Mangelnde Mitwirkung Dritter
Verlangt der Heimatstaat aus sachlich vertretbaren, willkürfreien Erwägungen für einen formgerechten Antrag die Mitwirkung Dritter (etwa des Ehegatten), so liegt ein vollständiger Antrag erst dann vor, wenn diese Mitwirkungshandlung (z.B. Vorlage eines Lichtbildes, von Abstammungsunterlagen, Mitunterzeichnung des Antrages) erbracht worden ist. Dass § 10
StAG den Einbürgerungsanspruch als Individualanspruch ausgestaltet hat, ändert nichts daran, dass die Form- und Vollständigkeitsanforderungen grundsätzlich nach dem Recht des Heimatstaates zu beurteilen sind.
Verweigert der Dritte trotz zumutbarer Einwirkungsbemühungen des Einbürgerungsbewerbers die Mitwirkung, hat dieser, soweit rechtliche Möglichkeiten nicht offenkundig ausgeschlossen sind, den Dritten zur Mitwirkung anzuhalten, diese Möglichkeiten zunächst auszuschöpfen (bei fehlenden Unterlagen etwa Durchsetzung eines Herausgabeanspruchs) (Hailbronner/Renner/Maaßen, StAngR, 5. Aufl., § 12
StAG Rdn. 35; enger noch Hailbronner, Ausländerrecht, § 87
AuslG Rdn. 3, wonach dem Einbürgerungsbewerber die mangelnde Einwirkung auf den Ehegatten, sich an seinen Entlassungsbemühungen zu beteiligen, nicht soll entgegengehalten werden können). Dabei gilt indes, dass sich aus deutschem Recht keine allgemeine Verpflichtung des Ehegatten, an Entlassungsbemühungen seines Ehepartners mitzuwirken, herleiten lässt.
Sind rechtliche Einwirkungsmöglichkeiten nicht gegeben oder ohne Erfolg ausgeschöpft worden, kann mangels vollständigen und formgerechten Antrages vom Einbürgerungshindernis eintretender Mehrstaatigkeit nicht nach Nr. 3 3. Alt. abgesehen werden. Für diese Fallkonstellation kann nicht auf Nr. 3 1. Alt. zurückgegriffen werden; zwar ist das Entlassungshindernis „mangelnde Mitwirkung Dritter“ von dem Einbürgerungsbewerber nicht zu vertreten, es fehlt aber an der nach Nr. 3 1. Alt. erforderlichen ablehnenden Sachentscheidung. Nach hier vertretener Ansicht ist dann auf die Auffanggeneralklausel zurückzugreifen. Werden indes Satz 2 Nrn. 1 bis 6 als abschließende Konkretisierung des Satzes 1 gesehen (s.o. Rdn. 23 ff.), ist dieser Fallkonstellation in erweiternder Auslegung der Nr. 3 2. Alt. dadurch Rechnung zu tragen, dass die Erfüllung eines abstrakt gerechtfertigten Mitwirkungserfordernisses mangels konkreter Handlungsmöglichkeiten des Einbürgerungsbewerbers nach innerstaatlichem Recht als konkret „unzumutbare“ Bedingung bewertet wird. Dies stößt bei der Fallgruppe iranischer Staatsangehöriger, bei denen nach iranischem Recht grundsätzlich alle Familienangehörigen in das Entlassungsverfahren einbezogen sind, indes an Begründungsgrenzen, weil der Grundsatz der einheitlichen Staatsangehörigkeit in den Familien auch im deutschen Recht anerkannt ist (s.o. § 10
StAG Rdn. 297 ff.). Keine verfahrensbezogene Mitwirkungshandlung ist indes, von Dritten (Ehegatten, Kindern) eigene staatsangehörigkeits- oder personenstandsrechtliche Handlungen oder Erklärungen zu verlangen.
In Bezug auf das hier bereits zitierte VG Freiburg, Urteil vom 25.01.2012, Az. 2 K 1237/10 bedeutet dies mMn:
1. Ohne Gerichtsstreit in der Ukraine kommt man wohl nicht drum herum,
2. Wenn das Gericht negativ entscheidet, würde das nicht unbedingt bedeuten, dass die Nichterteilung der väterlichen Einwilligung als mangelnde Mitwirkung Dritter angesehen werden kann.