. 1 SGB II. Er hat Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII. Wenn die zuständige Behörde durch Bescheid feststellt, dass er nicht mehr freizügigkeitsberechtigt ist (§ 5 Abs. 5 FreizügG/EU), könnte der SGB XII-Träger sich auf den Standpunkt stellen, dass er nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylBlG nurmehr Asylbewerberleistungen beanspruchen kann. Dazu muss allerdings die durch § 7 Abs. 1 FreizügG/EU grundsätzlich eintretende Ausreisepflicht vollziehbar sein. Dies ist - da § 58 AufenthG nicht gilt - nur dann der Fall, wenn dies gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO besonders angeordnet wird. Siehe ausführlich Ziff. 7.1.1.2 der neuen VwV-FreizügG/EU. Wenn die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt wird, lebt der SGB XII-Anspruch wieder auf.

schweitzer schrieb am 29.09.2009 um 10:05:21:
Zitat:
Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen steht das Aufenthaltsrecht nach Artikel 6 zu, solange sie die Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats nicht unangemessen in Anspruch nehmen.

Was bedeutet das konkret - wo ist die Grenze für "unangemessene Inanspruchname" von Sozialhilfeleistungen mit Blick auf den von mir vorgestellten Fall?

Artikel 6 RL 2004/38/EG bezieht sich lediglich auf das bedingungslose Aufenthaltsrecht während der ersten drei Monate nach der Einreise.

schweitzer schrieb am 29.09.2009 um 10:05:21:
Wann bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft länger erhalten ? - Das "mindestens" suggeriert ja, dass die 6 Monate durchaus nicht als starre Grenze zu sehen sind.- 


Wenn er wieder erwerbstätig wird, dann bleibt die Erwerbstätigeneigenschaft "nahtlos" auch über sechs Monate erhalten (wichtig für die Berechnung bspw. der Fristen für das Daueraufenthaltsrechts).
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Antwort #4 - 02.10.2009 um 10:57:52
 
Hi tapir -

1000 Dank - das war  sensationell !!! Und vielen Dank für die mit der Recherche verbundene Mühe!

Nur eine Nachfrage noch:

Wenn er schon jetzt, ergänzend zum Krankengeld Leistungen nach dem SGB II beantragen würde (er steht finanziell wirklich auf dem Schlauch - und das wird nicht besser, da in diesen Tagen die Lohnfortzahlung ausläuft und er nur noch Leistungen von der Kasse bekommt), dürfte er dann auch nur 6 Monate ALG II - beziehen - oder zählen die 6 Monate erst ab Ende des Arbeitsvertrages?

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Antwort #5 - 02.10.2009 um 21:05:59
 
schweitzer schrieb am 02.10.2009 um 10:57:52:
Wenn er schon jetzt, ergänzend zum Krankengeld Leistungen nach dem SGB II beantragen würde (er steht finanziell wirklich auf dem Schlauch - und das wird nicht besser, da in diesen Tagen die Lohnfortzahlung ausläuft und er nur noch Leistungen von der Kasse bekommt), dürfte er dann auch nur 6 Monate ALG II - beziehen - oder zählen die 6 Monate erst ab Ende des Arbeitsvertrages?

Auf die Dauer des Leistungsbezugs kommt es nicht an, sondern auf das Ende der Arbeitnehmer-Eigenschaft. Diese endet m.E. erst mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses.

M.E. kann er übrigens 78 Wochen lang Krankengeld erhalten. Dieses wird zwar grdsl auf das ALG II angerechnet, jedoch ist der Erwerbstätigenfreibetrag zu berücksichtigen, da es sich um eine Entgeltersatzleistung handelt.

Das Job-Center wird den Krankengeldanspruch wohl in jedem Fall auf den ALG II-Anspruch anrechnen, dabei ist zu beachten, dass der o.g. Freibetrag berücksichtigt wird.

Wenn er auf das ALG II verzichtet und nur das Krankengeld nimmt, geht die Wahrscheinlichkeit, dass in dieser Zeit irgendwelche aufenthaltsrechtlichen Probleme auftreten, gegen Null.

Während der Dauer des Krankengeldbezugs gibt es die Möglichkeit der "stufenweisen Wiedereingliederung" (§ 74 SGB V). Dabei wird der Betroffene von seinem früheren Arbeitgeber wieder - aber in geringerem zeitlichen Umfang - am früheren Arbeitsplatz eingesetzt. Das Arbeitsentgelt wird entweder auf das Krankengeld angerechnet oder der Krankengeldanspruch ruht. In jedem Fall kann weiter Krankengeld bezogen werden, wenn der Wiedereingliederungsversuch scheitert.
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