Mick schrieb am 29.08.2008 um 13:16:50:nach meiner Kenntnis vertritt das Auswärtige Amt die
Auffassung, dass aufgrund der Regelung in § 2 Abs. 4
Satz 2 FreizügG/EU das
AufenthG bei der Einsreise voll-
ständig Anwendung findet.
Diese Auffassung ist m.E. aus mehreren, voneinander unabhängigen Gründen unvertretbar.
1. Gem. § 30 Abs. 1 S. 3 Nr. 3
AufenthG sind Sprachkenntnisse entbehrlich, weil der nachziehende Ausländer keinen Anspruch auf Teilnahme an einem Integrationskurs hat. Die Anspruchstatbestände sind in § 44 Abs. 1
AufenthG abschließend bezeichnet. Sie knüpfen an den Aufenthaltsstatus an. Da der Status als Inhaber eines gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitsrechts nicht genannt ist, besteht kein Teilnahmeanspruch und folglich keine Verpflichtung, Sprachkenntnisse nachzuweisen.
2. Gem. § 30 Abs. 3 S. 3 Nr. 4 dürfen Sprachkenntnisse von denjenigen Ausländern nicht gefordert werden, die visumfrei auch zu Langzeitaufenthalten einreisen können. Dies ist bei den Inhabern des abgeleiteten gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitsrechts der Fall. Das in der RL 2004/38 geregelte Einreisevisum dient nur Beweiszwecken. Wie sich aus Art. 5 Abs. 4 RL 2004/38 ergibt, ist der Aufenthalt auch bei visumloser Einreise rechtmäßig.
3. § 2 Abs. 4 S. 2 FreizügG/EU ist richtlinienkonform auszulegen. Das Einreiseivisum nach der RL 2004/38 ist lediglich deklaratorischer Natur. Es bescheinigt nur, dass ein gemeinschaftsrechtliches Freizügigkeitsrecht besteht, Art. 5 Abs. 4 RL 2004/38. Es ist zwar unbedenklich, wenn die Verfahrensvorschriften des
AufenthG auf die Erteilung des Visums angewendet werden. Materiell-rechtliche Voraussetzungen des
AufenthG, die über das von der RL 2004/38 vorgezeichnete Spektrum hinausgehen, können aber nicht verlangt werden, weil die RL 2004/38 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Einreise und des Aufenthalts der Familienangehörigen von Unionsbürgern ersichtlich abschließend regeln wollte.
Richtig ist, dass das gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeitsrecht nicht besteht, solange die Ehe noch nicht geschlossen ist. Da das AA aber beim Familiennachzug zu Deutschen und zu Drittstaatsangehörigen grundsätzlich für Eheschließungs- und FZF-Visa dasselbe Programm ablaufen lässt, dürfte eine Differenzierung danach, ob die Ehe bereits geschlossen wurde oder aber nach der Einreise geschlossen werden wird, gegen Art. 12 EGV verstoßen.