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Deutsch-Philippinisches Sichtvermerksabkommen aus dem Jahre 1968 (Gelesen: 2.971 mal)
Aguinaldo
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11.08.2009 um 14:16:15
 
Es gibt ein Sichtvermerksabkommen zwischen Deutschland und den Philippinen mit folgenden Wortlaut:

Zitat:
Bundesanzeiger 1968, Nr. 135, S. 2

Bekanntmachung einer Sichtvermerksvereinbarung mit der Republik der Philippinen v. 9.7.1968

Zwischen den Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik der Philippinen ist am 30.4.1968 durch Notenwechsel eine Sichtvermerksvereinbarung abgeschlossen worden. Das Abkommen ist am 1.5.1968 in Kraft getreten. Der Wortlaut des Abkommens wird nachstehend veröffentlicht.

Botschaft der Bundesrepublik Deutschland, Manila

Exzellenz,

Die Bundesrepublik Deutschland hat seit 1956 philippinische Staatsangehörige, die sich länger als drei Monate in der Bundesrepublik aufhalten und dort keine Erwerbstätigkeit auszuüben beabsichtigen, vom Sichtvermerkszwang befreit. Die Besprechungen zwischen den Vertretern unserer beiden Regierungen über eine Vereinbarung zur Beseitigung des Sichtvermerkszwangs für Staatsangehörige unserer beiden Länder, die nicht Einwanderer sind, haben zu einer Vereinbarung geführt, die ich nachstehend wie folgt zu bestätigen die Ehre habe:

1. Philippinische Staatsangehörige, die einen gültigen philippinischen Paß besitzen und nicht beabsichtigen, sich länger als drei Monate in der Bundesrepublick aufzuhalten oder dort eine Erwerbstätigkeit auszuüben, können als Touristen oder aus Geschäfts-, Fortbildungs- oder wissenschaftlichen Gründen ohne Sichtvermerk in die Bundesrepublik einreisen und sich dort aufhalten.

2. Philippinische Staatsangehörige, die beabsichtigen, sich länger als drei Monate in der Bundesrepublik Deutschland aufzuhalten oder dort eine Erwerbstätigkeit auszuüben, können in die Bundesrepublik einreisen und sich dort aufhalten, wenn sie einen gültigen philippinischen Paß und eine von der zuständigen diplomatischen oder konsularischen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland erteilte Aufenthaltserlaubnis in der Form des Sichtvermerks besitzen.
3. Deutsche, die einen gültigen Paß oder Kinderausweis der Bundesrepublik Deutschland besitzen und nicht beabsichtigen, sich länger als 59 Tage in der Republik der Philippinen aufzuhalten oder dort eine Erwerbstätigkeit auszuüben, können als Touristen oder aus Geschäfts-, Fortbildungs-, oder wissenschaftlichen Gründen ohne Sichtvermerk in die Republik der Philippinen einreisen und sich dort aufhalten.
4. Deutsche, die beabsichtigen, sich länger als 59 Tage in der Republik der Philippinen aufzuhalten oder dort eine Erwerbstätigkeit auszuüben, können in die Republik der Philippinen einreisen und sich dort aufhalten, wenn sie einen gültigen Paß oder Kinderausweis der Bundesrepublik Deutschland und einen Sichtvermerk der zuständigen diplomatischen oder konsularischen Vertretung der Philippinen besitzen.
5. Die Aufhebung des Sichtvermerkszwangs befreit philippinische Staatsangehörige und Deutsche nicht von der Verpflichtung, die Gesetze und Vorschriften der Bundesrepublik Deutschland und der Republik der Philippinen in Bezug auf die Einreise, den vorübergehenden oder dauernden Aufenthalt sowie die Beschäftigung oder berufliche Tätigkeit von Ausländern zu beachten.
6. Beide Staaten behalten sich das Recht vor, Personen, die als unerwünscht gelten oder nach allgemeinen ausländerrechtlichen Bestimmungen aus anderen Gründen zurückgewiesen werden müssen, die Einreise oder den Aufenthalt zu verweigern.
7. Beide Staaten werden ihren Staatsangehörigen, deren Entfernung aus dem anderen Staat beabsichtigt ist, jederzeit ohne besondere Erlaubnis die Einreise in ihr Staatsgebiet gestatten und ihnen die dafür erforderlichen Papiere ausstellen.
8. Jede der beiden Regierungen ist berechtigt, die Anwendung der vorstehenden Bestimmungen vorübergehend aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ganz oder teilweise auszusetzen. Diese Aussetzung ist der anderen Regierung unverzüglich auf diplomatischem Wege zu notifizieren.
9. Diese Vereinbarung gilt auch für das Land Berlin, sofern nicht die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Regierung der Philippinen innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten dieser Vereinbarung eine gegenteilige Erkärung abgibt.
10. Diese Vereinbarung tritt am 1.5.1968 in Kraft. Sie kann jederzeit von den Regierungen beider Vertragsstaaten unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Die Kündigung ist der Regierung des anderen Vertragsstaates auf diplomatischem Wege zu notifizieren.

Falls ihre Regierung sich mit dieser Vereinbarung einverstanden erklärt, schlage ich vor, daß diese Note und die Antwort Eurer Exzellenz eine Vereinbarung zwischen unseren beiden Regierungen bilden soll.

Genehmigen Sie, Exzellenz, die Versicherung meiner ausgezeichnetsten Hochachtung.

Dr. Heinrich Rohreke, Botschafter



Manila, den 30.4.1968

Ich beehre mich, Bezug zu nehmen auf die Note Eurer Exzellenz vom 30.4.1968.

Weiter beehre ich mich, Ihnen mitzuteilen, daß die in der vorstehend erwähnten Note enthaltenen Vereinbarungen von meiner Regierung angenommen werden, und stimme ferner Ihrem Vorschlag zu, wonach die vorstehend zitierte Note Eurer Exzellenz und diese Antwortnote ein Abkommen zwischen unseren beiden Ländern bilden sollen.

Genehmigen Sie, Exzellenz, die erneute Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung.

Narciso Ramos


Laut Bundesgesetzblatt, Stand Ende 2008, soll dieses Abkommen auch noch in Kraft sein:

http://www.bgbl.de/Xaver/media.xav?SID=&bk=Bundesanzeiger_BGBl&name=bgbl%2FFunds...

Laut der Anlage A zu § 16 AufenthV soll dieses Abkommen aber nur noch Anwendung auf Inhaber dienstlicher philippinischer Pässe finden:

http://bundesrecht.juris.de/aufenthv/anlage_a_126.html

Weder habe ich aber eine veröffentlichte Kündigung des obigen Abkommens gefunden noch eine veröffenlichte Beschränkung des obigen Abkommens. Ich habe nur den Hinweis gefunden, daß mal die Philippinen mit dem Wunsch nach Einführung eines Sichtvermerkszwangs an die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1988 herangetreten sein sollen:

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/11/038/1103817.pdf

Im März 1989 soll dann der Sichtvermerkszwang bei Besuchsaufenthalten von Philippinern eingeführt worden sein.

Was ist eure Meinung dazu? Mir ist klar, daß das obige Abkommen zur Zeit durch die EU Visaverordnung aus dem Jahre 2001 und das SDÜ aus dem Jahre 1993 überlagert wird, welche höherrangig sind. Aber da das Abkommen aus dem Jahre 1968 von keiner Vertragspartei jemals gekündigt wurde, bin ich der Meinung, daß dieses Abkommen ohne Einschränkungen in Kraft ist.
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Antwort #1 - 11.08.2009 um 14:59:00
 
Aguinaldo schrieb am 11.08.2009 um 14:16:15:
Weder habe ich aber eine veröffentlichte Kündigung des obigen Abkommens gefunden noch eine veröffenlichte Beschränkung des obigen Abkommens. Ich habe nur den Hinweis gefunden, daß mal die Philippinen mit dem Wunsch nach Einführung eines Sichtvermerkszwangs an die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1988 herangetreten sein sollen:

Und wenn das so stimmt, könnte der Vertrag konkludent aufgehoben bzw. auf Dienstpassinhaber beschränkt worden sein, Art. 54 Buchst. b oder Art. 39, 11 ("auf andere Weise") WVK. Falls die Vereinbarung also überhaupt noch gilt, ist problematisch, dass sie in dem hier interessierenden Umfang nicht in deutsches Recht transformiert wurde. Auf die Frage, ob dies erforderlich war, dürfte es - wegen der Uneindeutigkeit von Art. 59 Abs. 2 Satz 2 GG - viele verschiedene Antworten geben Smiley .
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Antwort #2 - 11.08.2009 um 15:43:14
 
Die WVK dürfte doch eigentlich gar nicht auf dieses Abkommen anwendbar sein, da die WVK für die Bundesrepublik Deutschland erst im Jahre 1987 in Kraft getreten ist und das deutsch-philippinische Abkommen im Jahre 1968 in Kraft getreten ist. Siehe Art. 4 WVK:

Zitat:
Artikel 4 Nichtrückwirkung dieses Übereinkommens

Unbeschadet der Anwendung der in diesem Übereinkommen niedergelegten Regeln, denen Verträge unabhängig von dem Übereinkommen auf Grund des Völkerrechts unterworfen wären, findet das Übereinkommen nur auf Verträge Anwendung, die von Staaten geschlossen werden, nachdem das Übereinkommen für sie in Kraft getreten ist.


Und meiner Ansicht nach können völkerrechtliche Verträge durch bloßen Verbalnotenaustausch zustande kommen. Dieser Verbalnotenaustausch wurde auch im Bundesanzeiger des Jahres 1968 veröffentlicht. Das Bundesgesetzblatt aus dem Jahre 2008 geht ja auch davon aus, daß dieses deutsch-philippinische Abkommen aus dem Jahre 1968 noch in Kraft ist.

Nur wurde meiner Ansicht nach die Einschränkung auf Inhaber philippinischer dienstlicher Pässe niemals im Bundesanzeiger oder Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Daraus schließe ich dann, daß das Abkommen zur Zeit uneingeschränkt in Kraft ist und die Anlage A zu § 16 AufenthV eigentlich nicht richtig ist.
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Antwort #3 - 11.08.2009 um 17:03:29
 
Natürlich können Verträge auch durch Verbalnoten geschlossen werden. Sie können auch durch Briefwechsel oder stillschweigend durch konkludentes Handeln geschlossen werden. Und hier geht es ja gerade um die Frage, ob nicht ein (Teil-)Aufhebungsvertrag gegen Ende der 80er Jahre auf eine solche informelle Weise geschlossen wurde. Für den Aufhebungsvertrag dürfte dann bereits die WVK gegolten haben, andernfalls dürfte es sich um auch unabhängig von der WVK geltende Regeln des Völkergewohnheitsrechts handeln. Für die völkerrechtliche Wirksamkeit ist im Übrigen die Veröffentlichung im Bundesanzeiger ebensowenig Voraussetzung wie die im Fundstellennachweis B.
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Antwort #4 - 11.08.2009 um 17:20:39
 
Aguinaldo schrieb am 11.08.2009 um 15:43:14:
Nur wurde meiner Ansicht nach die Einschränkung auf Inhaber philippinischer dienstlicher Pässe niemals im Bundesanzeiger oder Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Daraus schließe ich dann, daß das Abkommen zur Zeit uneingeschränkt in Kraft ist und die Anlage A zu § 16 AufenthV eigentlich nicht richtig ist.


Diese Aussage ist nicht richtig. Ein Sichtvermerksabkommen ist ein völkerrechtlicher Vertrag. Sofern sich aus diesem Vertrag kein "self-executing-Recht" ergibt, ist der Vertrag in nationales Recht umzusetzen. Diese geschieht in Deutschland grundsätzlich durch ein Zustimmungsgesetz. Siehe z.B. Zustimmungsgesetz zum SDÜ. Im Falle der Sichtvermerksabkommen wurden diese in die AufenthV aufgenommen. Bei den philippinischen Staatsangehörigen sind derzeit nur die Inhaber dienstlicher Pässe von der Visumspflicht befreit. Wann diese Änderung eingerteten ist, konnte ich bisher nicht ermitteln. Da jedoch keine anderen Befreiungen vorliegen, können sich philippinische Staatsangehörige (mit Reisepass) sich derzeit nicht auf eine visumfreie Einreise berufen. Sollte das Sichtvermerksabkommen nicht geändert worden sein (ich vermute jedoch durch eine Verbalnote), stellt dies einen völkerrechtlichen Verstoß dar. Gegen diesen Verstoß kann nur der betroffene Staat vorgehen, nicht der einzelne Betroffene. Somit besteht derzeit keine Befreiung für philippinische Staatsangehörige. Ich gehe jedoch davon aus, wie auch die von dir angeführte Bundestagsdrucksache erkennen lässt, dass das Sichtvermerksabkommen oder Teile davon, in Vorbereitung auf das SDÜ ordnungsgemäß gekündigt wurde (Suche läuft).

Gruß
Beppo
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Antwort #5 - 11.08.2009 um 21:56:31
 
Beppo schrieb am 11.08.2009 um 17:20:39:
Ein Sichtvermerksabkommen ist ein völkerrechtlicher Vertrag. Sofern sich aus diesem Vertrag kein "self-executing-Recht" ergibt, ist der Vertrag in nationales Recht umzusetzen. 

beppo, hier bringst Du m.E. zwei unterschiedliche Probleme durcheinander.  Die Frage, ob eine Vertragsklausel "self-executing" ist, stellt sich erst, wenn der Vertrag Bestandteil der innerstaatlichen Rechtsordnung ist. Genau dies ist hier aber fraglich. Ist diese Frage zu bejahen, ist - in einem zweiten Schritt - danach zu fragen, ob die Norm ihrem Inhalt nach "self-executing" ist, d.h. hinreichend bestimmt und ihrem Zweck nach darauf ausgerichtet ist, unmittelbar zu wirken, oder ob sie einer weiteren Konkretisierung in der nationalen Rechtsordnung bedarf.

Die zitierte Ziff. 1 des Sichtvermerksabkommens ist hinreichend bestimmt, insbesondere bzgl. Adressatenkreis und Rechtsfolge.

Es ist aber fraglich, ob sie Bestandteil der deutschen Rechtsordnung ist. Wann ein völkerrechtlicher Vertrag Bestandteil der deutschen Rechtsordnung ist, ergibt sich aus Art. 59 Abs. 2 GG. Danach ist bei Verträgen, die die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, die Zustimmung oder Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften (d.h. Bundestag und ggfs. Bundesrat) in Form eines Bundesgesetzes (so genanntes "Zustimmungsgesetz") erforderlich, Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG. Demgegenüber gelten "für Verwaltungsabkommen [...] die Vorschriften über die Bundesverwaltung [also die Artt. 83 ff. GG] entsprechend", Art. 59 Abs. 2 Satz 2 GG. Diese entsprechende Geltung der Vorschriften über die Bundesverwaltung bedeutet, dass es einer Transformation durch formelles Bundesgesetz im Fall von "Verwaltungsabkommen" jedenfalls nicht bedarf.

Damit stellt sich die Frage nach der Abgrenzung derjenigen Verträge, die der Transformation durch Gesetz bedürfen von jenen, die als Verwaltungsabkommen einer solchen Transformation nicht bedürfen. Abzugrenzen ist dabei danach, ob der Inhalt des Vertrags, wenn er nur innerstaatlich hätte geregelt werden sollen, in die Form eines Parlamentsgesetzes hätte gegossen werden müssen, oder ob Normen der Exekutive hierzu ausgereicht hätten. Vgl. Maunz/Dürig, Art. 59 Rn. 37.

Da nach § 2 Abs. 3 AuslG 1965 durch Rechtsverordnung die Positivstaaten bestimmt werden konnten, dürfte eine hierauf gerichtete Vereinbarung der Bundesregierung mit einem anderen Staat ein Verwaltungsabkommen iSd Art. 59 Abs. 2 Satz 2 GG gewesen sein. Eines Parlamentsgesetzes bedurfte es zur Transformation daher nicht.

Eine besondere Transformation durch Rechtsverordnung war aber im vorliegenden Fall inhaltlich auch entbehrlich, weil eine entsprechende Regelung bereits seit 1956 innerstaatlich bestand und die Philippinen dann 1965 in die Positivliste zur DV AuslG aufgenommen worden waren.

Ob das Sichtvermerksabkommen durch die bloße Veröffentlichung im Bundesanzeiger auch innerstaatlich bindend wurde, ist damit freilich noch nicht gesagt. Dies hängt von streitigen und gerichtlich bisher nicht entschiedenen Fragen zu Art. 59 Abs. 2 Satz 2 GG ab.

Jedenfalls spätestens mit der Ersetzung des AuslG 1965 durch das AuslG 1990 dürfte das alte Abkommen - außer für Dienstpassinhaber - seine innerstaatliche Anwendbarkeit eingebüßt haben. Völkerrechtliche Vereinbarungen, die nicht im Rang eines Bundesgesetzes stehen und das AuslG spezialgesetzlich verdrängen, bedurften seitdem der Transformation durch den Verordnungsgeber.

Im Ergebnis meine ich daher, dass die Vorschrift z.Zt. jedenfalls innerstaatlich nicht gilt. Geht man davon aus, dass sie völkerrechtlich noch in Geltung ist - was sehr zweifelhaft ist - , wäre die Bundesrepublik im Verhältnis zu den Philippinen noch an sie gebunden. Dies nützt aber dem Einzelnen nach der jedenfalls herrschenden Lehre nichts, weil dieser sich - jedenfalls außerhalb des Bereichs des humanitären Völkerrechts bzw. grundlegender Menschenrechtsstandards - nicht auf den Grundsatz pacta sunt servanda berufen kann.
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Antwort #6 - 12.08.2009 um 09:09:02
 
Hallo tapir

tapir schrieb am 11.08.2009 um 21:56:31:
beppo, hier bringst Du m.E. zwei unterschiedliche Probleme durcheinander.  Die Frage, ob eine Vertragsklausel "self-executing" ist, stellt sich erst, wenn der Vertrag Bestandteil der innerstaatlichen Rechtsordnung ist. Genau dies ist hier aber fraglich. Ist diese Frage zu bejahen, ist - in einem zweiten Schritt - danach zu fragen, ob die Norm ihrem Inhalt nach "self-executing" ist, d.h. hinreichend bestimmt und ihrem Zweck nach darauf ausgerichtet ist, unmittelbar zu wirken, oder ob sie einer weiteren Konkretisierung in der nationalen Rechtsordnung bedarf.


Gerade das heißt "self-executing" eben nicht. Sollte ein völkerrechtlicher Vertrag (in diesem Fall ein Sichtvermerksabkommen) geschlossen/ratifiziert worden sein und einige Bestandteile "self-executing" sein, entfalten diese Teile unmittelbare Wirkung im Verhältnis Staat/Bürger. Eine Umsetzung in die deutsche Rechtsordnung bedarf es dann nicht.

Jedoch hast du Recht, dass ein Völkerrechtlicher Vertrag grundsätzlich der Umsetzung in die deutsche Rechtsordnung bedarf. Die Umsetzung in die deutsche Rechtsordnung erfolgt so wie du geschrieben hast, entweder durch ein Zustimmungsgestetz oder einer Öffnungsklausel. Je nachdem ob es sich um einen Staatsvertrag oder ein Verwaltungsabkommen handelt.

Um hier nicht weiter auszuschweifen, in Bezug auf die Umsetzung zur innerstaatlichen Wirkung, schließe ich mich deiner Meinung an, dass das Sichtvermerksabkommen derzeit keine innerstaatliche Wirkung hat.

Wichtig wäre jedenfalls zu wissen, ob das Sichtvermerksabkommen überhaupt noch in Kraft ist und ob dadurch noch eine völkerrechtliche Staatenverpflichtung besteht. Sollte dies nämlich der Fall sein und die Ziffer 1 des Sichtvermerksabkommens tatsächlich/rechtlich "self-executing" sein, hätte ein Betroffener das Recht auf Einreise, egal ob innerstaatlich umgesetzt oder nicht.

Ein ähnliches Problem besteht derzeit mit Mexiko. Auch hier gibt es ein Sichtvermerksabkommen, welches nicht in die Anlage A zu §16 AufenthV aufgenommen wurde. Daher sind Voraufenthaltszeiten in anderen Schengen-Staaten auf die Bezugszeiträume bei mexikanischen Staatsangehörigen anzurechnen. Das Sichtvermerksabkommen beinhaltet jedoch keine Bezugszeiträume. Auch hier ist fraglich, ob der entsprechende Teil "self-executing" ist. Im Falle einer Klage gegen eine Zurückweisung, wegen Überschreitung der Bezugszeiträume, sehe ich hier eigentlich gute Aussichten auf Erfolg. Leider liegen mir hierzu bisher keine Erkenntnisse vor.

Zum Schluß bleibt mir nur zu sagen, dass philippinische Staatsangehöriger derzeit keine Möglichkeit haben, visumfrei in die Bundesrepublik einzureisen (außer Inhaber dienstlicher Pässe). Die rechtliche Frage lasse ich auf Grund der ungeklärten Sachlage (Gültigkeit des SV-Abkommens) offen.

Gruß
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Antwort #7 - 12.08.2009 um 10:04:17
 
Beppo schrieb am 12.08.2009 um 09:09:02:
Gerade das heißt "self-executing" eben nicht. Sollte ein völkerrechtlicher Vertrag (in diesem Fall ein Sichtvermerksabkommen) geschlossen/ratifiziert worden sein und einige Bestandteile "self-executing" sein, entfalten diese Teile unmittelbare Wirkung im Verhältnis Staat/Bürger. Eine Umsetzung in die deutsche Rechtsordnung bedarf es dann nicht. 

Sorry, da muss ich widersprechen. Ein von der Bundesregierung abgeschlossenes Abkommen, das gem. Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG der Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften durch Bundesgesetz bedarf, entfaltet keine innerstaatlichen Wirkungen, solange und soweit ein Zustimmungsgesetz nicht vorliegt. Allerdings ist eine lapidare Zustimmungsformel in der Form eines Bundesgesetzes genügend ("Dem am 11.08.2009 in New York geschlossenen Übereinkommen zur Bekämpfung bestimmter Streuwaffen wird zugestimmt."). Eine weitergehende Umsetzung durch inhaltliche Einfügung und systematische Einpassung des Vertragstextes in ein deutsches Fachgesetz, im Beispielsfall etwa das Kriegswaffenkontrollgesetz, ist aber entbehrlich, wenn die Normen self-executing sind. Insofern von der Entbehrlichkeit der "Umsetzung" zu sprechen, ist aber missverständlich, da ohne jede Transformationsleistung im innerstaatlichen Bereich eine Bindung auch an self-executory-Normen regelmäßig nicht erzeugt werden kann.

Zitat:
Wichtig wäre jedenfalls zu wissen, ob das Sichtvermerksabkommen überhaupt noch in Kraft ist und ob dadurch noch eine völkerrechtliche Staatenverpflichtung besteht. Sollte dies nämlich der Fall sein und die Ziffer 1 des Sichtvermerksabkommens tatsächlich/rechtlich "self-executing" sein, hätte ein Betroffener das Recht auf Einreise, egal ob innerstaatlich umgesetzt oder nicht.

Das bestreite ich. Die Bundesregierung hätte dann ja die Möglichkeit, unter Missachtung von Gewaltenteilung und Demokratieprinzip Rechtsnormen durch Vereinbarung mit anderen Staaten bzw. Völkerrechtssubjekten selbst zu setzen und dadurch ggfs. sogar im Rahmen der lex posterior-Regel Parlamentsgesetze auszuschalten. Ein völkerrechtlicher Vertrag, der die Bundesrepublik im Außenverhältnis zu anderen Völkerrechtssubjekten bindet, der aber nicht gem. Art. 59 Abs. 2 GG transformiert worden ist, berechtigt Dritte m.E. grundsätzlich auch dann nicht, wenn er seinem Inhalt nach self-executing ist. Problematisch ist allerdings, was Transformation genau für Verwaltungsabkommen heißt.
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Antwort #8 - 12.08.2009 um 14:23:24
 
Der Gesetz- und Verordnungsgeber scheint aber doch der Meinung zu sein, daß das deutsch-philippinische Sichtvermerksabkommen aus dem Jahre 1968 noch in Kraft ist. Ansonsten hätte er das Abkommen doch nicht in die Liste A des § 16 AufenthV aufgenommen. Wir wissen nur bisher noch nicht (Beppo sucht ja noch), woraus sich die Einschränkung auf Inhaber philippinischer Dienstpässe ergeben soll.

Und wenn ihr nach einem Transformationsakt ins nationale Recht fragt, aus welchem sich individuelle Rechte für den Einzelnen herleiten liessen: Was ist mit Art. 20 II SDÜ i. V. m. § 16 AufenthV? Insoweit Ostgathe, Nowicke, ZAR 2005, 360 (362) sinngemäß:

Zitat:
Mittlerweile scheint der rechtliche Einfluss von Art. 20 SDÜ als unmittelbar geltendes EU-Recht unstrittig zu sein (mit weiteren Literatur- und Rechtsprechungsverweisen). Diese Rechtsqualität hat Art. 20 SDÜ aber nur deshalb erhalten, weil mit Inkraftsetzung der EUVisaVO und deren Staatenliste hinreichend bestimmt wurde, wer sichtvermerksfreier Drittausländer und damit Adressat des Art. 20 SDÜ ist. Noch zuvor war Art. 20 SDÜ lediglich völkerrechtliche Staatenverpflichtung und löste daher keine unmittelbaren Rechte und Pflichten für den Einzelnen aus.


Solange mir daher niemand sagen kann, woraus sich die Einschränkung auf Inhaber dienstlicher philippinischer Ausweise beim deutsch-philippinischen SA ergeben soll, bin ich der Meinung, daß dieses Abkommen uneingeschränkt in Kraft ist. Überlagert wird es zwar durch die EUVisaVO und das SDÜ als höherrangiges Recht. Das SDÜ hat dann aber in Art. 20 II SDÜ eine Öffnungsklausel für dieses Abkommen. Was für Rechtsfolgen sich daraus ergeben, müßte man dann im Einzelnen feststellen. Aufgrund der EUVisaVO sind Philippiner jedenfalls bei der Einreise über die EU-Außengrenze für Kurzaufenthalte visumpflichtig. Ob für den Aufenthalt in Deutschland aufgrund Art. 20 II SDÜ i. V. m. § 16 AufenthV etwas anderes gilt, müßte im Einzelnen erörtert werden.
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Antwort #9 - 12.08.2009 um 14:36:32
 
So ihr Lieben...

Ich glaube, eine höchsttheoretische Diskussion dreht sich im Kreis... und das ist nicht Sinn des Boards.

Ich hab's in einem anderen Thread auch schon gesagt... Theorie ist schön, aber hier im Board ist die Praxis gefragt. Und die kann dieser Thread nicht bieten, geschweige dass er einem Hilfesuchenden etwas bringt.

Ihr könnte aber gerne per PN weiter machen, Beiträge dafür habt ihr ja schon genug Zwinkernd

AktuelleRechtslage ist: Phillippinische Staatsangehörige (Ausnahme Inhaber von Dienst-, Diplomaten-, Ministerialpassinhabern usw.) sind visumspflichtig und werden so von allen Behörden in D auch so behandelt.
Sofern jemand etwas Gegenteiliges vor Gericht erstreiten kann oder der Gesetzgeber von sich aus etwas ändert, dann soll es so sein und wird hier dann auch so vertreten.

Aber bis dahin... geschlossen

Daddy
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