Ich danke erstmal allen, die uns hier im Forum mit ihren Gedanken und auch mit moralischer Unterstützung uns geholfen haben. Natürlich geht es einem aufs Zahnfleisch, wenn es der eigene Fall ist, als wenn es der Fall eines Dritten ist. Bei anderen schreibt es sich leicht, dass man sich doch gedulden möge. Aber sich selber zu gedulden... ohje
Im Forum habe ich so oft empfohlen, Untätigkeitsklage einzureichen, aber es ist immer leichter runter getippt als tatsächlich getan. Darum wollte ich auch mich an meinem eigenen Wort messen lassen aber auch den Lesern etwas in die Hand geben, damit es nicht nur ein abstraktes Konzept bleibt.
Eins vorweg: Wenn man Untätigkeitsklage einreichen will, dann sollte man auch bereit sein, das auch konzentriert durchzuziehen. Ich stelle mir vor, dass bei der Behörde viele Anträge vorliegen und die Antragsteller x-viele Probleme haben. Der eine hat keine gesicherte Identität, der andere ist vorbestraft, der andere kriegt es nicht gebacken irgendwelche Pille Palle Urkunden zu beschaffen, und ein anderer hat einen inkompetenten Anwalt usw. usw..
Nun kommt jemand, und erklärt quasi, dass sein Antrag bitte bevorzugt bearbeitet werden soll. Dann sollte man am Besten keine Probleme mit anschleppen, sondern wenn möglich diese im Vorfeld lösen.
Wir haben die Klage ohne Anwalt eingereicht. Würde ich nun jedem raten, ohne Anwalt das durchzuziehen? Nein. Es gibt genug Fälle, wo die Betroffenen eben keine gerichtlichen oder behördlichen Briefe lesen können und dann hilflos sind und selbst mit anwaltlicher Erklärung es nicht nachvollziehen können. Allein mit
B1 Kenntnissen würde ich es nicht machen, da man rhetorisch überrollt werden könnte. Es ist definitiv kein Geheimwissen, aber man sollte auf Augenhöhe mit der Behörde kommunizieren können. Oder sehr großes Selbstvertrauen in seine Sprachkenntnisse haben
.
Oder man will sich nicht darum kümmern, und der Anwalt soll alles machen. Geht auch. Aber wenn Unterlagen angefordert werden, dann wird der Anwalt den Einbürgerungswilligen die Hausaufgaben machen lassen.
Natürlich gibt es kompetente Anwälte. Ich würde dann aber natürlich einen lokalen Anwalt beauftragen, der auch die Behörde kennt und umgekehrt. Einen Anwalt aus Cottbus würde ich somit nicht beauftragen
. Im Grunde arbeitet der Anwalt ja der Behörde zu, damit die Behörde den Fall beschleunigt abschließen kann.
Man muss zu sich selbst ehrlich sein und seine Fähigkeiten beurteilen. Das wichtigste ist, dass man ohne Anwalt sich wirklich dahinter klemmt und eben auch Geld in die Hand nimmt und entsprechend alle Unterlagen auch beschafft. Wir hatten schon vorher die Übersetzung der Geburtsurkunde. Aber hätten wir keine Übersetzung, dann hätten wir diese auch beschaffen und Geld in die Hand nehmen müssen. Es würde komisch klingen, wenn man mit einer Untätigkeitsklage drängelt, aber es dann bspw. am Geld für Übersetzungen scheitert.
Man sollte im Vorfeld wissen, ob man alle Voraussetzungen erfüllt. Manchmal haben die Einbürgerungswilligen nicht mal die Kenntnis darüber, dass sie als vorbestraft gelten. Macht eine BZR-Abfrage und lässt sie ans lokale Amtsgericht schicken. Reicht das Einkommen aus? Macht eine Berechnung mit nem Bürgergeldrechner. Etc..
Ehrlich gesagt, als die Sachbearbeiterin die Unterlagen nachgefordert hatte und ich eine Woche Zeit dafür hatte, hatte ich nach 2-3 Tagen wirklich Bammel, da ich schon etwas daran zweifelte, ob ich es bis dahin zeitlich schaffe. Zumal ich selber der Sachbearbeiterin sagte, dass ich nur eine Woche brauchen würde. Aber es hat geklappt. Aber ich kenne mich auch selber: Bei einer knappen Frist bin ich selbst motivierter (Gegenteil Anwalt: “Fristen sollen ausgeschöpft werden”
). Wenn ihr nicht wisst, ob ihr die Unterlagen so schnell beschaffen könnt, dann plant vielleicht etwas mehr Zeit.
Man sollte es den Sachbearbeitern auch leicht machen. Ich habe die 60 Seiten beglaubigten(!) Grundbuchauszüge auch nicht kopiert, obwohl mich die Auszüge 40 € gekostet haben. Sollen die Sachbearbeiter die 60 Seiten Grundbuchauszüge tatsächlich mit der Kopie vergleichen, nur damit ich die Originale wieder mitnehmen kann? Zumal ich die Seiten nicht ohne Öffnen der Beglaubigung einfach kopieren konnte. Also wo ich die Originale sowieso nur für die Einbürgerung benötigte, habe ich einfach das Original eingereicht.
Unsere Sachbearbeiterin war stets freundlich und wir konnten auf Augenhöhe mit ihr sprechen. Ich war natürlich vor dem ersten Termin etwas besorgt, dass ich wegen der Klage ggf. in Totalkonfrontation gehen müsste, auch wenn das erste Telefonat sehr freundlich war. Und das 1. Interview für die Loyalitätserklärung hatte mich natürlich etwas aufgelöst, aber da muss man sich eben neu aufstellen. Und wie ihr wisst, hat sich das alles in Wohlgefallen aufgelöst.
Unser Rechtssystem verlangt auch nicht so Schriftsätze, wie ich sie aufgesetzt habe. Jeder der Klagen will, der muss nur zur Rechtsantragsstelle seines zuständigen Verwaltungsgerichts und muss nur sagen: “Ich klage die Stadt/Landkreis X auf Untätigkeit in meinem Einbürgerungsverfahren an, und beantrage, dass die Stadt/der Landkreis mich einbürgert und die Kosten des Verfahrens der Beklagten auferlegt werden.” und legt den Nachweis für die Antragstellung ein. Dafür braucht man keinen Anwalt.
Aber ich würde schon sagen, dass man die Klageschrift so detailliert, wie ich diese formuliert habe, auch formulieren sollte. In einem gutachterlich-ähnlichen Stil habe ich den Einbürgerungsanspruch herausgearbeitet.
Ihr habt selber gemerkt, dass meine Klageschrift nicht perfekt ist. Einmal schreibe ich “Kläger” und einmal schreibe ich “Klägerin”. Einmal hab ich “Bauantrag” geschrieben und nicht “Einbürgerungsantrag” weil ich einen Copy/Paste Fehler gemacht habe.
Meine Vermutung hier ist, dass die Behörde die Klageschrift liest, und wenn man als Kläger nachvollziehbar darlegen kann, dass ein einfacher Fall einer Einbürgerung vorliegt, dann kann die Behörde auch leichter überzeugt werden, dass die Einbürgerung vorgezogen werden soll.
Zumal, wenn ihr einen Anwalt beauftragt, dann würdet ihr es auch merkwürdig finden, wenn der Anwalt nur einen Dreizeiler als Klageschrift einreichen würde
.
Und die Gerichte unterstützen auch die Kläger. Besonders wenn man keinen Anwalt hat, wird das Gericht sich die Mühe machen und auf die richtigen Anträge und Formulierungen hinweisen.
Ihr habt selber meine doch sehr lange Replik gesehen und ggf. sogar gelesen. Hätte ich gewusst, dass das VG Düsseldorf einen strengen Maßstab hat, hätte ich ggf. die Replik nicht geschrieben. Aber ich will ehrlich sein: Die Klageerwiderung hat mich natürlich zum Nachdenken gebracht. Man will natürlich nicht riskieren, dass man verliert oder Kosten entstehen.
Die Replik und dessen Veröffentlichung hier hatte mehrere Ziele:
Ich wollte wissen, in welchem Falle überhaupt Kosten entstehen.
Ich musste wissen ob die Stadt mit ihren Argumenten überzeugen kann oder nicht.
Und auch hier im Forum kann es den Mitforisten helfen, bestimmte Aspekte besser zu verstehen.
Ich denke, dass der aufmerksame durchschnittliche Leser ohne Jura-Studium oder Behördenhintergrund vieles aus meiner Klageschrift und meiner Replik für seinen eigenen Fall mitnehmen kann. Ich habe die Klageschrift extra so gestaltet, dass man seinen eigenen Fall hineinarbeiten kann, wenn man will.
Derzeit habe ich keinen Zugriff auf beck-online, da ich derzeit nicht an der Fernuni Hagen eingeschrieben bin
. Aber für die Klage habe ich mir den 4-wöchigen Testzugang für die Module “Ausländer- und Migrationsrecht PREMIUM” und “Verwaltungsrecht PREMIUM” geholt. Also falls sich jemand fragt, wo man die ganzen Nachweise findet, das ist die Antwort. Aber vorsicht den Testzugang kann man glaub ich alle 2 Jahre beantragen.
Ich habe das Gefühl, dass bspw. die Analyse des Haushaltsplans sehr pedantisch war. Wer liest denn überhaupt diesen Schinken
. Ob ein Anwalt sowas machen würde? Aber offen gesagt hab ich auch die Haushaltspläne anderer Städte angeschaut, und da konnte ich meist nicht den Stellenplan finden. Also da ist der Haushaltsplan der Stadt Krefeld definitiv vorbildlich.
Hätte ich mir die Replik sparen können? Vielleicht. Aber es hat mich innerlich beruhigt.
Ob ich vorher die Untätigkeitsklage per E-Mail oder sonstwie hätte ankündigen sollen, sodass die Behörde eine Chance hatte, den Fall vorzuziehen? Ich weiß es nicht. Kann man es machen? Wahrscheinlich schon. Aber ich habe es nicht gemacht. Darum kann ich es nicht beurteilen. Aber eine Untätigkeitsklage hat den “Vorteil”, dass es tatsächlich dokumentiert, dass ein Antragsstau vorliegt. Und wenn die Stadt genug Klagen am Hals hat, dann muss auch der Kämmerer irgendwann einsehen, dass er mehr Personal einplanen muss.
Es hätte für mich keinen Unterschied gemacht, wenn ich die Gerichtskosten in Höhe von 798 € im Voraus hätte zahlen müssen. Ich hatte das Geld bereits für den Februar eingeplant.
Ich hab es damals nicht in diesem Thread dokumentiert, aber ich hatte im Februar beim Gericht angerufen und gefragt, wann der Brief mit der Kostenvorschuss-Forderung kommt und die Geschäftsstelle erklärte mir, dass die 8. Kammer bei Untätigkeitsklagen in der Regel für Untätigkeitsklagen für Einbürgerungen keinen Kostenvorschuss fordert. Aber bei wem das Geld im Monat knapp ist und nicht weiß, ob das zuständige Gericht einen Kostenvorschuss will oder nicht und es für die Planungssicherheit wissen will, könnte das Geschäftszimmer der zuständigen Kammer anrufen und es herausfinden.
Meine Frau ist im 7. Monat schwanger und mit diesem Verwaltungsvorgang aus dem Weg können wir uns jetzt voll auf die Geburt unserer Kleinen konzentrieren
. Wenn ihr die Klageschrift liest, dann seht ihr dass ich im Punkt 2.b etwas zensiert hatte mit “#PRIVAT”. Dort hatte ich geschrieben, dass meine Frau im 3. Monat schwanger ist.
Im Dezember hätte ich die Klage einreichen können. Aber die Kleine hat uns positiv überrascht und uns etwas aus dem Konzept gebracht
. Darum hab ich die Klage erst im Januar eingereicht. Aber ich würde sagen, dass man, wenn man klagen will, direkt nach den drei Monaten nach Antragstellung auch klagt. Ich sehe keinen großen Sinn darin, wenn bekannt ist, dass die Einbürgerung nach 10-12 Monaten erfolgt, im 10. Monat nach Antragstellung Klage einzureichen. Soviel Stress und ggf. Geld für einen Anwalt, nur um etwas zu erreichen, was man in paar Monaten auch so erreichen wirst. Außer man lebt einem failed state wie bspw. Berlin…
.
Ich möchte nochmal betonen, dass das im Großen und Ganzen meine Einschätzung ist. Vielleicht ist es auch eine sehr romantische Ansicht über die Behördenarbeit.
Sagt mir ruhig eure Meinung zu diesem Beitrag und stellt mir ruhig Fragen.
Im Anhang die frischgebackene Deutsche beim Empfang der Einbürgerungsurkunde.