Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung besteht nicht allein aus der Angemessenheitsprüfung.
Die vier Stufen der Verhältnismäßigkeitsprüfung:
Fraglich ist ob die Forderung nach einer Legalisation der Geburtsurkunde verhältnismäßig ist.
1. Legitimer Zweck.
(Welchen Zweck verfolgt der Staat mit dem Eingriff, ist dessen Zweck legal und ist das gewählte Mittel legal?) Der Staat möchte mit der Geburtsurkunde die Abstammung der Verlobten in Erfahrung bringen. Falls die Verlobten miteinander zu eng verwandt sind, so liegt darin ein absolutes Eheverbot, siehe § 1307 BGB. Die Forderung der Geburtsurkunde ist nicht rechtswidrig und ist auch durch das Gesetz (PStG) gedeckt. Der Eingriff ist legitim.
2. Geeignetheit
Das Mittel ist dann geeignet, wenn der damit verfolgt Zweck überhaupt erreicht oder gefördert werden kann. Durch die legalisierte Geburtsurkunde wird die Abstammung nachgewiesen und ist in der Folge durch die Legalisation im Beweiswert inländischen Urkunden gleich, § 438 ZPO (Beweisvermutung). Die Forderung nach der Legalisation der Geburtsurkunde ist geeignet.
3. Erforderlich
Das gewählte Mittel ist dann erforderlich, wenn es keine mildere Maßnahme gibt, die denselben Erfolg mit gleicher Sicherheit erzielt. Durch die Legalisation wird die Beweisvermutung bestärkt. Eine inhaltliche Überprüfung der Geburtsurkunde findet nicht statt sondern wenn, dann nur eine formale Überprüfung der Geburtsurkunde. Es gibt einen gleichwertigen inländischen Abstammungsnachweis, das Familienbuch der Eltern.
Zitat: 54.2 PStG-VwV
Beweiskraft öffentlicher Urkunden
Öffentliche Urkunden, die aus früheren, nicht mehr fortgeführten Personenstandsbüchern und Personenstandsregistern ausgestellt werden, sind keine Personenstandsurkunden, sie genießen daher nicht die Beweiskraft des § 54 Absatz 2 des Gesetzes. Hierunter fallen z.B. nach dem 31. Dezember 2008 aus einem Familienbuch ausgestellte beglaubigte Abschriften sowie beglaubigte Abschriften von Personenstandseinträgen, die nach Ablauf der standesamtlichen Fortführungsfristen auf Grund archivrechtlicher Vorschriften erteilt werden; dies gilt nicht für die aus dem als Heiratseintrag fortgeführten Familienbuch erteilten Eheurkunden, die den vollen Beweiswert nach § 54 Absatz 2 des Gesetzes besitzen.
Zitat:§ 54 Beweiskraft der Personenstandsregister und -urkunden
(1) Die Beurkundungen in den Personenstandsregistern beweisen Eheschließung, Begründung der Lebenspartnerschaft, Geburt und Tod und die darüber gemachten näheren Angaben sowie die sonstigen Angaben über den Personenstand der Personen, auf die sich der Eintrag bezieht. Hinweise haben diese Beweiskraft nicht.
(2) Die Personenstandsurkunden (§ 55 Abs. 1) haben dieselbe Beweiskraft wie die Beurkundungen in den Personenstandsregistern.
(3) Der Nachweis der Unrichtigkeit der beurkundeten Tatsachen ist zulässig. Der Nachweis der Unrichtigkeit einer Personenstandsurkunde kann auch durch Vorlage einer beglaubigten Abschrift aus dem entsprechenden Personenstandsregister geführt werden.
Wenn das Familienbuch der Eltern vor dem 31.Dezember 2008 erteilt wurde, dann besitzt dieses Familienbuch volle Beweiskraft für personenstandsrechtliche Fragen.
Sollte das Familienbuch also vor diesem Datum erteilt worden sein, so ist diese als vollwertige Urkunde heranzuziehen. Die Forderung nach einer Legalisierung der Geburtsurkunde ist somit nicht erforderlich.
Somit ist die Forderung nach der Legalisation der Geburtsurkunde unverhältnismäßig.
Prüfungspunkt 4 wäre die Angemessenheit gewesen. Aber wir sind schon bei der Erforderlichkeit rausgeflogen...