So, ich bringe euch Neuigkeiten, und zwar nicht ganz erfreuliche:
Das Verwaltungsgericht Gießen hat beschlossen, dass der Kläger alle Kosten zu tragen hat. Der Beschluss ist zudem unanfechtbar, sodass mein Fall nun definitiv abgeschlossen ist.
M.E. keine faire Entscheidung, da es den Einbürgerungsbehörden in Hessen nun keine Konsequenzen für ihre Untätigkeit gibt - ich persönlich hatte aber die Gerichts- und Anwaltskosten bereits als "Beschleunigungskosten" abgeschrieben und bin mit diesem Beschluss gar nicht überrascht worden. Zudem bin ich auf diese Summe nicht angewiesen, sodass ich mir die Beschleunigung meiner Einbürgerung quasi 'erkaufen' konnte - leider nicht die Realität für viele Antragsteller, die aus finanziellen Gründen von ihrem geltenden Recht keinen Gebrauch machen können.
Der Beschluss lautet:
Zitat:...hat das Verwaltungsgericht Gießen... am 19.08.2024 beschlossen:
Das Verfahren wird eingestellt.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Der Streitwert wird endgültig auf 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden (§ 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
Zunächst ist auszuführen, dass sich die Kostenfolge vorliegend nicht nach § 161 Abs. 3 VwGO bestimmt.
Erledigt sich danach im Rahmen einer Untätigkeitsklage die Hauptsache durch eine Entscheidung des Beklagten, trifft den Beklagten die Kostenlast, wenn der Kläger bei Klageerhebung mit der Bescheidung seines Antrags rechnen durfte. Die Kostenfolge tritt dann nicht ein, wenn der Beklagte einen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung hatte und dem Kläger dieser Grund bekannt war oder bekannt sein musste (vgl. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 161 Rdnr. 37 m.w.N).
Vorliegend hatte der Beklagte einen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung und dieser Grund musste dem Kläger bekannt sein.
Das Gericht hat in seinem Aussetzungsbeschluss vom 04.04.2024 ausgeführt:
"Das Verfahren wird bis zum 7. September 2024 ausgesetzt.
Gründe
Das Verfahren wird gemäß § 75 S. 3 Verwaitungsgerichtsordnung (VwGO) für einen
Zeitraum von neun Monaten ab dem Eingang des Einbürgerungsantrag es bei dem Be
klagten ausgesetzt, da ein zureichender Grund dafür vorliegt, dass der beantragte Ver
waltungsakt auch nach Ablauf der Frist des § 75 S. 2 VwGO noch nicht erlassen worden
ist.
Mit dem Eingang des Antrages des Klägers auf Einbürgerung in den deutschen Staats
verband bei der Einbürgerungsbehörde als der für die
Entgegennahme und Vorbereitung der Entscheidung zuständigen Behörde (vgl. § 2
Abs. 1 des Gesetzes zur Bestimmung der zuständigen Behörde in Staatsangehörig
keitsangelegenheiten <StAngZustBehV> i.V.m. Ziffer 2.2 der Verwaltungsvorschrift über
Staatsangehörigkeitsverfahren <WStaVerf> v. 21.06.2023, StAnz. 2023, 984) lag ein
Antrag i.S.v. § 75 Satz 1 VwGO vor, der den Lauf der Frist des § 75 S. 2 VwGO auslös¬
te.
Für die bisherige Nichtbescheidung des Einbürgerungsantrages liegt ein zureichender
Grund im Sinne des § 75 S. 1 und 3 VwGO vor. Wegen der Prüfung eines zureichenden
Grundes stellt das Gericht in zeitlicher Hinsicht auf den Zeitpunkt ab, in dem der Beklag
ten als der für die Sachentscheidung zuständige Einbürgerungsbeh örde (vgl. § 1 Abs. 1
StAngZustBehV i.V.m. Ziffer 2.1 VVStaVerf) eigene Kenntnis (vgl. dazu: Hess.VGH, Be
sohl. V. 03.08.2023 ~ 5 E 955/23 -) von dem Vorliegen des Einbürgerungsantrages er
langt hat. Das war hier jedenfalls am 07.12.2023 der Fall. Denn unter diesem Datum hat
die Einbürgerungsbehörde dem Kläger schriftlich den dortigen Eingang des Antrages
auf Einbürgerung bestätigt. Von diesem Zeitpunkt ausgehend liegt derzeit noch ein zu
reichender Grund dafür vor, dass über das Begehren des Klägers noch nicht entschie
den worden ist.
Ob ein zureichender Grund vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu entschei
den. Erforderlich ist, dass der in Frage stehende Grund mit der Rechtsordnung Im Ein-
10 K796/24.GI
-3-
klang steht (BVerfG, Beschluss vom 16.01.2017 -1 BvR 2406/16 juris Rn. 9; BVen^vG
Beschluss vom 8.01.2004 - 7 B 58.03 juris Rn. 4).
Das Gericht nimmt für Verwaltungsverfahren wie dem vorliegenden grundsätzlich eine
längere Bearbeitungszeit als die drei-Monatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO an. Denn die
Prüfung eines Antrages auf Einbürgerung erfordert i.d.R. ein umfangreiches Verwal
tungshandeln der Einbürgerungsbehörde unter notwendiger Mitwirkung einer Reihe wei
terer Behörden. Gewichtige sicherheitsrechtliche Belange der Bundesrepublik Deutsch
land gebieten eine sorgfältige Überprüfung der identitätsrelevan ten Personalien mit dem
Ziel einer Richtigkeitsgewähr (BVerwG, Urteil vom 1. September 2011 - 5 C 27.10 -
BVerwGE 140, 311 Rn. 13).
Für dieses umfangreiche Prüfprogramm hält das Gericht eine regelmäßige Bearbei
tungszeit von neun Monaten, beginnend ab dem Eingang des Antrages bei der Einbür
gerungsbehörde für angemessen. Im vorliegenden Verfahren endet diese Bearbeitungs
frist mit ab Ablauf des 07.09.2024.
In tatsächlicher Hinsicht bietet das vorliegende Verfahren keinen Anlass, eine andere
Bearbeitungsfrist anzunehmen. Weder eine - dargelegte - Dringlichkeit der angestreb
ten Sachentscheidung für den Kläger im Licht der Wertentscheidun gen des Grundge
setzes, noch von der Einbürgerungsbehörde vorgetragene Aspekte der individuellen
Prüfung lassen eine Verkürzung bzw. Verlängerung dieser Bearbeitungsfrist angezeigt
erscheinen."
An diesen Ausführungen hält die Berichterstatterin fest.
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG endgültig festgesetzt. Dabei folgt das Gericht der Empfehlung gemäß Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Die vorläufige Festsetzung des Streitwertes wird damit gegenstandslos.
Rechtsmittelbelehrung
Dieser Beschluss ist mit Ausnahme der Streitwertentscheidung unanfechtbar.
...
Meinen Beitrag in diesem Forum belasse ich so für alle künftige Generationen von hessischen Einbürgerungsbewerbern, die den Weg der Untätigkeitsklage in Erwägung ziehen. Für mich hat sich dieser Weg auf jeden Fall gelohnt.