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Einbürgerung mit nicht bestandener B1 Prüfung? (Gelesen: 1.084 mal)
Themen Beschreibung: Test wurde nur teilweise bestanden
data610
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26.01.2024 um 19:07:51
 
Hallo an alle.  Nach langer Zeit mal wieder eine Frage von mir  Smiley

Zur Situation/Vorgeschichte:.
Meine Frau, Ukrainerin, 58 Jahre alt, seit 2009 mit mir (Deutscher) verheiratet, wohnhaft in Nds. mit NE möchte gerne endlich die deutsche Staatbürgerschaft bekommen.

Sie hat ein Zertifikat "Deutsch-Test für Zuwanderer" von 2010 mit dem Ergebnis:
Hören/Lesen: A2, Schreiben: A2, Sprechen: B1, Gesamtergebnis:A2

Seitdem hat sie mehrere Weiterbildungs-Kurse gemacht und sogar ihren Führerschein Klasse B 2019 bestanden.

Trotzdem spricht sie immer noch kein gutes Deutsch nach 15 Jahren hier. Sie versteht viel, kann aber nicht so gut sprechen. Lesen ist auch nicht so gut.

Lernen kann sie auch nicht oder kaum, weil sie sehr oft (5-15 x im Monat) Kopfschmerzen hat, deren Ursache trotz jahrelanger Arztbesuche ungeklärt ist. Also wird der Nachweis einer Krankheit schwer. Sie könnte aber ggf. eine Bestätigung der Ärztin darüber bekommen.

Darüberhinaus hat sie leider absolut kein Sprachlerntalent  Augenrollen

Würde das alles zusammen betrachtet als "Nachweis der ausreichenden Sprachkenntnisse" genügen?

Wenn das nicht der Fall ist, gibt es eine Härtefall-Regelung auf die man bestehen könnte?

zum Beispiel:
Sie könnte theoretisch bis zum 60. Lj warten("Voraussetzung altersbedingt nicht erfüllbar"), aber bis dahin wird sie absehbar ihre Kenntnisse nicht wesenentlich verbessern.  Es wäre also mMn eine unangemessene Härte ihr aufzuerlegen, noch die 2 Jahre zu warten.

Kann sie evtl. auch nach dem §8 StAG eine Einbürgerung beantragen oder fällt sie da nicht drunter, weil sie deutsch-verheiratet ist? Ein öffentliches Interresse könnte sein, dass ihre Kernfamilie hier nur aus Deutschen Staatsbürgern besteht (Meine Familie )? Wenn ich richtig verstanden habe braucht sie dann keine B1-Kenntnisse !?
Ach ja und sie hat kein eigenes Einkommen.

Viele Fragen, also vielen Dank schon mal für Eure Antworten!



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Aras
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Antwort #1 - 26.01.2024 um 19:41:14
 
Die 60 Jahre Altersgrenze ist imho nicht dafür gedacht zu warten bis man 60 Jahre alt ist und dann auf die Unerfüllbarkeit zu pochen. Wenn bspw. jemand mit 30 Jahren in Saft und Kraft nach Deutschland kommt, und kein Deutsch lernt, weil es nicht für ihn interessant ist, dann soll dieser nicht belohnt werden indem auf die Sprachkenntnisse verzichtet werden. Oder bspw. Türken kamen vor 30-40 Jahren nach Deutschland und die haben dann gearbeitet oder die Kinder aufgezogen und wurden niemals zu irgendwelchen Integrationskursen, welche ja relativ neu sind, verdonnert. Gab ja so nen Fall von einer Türkin, die ihre Kinder aufgezogen hatte und mit 60+ Jahren eingebürgert werden wollte und vor Gericht auf den Sprachnachweis verzichtet wurde, weil die Integration so nicht mehr gefordert werden kann und sie ihre vier Kinder ordentlich erzogen hatte, und diese teilweise studiert aber allesamt richtig integriert waren.

Also so pauschal wie du das darstellst, also 60+ = Verzicht, ist es nicht.

Auch verstehe ich nicht, warum ein bestandener Führerschein hier angeführt wird. Was soll das bedeuten? Soll ich jetzt fragen, ob es Führerscheinklasse B ist, weil Führerscheinklasse A1 und A2 nicht ausreichen?  Laut lachend Laut lachend Laut lachend Oder ob es ein Führerschein B mit Anhänger ist, weil nur mit Anhänger hat man besondere Integrationsleistungen gezeigt?  Laut lachend Laut lachend Laut lachend
Errinert mich an https://www.youtube.com/watch?v=kR_3a-hkJZw


Sie hat ja die NE erhalten. Dabei wurden die Sprachprobleme thematisiert.  Wahrscheinlich kann man da anknüpfen. Also wenn die Behörde schonmal auf B1 verzichtet hat, muss es ja Gründe gegeben haben. Die Argumentation könnte man versuchen für die Einbürgerung zu recyclen.

§8 StAG ist mehr für Spitzensportler und so gedacht. Das besondere Interesse an einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit innerhalb einer Familie wurde schon ausreichend in § 9 StAG gewürdigt.

Aber du hast Einkommen?
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"Alles Recht in der Welt ist erstritten worden, jeder wichtige Rechtssatz hat erst denen, die sich ihm widersetzten, abgerungen werden müssen, und jedes Recht, sowohl das Recht eines Volkes wie das eines Einzelnen, setzt die stetige Bereitschaft zu seiner Behauptung voraus. Das Recht ist nicht blosser Gedanke, sondern lebendige Kraft." - Rudolph von Jhering in "Der Kampf ums Recht"
 
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Antwort #2 - 26.01.2024 um 20:06:16
 
Danke Aras, aber...  Zwinkernd

Aras schrieb am 26.01.2024 um 19:41:14:
Die 60 Jahre Altersgrenze ist imho nicht dafür gedacht zu warten bis man 60 Jahre alt ist und dann auf die Unerfüllbarkeit zu pochen. Wenn bspw. jemand mit 30 Jahren in Saft und Kraft nach Deutschland kommt, und kein Deutsch lernt, weil es nicht für ihn interessant ist, dann soll dieser nicht belohnt werden indem auf die Sprachkenntnisse verzichtet werden. Oder bspw. Türken kamen vor 30-40 Jahren nach Deutschland und die haben dann gearbeitet oder die Kinder aufgezogen und wurden niemals zu irgendwelchen Integrationskursen, welche ja relativ neu sind, verdonnert. Gab ja so nen Fall von einer Türkin, die ihre Kinder aufgezogen hatte und mit 60+ Jahren eingebürgert werden wollte und vor Gericht auf den Sprachnachweis verzichtet wurde, weil die Integration so nicht mehr gefordert werden kann und sie ihre vier Kinder ordentlich erzogen hatte, und diese teilweise studiert aber allesamt richtig integriert waren.

Also so pauschal wie du das darstellst, also 60+ = Verzicht, ist es nicht.

Ok, vielleicht liege ich da falsch, aber nach meinen Kenntnissen kann ein Antragsteller eben nicht auf "verpassete Gelegenheiten die Sprache in der Vergangenheit = vor Antragstellung zu lernen" verwiesen werden. Das war vom Gesetzgeber auch nicht so vorgesehen. Aber verbessert mich gerne .

Aras schrieb am 26.01.2024 um 19:41:14:
Auch verstehe ich nicht, warum ein bestandener Führerschein hier angeführt wird. Was soll das bedeuten? Soll ich jetzt fragen, ob es Führerscheinklasse B ist, weil Führerscheinklasse A1 und A2 nicht ausreichen?  Laut lachend Laut lachend Laut lachend Oder ob es ein Führerschein B mit Anhänger ist, weil nur mit Anhänger hat man besondere Integrationsleistungen gezeigt?  Laut lachend Laut lachend Laut lachend

Hier dachte ich nur an die Anweisungen und Erklärungen, die ein deutscher Fahrlehrer und auch der Prüfer gibt. Wenn man das nicht verstanden hätte, wäre es schwer, den Führerschein zu bestehen.

Aras schrieb am 26.01.2024 um 19:41:14:

Laut lachend Laut lachend

Aras schrieb am 26.01.2024 um 19:41:14:
Sie hat ja die NE erhalten. Dabei wurden die Sprachprobleme thematisiert.  Wahrscheinlich kann man da anknüpfen. Also wenn die Behörde schonmal auf B1 verzichtet hat, muss es ja Gründe gegeben haben. Die Argumentation könnte man versuchen für die Einbürgerung zu recyclen.

NE war noch altes Recht/Übergangsregelung mit A1
Aras schrieb am 26.01.2024 um 19:41:14:
§8 StAG ist mehr für Spitzensportler und so gedacht. Das besondere Interesse an einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit innerhalb einer Familie wurde schon ausreichend in § 9 StAG gewürdigt.


Ist das so? Gibt es da Urteile oder Ausführungsbestimmungen? Wie sehen andere das?

Aras schrieb am 26.01.2024 um 19:41:14:
Aber du hast Einkommen?
yep  Zwinkernd
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Antwort #3 - 26.01.2024 um 21:23:49
 
Ich hab jetzt keine Gesetzeskommentare und so zur Hand um es auf höchstem juristischem Niveau zu beweisen. Aber im Grunde geht es bei dem Absehen von persönlichen Voraussetzungen immer darum, dass diese in der Vergangenheit nicht möglich waren. Bspw. deine Frau hatte vor 2010 den Integrationskurs besucht und mit A2 abgeschlossen. Da könnte man jetzt fragen, warum sie nicht damals weitergelernt hat um B1 zu schaffen. Damals hatte sie keine Kopfschmerzen?

Aber ich will jetzt argumentieren, dass es nicht möglich sei. Sondern einfach nur sagen, dass das Alter mMn kein pauschales Argument fürs Absehen sein kann und etwas mehr begründet werden muss.

Ach stimmt. Damals gab es NE mit A1.

Bezüglich § 8 StAG, das wird halt gerne selten eingesetzt. Den § 8 StAG wird man nicht dafür nutzen um "irgendwelche" Ehegatten einzubürgern. Stell dir vor, morgen flieht der berühmteste Gehirnchirurg Russlands nach Deutschland und sagt, er würde in Deutschland bleiben und seine chirurgischen Kenntnisse in Deutschland nutzen, er bräuchte aber die deutsche Staatsangehörigkeit. Oder nächstes Jahr ist Olympia und der beste Sprinter der Welt will für Deutschland starten, ist aber aus Südafrika. Die werden dann per § 8 eingebürgert, wenn überhaupt.

Vor 2-3 Jahren lautete der §9 anders. Heute bezieht sich § 9 auf § 10. Aber damals bezog sich der § 9 auf § 8. Also heutzutage ist § 9 eine Spezialregelung zu § 10 und eine Anspruchseinbürgerung. Damals war es eine Ermessenseinbürgerung, weil es sich auf § 8 bezog. Das Ermessen war aber praktisch auf 0 reduziert. Darum auch die Reihenfolge der Paragraphen. Würde man heute das Gesetz schreiben würden § 9 und § 10 die Positionen tauschen, weil in der Gesetzesschreibung normalerweise zuerst die Allgemeinregelung kommt und dann die Spezialregelung.

https://openjur.de/u/658871.html

Zitat:
Der Gesetzgeber hat in dem vorliegend maßgebenden Zusammenhang den Schutz von Ehe und Familie durch § 9 StAG innerhalb des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums, der es erlaubt, anderen öffentlichen Belangen den Vorrang einzuräumen, verfassungskonform ausgestaltet (Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl., § 9 StAG Rn. 9 m.w.N.). Bei Fehlen der in § 9 StAG normierten Voraussetzungen ist daher die Behörde regelmäßig nicht verpflichtet, allein wegen der Ehe des Ausländers mit einem Deutschen die Einbürgerung nach § 8 StAG vorzunehmen (BVerwG, Urt. v. 18.08.1981, a.a.O. S. 11 f.; BVerwG, Urt. v. 17.05.1983 - 1 C 163.80 - BVerwGE 67, 177 ) oder auch nur von den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 StAG abzusehen (NdsOVG, Urt. v. 13.02.2013 - 13 LC 33/11 - EZAR NF 75 Nr. 11 = juris Rn. 53).
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Antwort #4 - 26.01.2024 um 22:53:28
 
Alles klar, Danke.  Smiley
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Antwort #5 - 27.01.2024 um 16:37:38
 
Sehe das wie Aras.

Wo soll denn das "öffentliche Interesse" liegen, dass sie deutsch wird? Was gewinnt die "Öffentlichkeit" dadurch? Erstmal nichts. Die Regelung des § 8 II regelt bzgl. des öffentlichen Interesses, dass Interessen Deutschlands usw. dadurch befriedigt werden, die Einbürgerung von Spitzensportlern, Wissenschaftlern, Politiker, o.ä.

Und die 60 Jahre-Altersgrenze ist auch keine pauschale Befreiung von den erforderlichen Sprachkenntnissen. Ich meine, dass das VGH Baden-Württemberg z.B. mal geurteilt hat, dass man sich in der Regel nur darauf berufen kann, wenn man innerhalb der letzten 10 Jahre vor Erreichen dieser Altersgrenze eingereist ist, sprich mit 50 oder später.

Das Alter hat bei der Beurteilung ob altersbedingt der Spracherwerb nicht möglich ist aber sowieso nur Indizwirkung, weil bei älteren Personen in der Regel die kognitiven Fähigkeiten die man dafür benötigt nachlassen. Aber jeder Mensch entwickelt sich anders und baut auch anders ab. Es gibt ältere Menschen für die ist das möglich. Wenn ihr euch also nur auf das Alter bezieht sehe ich die Chancen eher gering, sie hatte ja Jahre Zeit die Sprachkenntnisse zu erwerben. Ihr müsstet dann quasi glaubhaft machen oder besser noch nachweisen, warum sie altersbedingt nicht dazu in der Lage ist. Das scheint aber auch nicht der wirkliche Grund zu sein, wenn ich deinen Eröffnungspost lese.
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Antwort #6 - 27.01.2024 um 18:27:00
 
Mal ein "Praxistipp". Habt ihr Mal überlegt einfach den DTZ zu wiederholen ?
Sie muss nur lesen/hören + sprechen bestehen . Oder schreiben + sprechen.

Gibt im Internet auch Musterprüfungen so gut muss man da auch nicht deutsch können. Ich denke das wäre am sinnvollsten.

Ggf ein paar Privatstunden wo ein lehrer speziell für diese Prüfung vorbereitet.
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