Hallo an alle!
Ich möchte hier einmal ein Update zu meinem Fall geben, weil es vielleicht jemandem weiterhelfen kann.
Ort: Marburg
Zuständige
EBH: Regierungspräsidium Gießen
Timeline:
- 14.08.23 Antrag auf Einbürgerung in Marburg abgegeben
- 16.08.23 Die Bestätigung über den Eingang des Antrags vom RP Gießen
- 19.12.23 Bestätigung des Zahlungseingangs
- 04.24-05.24 Unaufgefordertes Nachsenden der Unterlagen
- 27.05.24 Androhung der Untätigkeitsklage per Brief, Fax und E-Mail
- 29.05.24 Anruf vom Beschwerdemanagement RP Gießen
- 03.06.24 Telefonat mit dem Dezernatsleiter
- 01.07.24 Untätigkeitsklage erhoben
- 26.07.24 Einbürgerungsurkunde erstellt und nach Marburg versandt
- 05.09.24 Einbürgerung
- 12.09.24 Erledigungserklärung ans Gericht verschickt
- 27.09.24 Kostenbeschluss und Beendigung des Verfahrens
Gestern habe ich den Brief über die Kostenverteilung und die Beendigung des Verfahrens vom VG bekommen. Nun, wenn alles vorbei ist, möchte ich über meinen Fall berichten.
Ich wollte den Antrag damals so früh wie möglich stellen, da mir die Bearbeitungsprobleme schon lange bekannt waren. Allerdings wurde ich doch sehr überrascht, als mir die nette Frau bei der unteren Behörde Marburg Mitte August 23 gesagt hat, dass ich nun nicht wie auf der Website ausgewiesen 12 Monate, sondern nun 20 Monate warten muss. Am selben Tag habe ich mich über die Möglichkeit einer Klage informiert und beschloss, dass ich im Frühling klagen werde. Dann wurde das neue Einbürgerungsgesetz immer wieder verschoben, weshalb es bei mir dann auch länger gedauert hat. Von August bis April habe ich die Behörde in Ruhe gelassen, da ich zu dieser Zeit sowieso keine doppelte Staatsangehörigkeit bekommen konnte. Ab April habe ich langsam angefangen, die aktuellen Unterlagen nachzureichen. In den ein paar Monaten gab es bei mir auch viele Veränderungen (Umzug, Arbeitsstunden usw.).
Ich habe mich hier ursprünglich an euch gewandt, damit ihr euch den Brief an die
EBH anguckt. Dieser Brief wurde verschickt, und, wie aus der Timeline ersichtlich, hat er nicht so viel gebracht. Zwei Tage später hat mich eine Frau aus dem Beschwerdemanagement kontaktiert. Ich konnte nicht mit ihr sprechen, da sie während meiner Arbeitszeit anrief. Sie hat mir aufs Band gesprochen und bat darum, den Dezernatsleiter anzurufen. Es war tatsächlich recht spannend mit ihm zu reden.
Entgegen meiner Erwartungen war er sehr respektvoll und versuchte mir die Situation seiner Behörde zu schildern. Ich sagte ihm, ich hätte auch sehr viel Respekt den 4! Mitarbeitern gegenüber, die die ganze mittelhessische Region bearbeiten müssen. Ich habe ihm erklärt, dass die Einbürgerung eine wichtige Sache für mich ist und ich würde es sehr gerne vermeiden, mich mit jemandem streiten zu müssen. Unser Gespräch war sehr freundlich. Dennoch habe ich ihm gesagt, dass es nichts persönliches sein wird, wenn ich klagen muss.
Er hatte gefühlt gar nichts dagegen. Am Ende des Gesprächs hatte ich schon fast das Gefühl, dass es ihm lieber wäre, wenn ich klagen würde.
Dies habe ich dann einen Monat später selbständig getan. Ich habe lange überlegt, ob ich einen Anwalt brauche. Ich habe sogar schon mehrere wegen der Kostenvoranschläge kontaktiert. Am Ende bin ich zum Entschluss gekommen, dass ich eher bereit bin 800 Euro zu riskieren als vielleicht 2000 Euro mit Anwaltskosten, falls ich die Klage verlieren sollte. Grundsätzlich habe ich mich schon darauf eingestellt, dass das ganze vielleicht gar nicht funktioniert. Von den Gerichtskosten habe ich mich auch direkt verabschiedet. Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich bei @Aras bedanken, wessen Klageschrift ich als Vorlage für meine K-Schrift benutzen konnte. Bei @vtrmk bedanke ich mich für ein paar lokale Tipps aus seiner Erfahrung.
Meine Klageschrift habe ich dann mehrere Tage überarbeitet und mal einem Jura-Studi gezeigt, damit er einige formale Fehler ausbessern konnte. Dabei habe ich natürlich auch ganz viele ungefragte Tipps bekommen wie: mach's lieber mit einem Anwalt, pass auf, die Prozessführung ist schwieriger als du denkst, es ist alles gar nicht so easy...
Ich habe ein paar Tage an mir gezweifelt und habe die Klage dann doch verschickt.
Einen Monat hatte das RP vom VG bekommen, um die Erwiderung zu verfassen. Anscheinend hat die Behörde parallel schon meinen Antrag bearbeitet, sodass die Erwiderung und die Benachrichtigung über die Ausstellung der Urkunde zeitgleich eingereicht worden sind. Da konnte ich meinem Glück nicht glauben.
Die Kommunikation mit dem Gericht verlief recht einfach. Ich hatte sogar das Gefühl, dass die Richterin mir kleine Tipps gibt wie z.B. dass es sinnvoll wäre, die Klage für erledigt zu erklären, sobald die Einbürgerung erfolgt ist, was ich natürlich schon wusste. Ich habe mit den Richtern nicht gesprochen, hatte aber ein sehr gutes Gefühl die ganze Zeit. Das ist natürlich für die Sache unerheblich. Ich muss aber sagen, dass ich das ganze nicht gerne gemacht habe. Viel lieber wäre es mir natürlich, wenn meine Einbürgerungsurkunde als ein Zeichen der Zugehörigkeit zum Land und Menschen ganz regulär ausgestellt worden wäre. Deshalb war es sehr erleichternd für mich, dass zumindest im Klageprozess alles recht gut und freundlich ablief.
Die Erwiderung des RP Gießen ist sehr lustig. Ich hatte das Gefühl, dass man diese vom ChatGPT schreiben ließ, so viele inkonsistente und aus dem Kontext gerissene Beweise (Berichte der Deutschen Welle
) waren da aufgeführt. Ich kann sie mal später hochladen.
Wie schon erwähnt, habe ich gestern einen Kostenbeschluss bekommen. Das VG hat beschlossen, die Kosten der Behörde aufzuerlegen. Es gibt mehrere Argumente. Ich kann den Beschluss zeigen, falls es Interesse gibt. Es wurde erwähnt, dass die Zeit von 9 Monaten bereits verstrichen ist. Hessen empfindet die 9 Monate ja aus irgendeinem Grund als angemessene Bearbeitungszeit. Dann sagt das VG, dass ich nicht wissen konnte, dass mein Fall nicht bearbeitet werden kann. Ich habe ja jedes Mal nur die automatische Antwort vom RP Gießen bekommen. Das VG hat es als ungenügend eingeschätzt, eine pauschalisierte E-Mail zu verschicken. Im Prinzip hat das VG gesagt, was auch stimmt, dass ich mich mehrmals um Informationen bemüht habe, ja sogar einen Brief mit Androhung der U-Klage verschickt habe, und immer noch keine richtige Antwort auf irgendeine Anfrage bekam.
Gerade freue ich mich einfach sehr, dass es alles vorbei ist.Ehrlich gesagt, war es mir auch langsam egal, wem die Kosten auferlegt werden. Ich habe nur gedacht dass ich keine Lust darauf habe, eine große Antwort auf die Erwiderung des RP Gießen zu verfassen. Diese war so lächerlich und unordentlich, dass ich es dem Gericht zugetraut habe, dies auch selbständig so einzuschätzen. Und wenn das nicht so gewesen wäre, dann hätte ich mich um so mehr darüber amüsiert, dass so ein Schreiben beim Gericht durchgehen kann.
Jedenfalls: vielen Dank an alle, die ihre Erfahrungen und Meinungen hier gepostet haben. Seit der Antragstellung habe ich alles mögliche im Internet erforscht und durchgelesen. Dabei hat dieses Forum auch eine große Rolle gespielt. Wenn ich nicht so gut vorbereitet gewesen wäre, wäre mir die ganze Sache sicherlich viel schwerer gefallen.