T.P.2013 schrieb am 03.08.2015 um 13:59:35:Das heißt, der Forist Lapinoskoff hat möglicherweise trotz seiner angenommenen deutschen StAng eben nicht die aus seiner ebenfalls bestehenden französischen StAng herzuleitenden Freizügigkeitsrechte in Deutschland verloren.
Ich würde das "möglicherweise" jetzt allerdings ersatzlos streichen. Denn der folgende Auszug aus dem Visumshandbuch des deutschen Auswärtigen Amtes (vulgo auch: Außenministerium) zum Thema Freizügigkeit zeigt über jeden Zweifel, dass sogar diese Behörde das Freizügigkeitsprinzip wie folgt auslegt: Ein Unionsbürger mit zwei EU-Staatsangehörigkeiten (sogenannter Doppelstaatler), ist nur in dem Fall NICHT freizügigkeitsberechtigt, wenn er sich immer nur in einem der Staaten aufgehalten hat, dessen Staatsangehörigkeit er (neben der zweiten auch) hat. In ALLEN ANDEREN FÄLLEN ist er freizügigkeitsberechtigt, sobald er sich aus dem einen Mitgliedstaat heraus und in einen anderen bewegt - und zwar selbst dann, wenn er auch die Staatsangehörigkeit des anderen Mitgliedstaates hat UND sogar dann, wenn er beide Staatsangehörigkeiten bereits von Geburt an hat. Hat er diese Freizügigkeit dann einmal "nachhaltig" ausgeübt, kann sie ihm nie wieder entzogen werden. Das bedeutet auch, dass ein EU-Bürger, der nicht Doppelstaatler von Geburt an ist, aber aus seinem Mitgliedstaat in einen anderen umzieht, dort seine Freizügigkeit nachhaltig ausübt, und dann irgendwann auch noch die StA dieses Mitgliedstaates erwirbt, seine Freizügigkeitsberechtigung niemals mehr verlieren wird. Natürlich erst recht nicht, wenn er schon ein Daueraufenthaltsrecht als Freizügiger erworben hat.
Visumshandbuch zum Thema (Freizügigkeit, III 1.2):
"Handelt es sich bei dem Unionsbürger um einen Doppelstaater, der in einem
Mitgliedstaat lebt, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und hat er bislang nie von
seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht, so ist auf den Familiennachzug kein
Freizügigkeitsrecht anwendbar (Rechtssache C 434/09 McCarthy, EuGH-Urteil vom
05.05.2011).
Zieht jedoch beispielsweise ein deutsch-dänischer Doppelstaater, der bislang stets in
Dänemark wohnhaft gewesen ist, mit seiner drittstaatsangehörigen Ehefrau nach
Deutschland und macht damit von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch, so fällt er unter
den Begriff des Berechtigten gem. Art. 3 Abs. 1 der Unionsbürgerrichtlinie, weshalb für
den Familiennachzug Freizügigkeitsrecht anwendbar ist."
Die wohl gängige Verwaltungspraxis - die auch hier im Forum immer wieder als die geltende Rechtslage bekräftigt worden ist -, solchen Unionsdoppelstaatlern immer zu sagen, sie seien beim Aufenthalt in den Mitgliedstaaten ihrer jeweiligen Staatsangehörigkeiten gerade NICHT freizügigkeitsberechtigt, ist damit obsolet. Richtig so.
Anders ist das bei Lichte besehen auch schwer vorstellbar. Es gibt jede Menge EU- Bürger, die - von Geburt an oder durch späteren Erwerb - zwei, drei oder sogar vier EU-Staatsangehörigkeiten haben. Will man denen dann sagen, sie könnten ihre Familien zwar in alle anderen EU-Länder ohne Probleme mitnehmen, nicht aber in diejenigen zwei, drei oder vier Länder, deren Staatsangehörigkeit sie haben?
So schlecht ist das Auswärtige Amt also doch nicht mit seinem Visumshandbuch. Leider nur scheint das noch nicht bis zu den AVen, die ja die eigentlichen Adressaten des Handbuchs sind, durchgedrungen zu sein.