Errare_humanum_est schrieb am 25.05.2020 um 13:14:25:Gibt es gesetzliche Vorgaben oder allgemeine Richtlinien, ab wie vielen Stunden pro Woche oder Monat eine Tätigkeit ausgeübt werden muss um nicht als "unerheblich" zu gelten?
Nein, das ist bislang reines "case law" und nirgends kodifiziert. Beispiele aus der Rechtsprechung und Praxis:
EuGH (Rs. 139/85 - Kempf), 03.06.1986: 10 – 12 Stunden/Woche
EuGH zu
ARB 1/80 EU-Türkei (C-14/09 Rs. Genc, 04.02.2010): 5,5 Std. proWoche / 175€
netto
LSG BBG (L 14 B 963/06 AS ER): 10 Stunden/Woche
LSG NRW (L 20 B 184/07 AS ER): Minijob 280 €/Monat
VGH Ba-Wü (29.10.12; 11 S 24/12): 5–6 Std/Woche; 180-240 €/Monat
LSG Schleswig-Hst. (11.11.2015, L 6 AS 197/15 B.ER): 8 Std. Std/Woche; 200-300 €/Monat
BSG (B 14 AS 23/10 R, Rn. 18; 19.10.2010) Handwerkshelfer 7,5 Std/Woche, 100 EUR/Monat
Fachl. Hinweise der BA (7.8): Bei 8 Wochenstunden ist i.d.R. von AN-Status auszugehen
Im obigen Fall Genc hat der EuGH weiter ausgeführt (Rn. 27):
Bei der Gesamtbewertung des Arbeitsverhältnisses von Frau Genc sind nicht nur Gesichtspunkte wie die Arbeitszeit und die Höhe der Vergütung zu berücksichtigen, sondern auch solche wie der Anspruch auf bezahlten Urlaub von 28 Tagen, die Geltung von Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Anwendung des Tarifvertrags in der jeweils gültigen Fassung auf den Arbeitsvertrag sowie der Umstand, dass ihr Arbeitsverhältnis mit demselben Unternehmen beinahe vier Jahre bestanden hat.EU-Bürger dürfen in diesem Fall nicht schlechter gestellt werden als türkische Arbeitnehmer, weshalb diese Grundsätze zu übernehmen sind.
Es ist daher eine Einzelfallentscheidung anhand des konkreten Falls vorzunehmen, eine abstrakte gesetzliche Regelung könnte dem auch gar nicht Rechnung tragen.