Ich halte den Anspruch auf Erteilung einer
AE nach § 28 Abs. 1
AufenthG für gegeben an.
Die Beantragung einer solchen halte ich sogar für zwingend.
@reinhard: Die Empfehlung zu regelmäßigen visafreien Besuchsreisen könnte nämlich früher oder später zu größten Problemen führen. Bei der Passkontrolle könnten wöchentliche Reisen nach Deutschland schnell zu Fragen führen und nach einigen Monaten irgendwann zur Verweigerung der Einreise führen, weil der Bundespolizist annehmen könnte, dass Dvens Mann Deutschland gar nicht visafrei besucht, sondern hier lebt. Wenn Wochendpendeln mit einem mehrwöchigen Urlaub in Deutschland oder sonstwo im Schengen-Raum kombiniert würde, bestünde sogar die Gefahr eines illegalen Aufenthalts, wenn Dvens Mann mehr als 90 Tage innerhalb von 180 Tagen im Schengen-Raum verbringt.
Die besonderen Lebensumstände sollten bei der Beantragung der
AE jedoch offen kommuniziert werden. Dvens Mann arbeitet schließlich in Großbritannien und verbringt dort viel Zeit.
Das Problem ist die Gefahr eines Erlöschen der
AE nach § 51 Abs. 1 Nr. 5, 6 des
AufenthG, weil Dvens Mann in Großbritannien arbeitet.
Er könnte argumentieren, dass die Ausreise nach Großbritannien trotzdem vorübergehender Natur sei, da er wöchentlich an den gemeinsamen Familienwohnsitz in Deutschland zurückkehrt, der das Zentrum seiner Lebensinteressen darstellt.
Es empfiehlt sich eine Argumentation unter Rückgriff auf das deutsche Steuerrecht. Danach ist der Lebensmittelpunkt eines Arbeitnehmers (und auch eines Berufspendlers) dort, wo der Steuerpflichtige mit seinem Ehepartner bzw. seiner Familie zusammenlebt, selbst wenn er deutlich mehr Zeit am Arbeitsort als am gemeinsamen Wohnsitz verbringt.
Ich empfehle zur Lektüre Randnummer 5.2 zu § 8 im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AO) („AEAO“). Danach gilt:
Zitat:Ein Ehegatte/Lebenspartner, der nicht dauernd getrennt lebt, hat seinen Wohnsitz grundsätzlich dort, wo seine Familie lebt (BFH-Urteil vom 6.2.1985, I R 23/82, BStBl II S. 331). Diese Vermutung gilt regelmäßig unabhängig davon, welche räumliche Entfernung zwischen den Ehegatten/Lebenspartnern besteht. Deshalb ist eine inländische Wohnung, die von einem Ehegatten/Lebenspartner gelegentlich zu Wohnzwecken genutzt wird, auch dann ein Wohnsitz, wenn er sich zeitlich überwiegend im Ausland aufhält.
Quelle:
https://ao.bundesfinanzministerium.de/ao/2020/Abgabenordnung/Erster-Teil/Zweiter...Den Mittelpunkt der Lebensinteressen eines Arbeitnehmers definiert das Steuerrecht in R 9.10 Abs. 1 Sätze 4, 5 der Lohnsteuerrichtlinien 2023 („LStR“) folgendermaßen:
Zitat:Der Mittelpunkt der Lebensinteressen befindet sich bei einem verheirateten Arbeitnehmer regelmäßig am tatsächlichen Wohnort seiner Familie. Die Wohnung kann aber nur dann ohne nähere Prüfung berücksichtigt werden, wenn sie der Arbeitnehmer mindestens sechsmal im Kj. aufsucht.
Quelle:
https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2022/0401-0500/455-22.pdf?__blob...Hier könnte der Dvens Mann nicht nur auf analoge Anwendung pochen. Er muss es sogar. Durch das regelmäßige Aufsuchen der gemeinsamen Familienwohnung wird diese automatisch zum Mittelpunkt seiner Lebensinteressen. Er wird dadurch auch in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig, wenn er diese Wohnung mindestens sechsmal pro Jahr aufsucht.
Die Steuerpflicht stellt jedoch ein eigenes Problemfeld dar. Hier greift das deutsch-britische Doppelbesteuerungsabkommen von 1964.
Die für Arbeitnehmer wichtigsten Eckpunkte werden auf haufe.de gut zusammengefasst:
Zitat:Übt der Arbeitnehmer seine Tätigkeit jedoch im Vereinigten Königreich aus, kann der Arbeitslohn im Tätigkeitsstaat Vereinigtes Königreich besteuert werden. In diesem Fall stellt Deutschland den Arbeitslohn von der Besteuerung frei.
Trotz Ausübung der Tätigkeit im Vereinigten Königreich gilt dies jedoch nicht, wenn
- der Arbeitnehmer sich im Vereinigten Königreich insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten, der während des betreffenden Steuerjahres beginnt oder endet, aufhält und
- der Arbeitslohn von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt wird, der nicht im Vereinigten Königreich ansässig ist, und
- der Arbeitslohn nicht von einer Betriebsstätte getragen wird, die der Arbeitgeber im Vereinigten Königreich hat.
Quelle:
https://www.haufe.de/personal/haufe-personal-office-platin/vereinigtes-koenigrei...Dvens Mann müsste prüfen, inwieweit es nach britischem Recht möglich ist, eine doppelte Haushaltsführung mit Wohnkosten und Reisekosten dort steuerlich geltend zu machen.
Die Krankenversicherungssituation halte ich für unproblematisch. Als Arbeitnehmer in Großbritannien kann Dvens Mann Behandlungen, die durch die UK Global Health Insurance Card abgedeckt sind, auch in Deutschland in Anspruch nehmen.
Quelle:
https://en.wikipedia.org/wiki/UK_Global_Health_Insurance_CardAm besten wäre es, bei der
ABH die
AE und die Zustimmung zur Beibehaltung der Tätigkeit in Großbritannien gleichzeitig zu beantragen, und zwar unbedingt schriftlich unter Verweis auf alle relevanten Rechtsnormen.
Meine Erfahrung: wenn die Mitarbeiter der
ABH merken, dass ein Antragsteller die Rechtslage besser kennt als sie selbst, geht vieles sehr viel einfacher.
In jedem Fall gilt: dieser Text ist keine Rechtsberatung. Ich sehe den Fall als fiktives Gedankenspiel an.