Also ich hab mir das jetzt bissl angeschaut, und es ist schwer die notwendigen Kenntnisse aus den dazugehörigen Modulen herauszulesen. Wahrscheinlich müsste man sogar schauen was im Bachelorstudium dir beigebracht wurde.
Ich denke die Vermutung von Puncherfaust wird schon stimmen und die Behörde will es darauf ankommen lassen. Du kommst mit der Klausel zur "Befreiung" vom Einbürgerungstest, und die sagen, dass dein Studium nicht einschlägig sei.
Ich möchte ja nicht, dich entmutigen, aber bist du denn bereit das durchzuziehen? Wenn die Behörde den Antrag ablehnt, dann kannst du deine Untätigkeitsklage zu einer normalen Verpflichtungsklage ändern. Aber das bedeutet im schlimmsten Fall, dass du dann in 1-2 Jahren in einer mündlichen Verhandlung das klären kannst.
Und wir reden hier von 25 € für einen Einbürgerungstest, den du in 5 Minuten durchführen könntest und in wenigen Wochen das Ergebnis hättest, was die Behörde dann einfach zur Akte legen könnte und gut.
Wenn es dir aber ums Prinzip geht, und du dir sagst, dass du das auch definitiv bis zu einer Gerichtsentscheidung durchziehen willst, dann kann ich das auch gut verstehen.
BTT:
Puncherfaust hat es gut zusammengefasst:
Puncherfaust schrieb am 19.06.2025 um 00:55:59:Denn ja, in den Anwendungshinweisen steht es eindeutig so drin, dass du
vom Test befreit bist. Aber Gerichte betonen immer gerne, dass Anwendungshinweise und Verwaltungsvorschriften nicht das Gericht binden.
Also die Anwendungshinweise sagen: Du hast die Kenntnisse mit deinem Studium erbracht.
Und die Behörde sagt: § 10
StAG sagt
die Kenntnisse sind i.d.R. durch den EB-Test nachgewiesen, dessen
Inhalt in der EinbTestV beschrieben sind. Und ein
alternativer Nachweis muss eben auch
exakt die dort beschriebenen Kenntnisse vermittelt haben.
Ist das nicht oder nicht vollständig der Fall, dann ist der Nachweis nicht geeignet.Die Argumentation klingt an sich schon durchaus schlüssig, auch wenn die Anwendungshinweise etwas anderes sagen. Ich bin mal auf die wohl kommende gerichtliche Entscheidung gespannt, klingt ja schon so als könntest du demnächst mit dem Bescheid rechnen, gegen den du dann klagen kannst.
Die Stellen die ich fett markiert habe... da bezweifel ich die Durchschlagsfähigkeit von Puncherfausts Argumentation. (Nicht persönlich nehmen, Puncherfaust).
Zuerst einmal lautet die Voraussetzung im § 10 I S. 1 Nr. 7
StAG "[...]über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt.[...]"
Und in § 10 Abs. 5
StAG: "Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend."
Wie verhalten sich denn eigentlich diese beiden Regelungen zu einander?
Rechtsordnung und Gesellschaftordnung gibt es schon paar griffige Definitionen. Selbst wenn man auf Wikipedia zurückgreift, kann man diese Begriffe konkret umfassen.
Und Lebensverhältnisse sind was genau? Ein Sammelsurium aus zusammenhanglosem Allgemeinwissen?
Wenn ich die Fragen durchlese dann sind viele von diesen Fragen schlicht ungeeignet und dürfen eigentlich nicht gestellt werden. Ich hab mir gerade zwei Stunden lang die Fragen durchgelesen und nen ellenlangen Text zu Fragen die ich unberechtigt halte hier geschrieben. Aber ich erspare euch das Pamphlet.
Fakt ist aber: Wenn man allgemeine Geschichts- und Geographiefragen stellen will, dann sollte man das auch im Staatsangehörigkeitsgesetz entsprechend reinsetzen. Und wenn man Fragen zu Stolpersteinen und zum Karneval stellen möchte… ja dann schreibt man halt noch dazu, dass Allgemeinwissen zur deutschen Kultur auch abgefragt werden kann.
Schaut man sich das Curriculum für Einbürgerungskurse im Anhang 2 der Einbürgerungstestverordnung an, dann kann man eine Idee von dem Umfang der Kenntnisse erhalten. Mal so nebenbei bemerkt: Hat jemand jemals an einer VHS einen Einbürgerungskurs angeboten bekommen?
Aber das Curriculum muss man kritisch hinterfragen. Es muss ja irgendwie die Zeit füllen und auch Menschen erreichen, die vielleicht in autoritären Systemen großgeworden oder schlicht bildungsfern sind. Wie will ich Grundrechte im Grundgesetz bzw. das Grundgesetz selbst als Gegenentwurf zum Nationalsozialismus verständlich machen, wenn der Kursteilnehmer keine Idee von der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft hat? Oder wie kann ich bestimmte Grundrechte näher bringen, wenn der Kursteilnehmer sich nichts darunter vorstellen kann. Bspw. Schutz von Ehe und Familie bedeutet z.B. dass der Staat nicht das Recht hat einfach so Kinder von den Eltern zu trennen oder Ehen gegen den Willen der Betroffenen zu scheiden. Das kann ich leichter vermitteln, wenn ich Eheverbote und Zwangsscheidungen zwischen Juden und Nicht-Juden ab 1936 oder die Verschleppung und Zwangsadoptionen von Kindern aus den besetzten Zonen ins Altreich zum Zwecke „Germanisierung“, als Beispiele anbringen kann.
Also nur weil das Curriculum gewisse Themen anspricht, bedeutet es nicht, dass das Curriculum bzw. der Einbürgerungstest der absolute Maßstab für alternative Nachweise ist.
Und jetzt komme ich mit der Verwaltungsvorschrift:
Zitat:Das Vorliegen staatsbürgerlicher Kenntnisse hat die Staatsangehörigkeitsbehörde festzustellen. [...]
Warum steht da nicht: „Das Vorliegen staatsbürgerlicher Kenntnisse muss der Antragsteller der Staatsangehörigkeitsbehörde nachweisen.“?
Ja der Einbürgerungstest, weist die Kenntnisse nach. D.h. Liegt das Zertifikat vom Einbürgerungstest vor, führt dies praktisch immer zur Feststellung des Vorliegens der Kenntnisse.
Man könnte jetzt natürlich die ultimative Atombombe zünden und nahelegen, dass wenn der Antragsteller behauptet die Kenntnisse zu besitzen, aber die Behörde den Nachweis der Kenntnisse nicht akzeptiert, dann nicht das Fehlen der Kenntnisse aufgrund des Fehlens des Einbürgerungstests festgestellt werden kann, sondern die Behörde den Antragsteller zu einem Gesprächstermin zur Feststellung des Vorhandenseins der Kenntnisse einladen muss. Vergleichbar mit den offensichtlich bestehenden A1-Kenntnissen wo der Ehegatte eines Ausländers bei der Behörde vorsprechen darf um seine Sprachkenntnisse zu demonstrieren.
Und wenn man dann in der mündlichen Verhandlung vorm Richter steht und diesem seine Kenntnisse nachweist, dann führt das dazu, dass es vielleicht zu einer Gerichtsentscheidung kommt, wodurch dann anderen Antragstellern die Möglichkeit freigekämpft wird auf eine Feststellung der Kenntnisse durch die Behörde auch ohne Einbürgerungstest zu bestehen.
Das wollen die doch bestimmt nicht…