Das PStG von 1875(65??) gilt ja nicht mehr und hat ja höchstens historischen Wert.
Ich habe jetzt nicht nachgeschaut, bin mir aber sicher, dass der Handkommentar nicht durch den Bundestag oder durch ein zuständiges Ministerium aufgrund besonderer gesetzlicher Ermächtigung erlassen wurde.
Lass uns doch den Begriff Ort aus dem PStG auslegen...
Wortlaut:
Laut Duden:
Zitat:1. a lokalisierbarer, oft auch im Hinblick auf seine Beschaffenheit bestimmbarer Platz [an dem sich jemand, etwas befindet, an dem etwas geschehen ist oder soll]
b im Hinblick auf die Beschaffenheit besondere Stelle, besonderer Platz (innerhalb eines Raumes, eines Gebäudes o. Ä.)
2 a Ortschaft, Stadt o. Ä.
b Gesamtheit der Bewohner eines Ortes
3 (schweizerisch früher) Kanton
Hier beißen sich die Bedeutungen 1a und 2a und geben keine eindeutige Aussage ob jetzt die genaue Adresse oder nur die Ortschaft/Stadt gemeint ist. Wenn jemand bspw. nach seinem Wohnort gefragt wird, so antwortet er nicht mit seiner genauen Adresse sondern nur mit der Ortschaft bzw. Stadt. Genauso auch beim Geburtsort. Somit ist im allgemeinen Sprachgebrauch die Ortschaft/Stadt als Geburtsort gemeint. Der Wortlaut legt somit die Auslegung von Ort iSv Ortschaft bzw. Stadt nahe.
Systematik
Schauen wir uns bspw. § 59 PStG (Geburtsurkunde) an, so soll in der deutschen Geburtsurkunde der Ort und der Tag der Geburt auf der Geburtsurkunde eingetragen werden. In meiner Geburtsurkunde steht geschrieben Leipzig. Nicht die Adresse des Geburtskrankenhauses.Aber auch in der internationalen Praxis ist mit Geburtsort die Ortschaft bzw. Stadt gemeint. Siehe hierzu bspw. die Regelungen zum deutschen Personalausweis bzw. Reisepass.
Gemäß § 36 Abs. 1 S. 2 PStG gilt § 10 PStG für die Nachbeurkundung entsprechend. § 10 Abs. 1 PStG kann nicht entsprechend angewendet werden, jedoch kann § 10 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 PStG entsprechend angewendet werden. Jedoch führt dies zum Zirkelschluss, da ja gerade die Frage nach den nachzuweisenden erforderlichen Angaben (gehört Adresse dazu oder nicht?)
Insofern ergibt die systematische Auslegung des PStG die Tendenz, dass mit Ort die Ortschaft/Stadt gemeint ist.
Historisch:
Da können wir nicht auf den historischen Gesetzgeber von 1875 zurückgreifen, sondern auf den Gesetzgeber von 2009.
BT-Drucks 16/1831
Zitat:Zu § 6 (Aktenführung)
Die Unterlagen zu den Registerdaten (insbesondere Anzei-
gen, Urkunden, Erklärungen) werden in besonderen Akten,
die wie bisher „Sammelakten“ heißen, aufbewahrt. Ange-
sichts des neuen Systems, nur noch die Kerndaten des Perso-
nenstandsfalls zu beurkunden, kommt diesen Akten besonde-
re Bedeutung zu. Zum Beispiel werden – anders als bisher –
im Eheregister nicht mehr die Erklärungen der Eheschließen-
den und der Ausspruch des Standesbeamten beurkundet, son-
dern nur noch das Ergebnis, also die Tatsache der Eheschlie-
ßung. Alles Weitere befindet sich fortan in der Sammelakte.
Zitat:Zu § 6
Zu Absatz 1
In das Geburtenregister werden nach Absatz 1 nur noch die
Kerndaten der Geburt eingetragen; die bisher im Geburtsein-
trag verlautbarten Angaben über den Anzeigenden sind künf-
tig den Sammelakten zu entnehmen (vgl. hierzu Begründung
A. II. 1. b)
Mit dem Anzeigenden sind die in § 18 ff. PStG gemeint. Das Krankenhaus wäre somit der Anzeigende. Die Angaben des Anzeigenden sind aber laut Gesetzesbegründung aber garnicht die Kerndaten zur Geburt und gehören somit auch garnicht ins Geburtsregister.
Fraglich ist auch ob überhaupt ausländische Anzeigenden davon erfasst sind. Das PStG regelt diese Anzeigepflicht nur für Inlandsfälle.
Wenn wir jetzt nochmal auf die systematische Auslegung zurückgreifen, dann fehlt die Anweisung an das Standesamt im § 21 Abs. 1 PStG auch den Anzeigenden zu "rekonstruieren".
Insofern spricht auch eine systematische Auslegung dagegen, dass die genaue Adresse der Auslandsgeburt irgendeine Relevanz besitzen würde.
Teleologische Auslegung:
Ich greife mal bissl weiter, da wir uns jetzt auf das PStG-VwV stürzen, welches kein materielles Gesetz ist.
Zitat: 2
Orts- und Zeitangaben
A 2.1
Ortsangaben
A 2.1.1
Orte sind so einzutragen, dass sie später jederzeit ohne Schwierigkeiten ermittelt werden können.
A 2.1.2
Für Orte im Inland ist die amtliche Gemeindebezeichnung einzutragen. Bei gleichnamigen Gemeinden ist zur näheren Kennzeichnung der Verwaltungsbezirk (Kreis) hinzuzufügen.
A 2.1.3
Für die Eintragung von Orten im Ausland ist die im betreffenden Staat übliche Bezeichnung zu verwenden und, sofern eine nähere Kennzeichnung durch Hinzufügung des Verwaltungsbezirks oder einer geographischen Bezeichnung (z.B. Gebirge, Fluss) nicht ausreicht, daneben der Staat zu vermerken. Ist im Inland eine deutsche Bezeichnung üblich, so ist diese einzutragen; die fremde Bezeichnung kann in Klammern hinzugefügt werden. Gibt es für eine Ortsbezeichnung keine hier gebräuchliche lateinische Schreibweise und ist der Ortsname auch in den vorgelegten urkundlichen Nachweisen nur in anderen als lateinischen Schriftzeichen wiedergegeben, ist der Name so weit wie möglich durch Transliteration wiederzugeben; hierbei sind die Normen der Internationalen Normenorganisation (ISO) anzuwenden. Ist eine Transliteration nicht möglich, so sind Namen und sonstige Wörter nach ihrem Klang und den Lautregeln der deutschen Rechtschreibung (phonetische Umschrift) einzutragen.
A 2.1.4
Haben Orte durch Umbenennung, Zusammenschluss oder Eingliederung eine andere Bezeichnung erhalten und wird bei Eintragungen bei der Angabe des Ereignisortes auf Einträge vor der Umbenennung, dem Zusammenschluss oder der Eingliederung Bezug genommen, ist der zur Zeit des Eintritts des damaligen Personenstandsfalls geltende Name einzutragen; bei Orten im Inland soll, bei anderen Orten kann der neue Name unter Voranstellung des Wortes "jetzt" hinzugefügt werden. Dies gilt entsprechend, wenn die Bezeichnung des Standesamts geändert worden ist.
Der VwV-Geber, welcher mit dem Gesetzgeber identisch ist, hat insofern seinen klaren Willen gezeigt, dass mit Ort die Bezeichnung der Ortschaft bzw. Stadt gemeint ist.
Auf der anderen Seite gilt aber auch:
Zitat:21.4
Weitere Eintragungen
21.4.1
Der Geburtsort des Kindes ist mit Straße und Hausnummer einzutragen oder, falls es diese nicht gibt, mit einer sonstigen amtlichen oder geographischen Bezeichnung oder Beschreibung zu versehen.
Aber jetzt bin ich mal so frei zu behaupten, dass durch das Wort "Weitere" es keine Verpflichtenden Angaben sind, nur für Inlandsfälle gilt oder im Zweifel diese Angaben nicht eingetragen werden sollen. Bspw. kann das Standesamt gem. 21.4.2 PStG-VwV bei Auslandsgeburten keine Eintragung ins chinesische Suchverzeichnis veranlassen.
Und zu guter letzt:
Die PStG-VwV ist kein materielles Gesetz und insofern nicht für den Bürger bzw. für die Gerichte rechtlich bindend. Es kann höchstens dazu dienen den Willen des Gesetzgebers auszuforschen. Insofern hat der Gesetzgeber auch in 21.4.1 die Möglichkeit gegeben, dass die genaue Adresse bei der Geburt bei nicht vorhandenen Angaben nicht eingetragen werden muss.
Natürlich können wir das extrem weit fassen und sagen, dass alle Angaben die es auch in bei inländischen Personenstandsfällen gäbe (Anzeige, Namenserklärung etc.) von den in Ausland geborenen Deutschen verlangt werden könne. Dies könnten aber nur ein Bruchteil der Antragsteller schaffen.
Darum müssen wir dies teleologisch reduzieren um ein brauchbares Ergebnis zu erlangen. Der Gesetzgeber wollte, dass nur die Kerndaten in die Geburtsregister eingetragen werden. Diese Angaben sind für ein funktionierendes und verlässliches Personenstandssystem absolut notwendig. Auf der anderen Seite stehen die Nachweise der Angaben im Geburtsregister im Beurteilungsspielraum der Personenstandsbeamten. Darum ist auch nicht gesetzlich vorgegeben worden, was alles in die Sammelakte zusammengetragen werden soll, da jeder Fall eine Einzelfallprüfung erfordert.
Insofern sind die Angaben zur Adresse der Geburt eher statistisches Beiwerk (vgl. BR-Drucks 616/2/05 S. 10 mit Verweis auf das Bevölkerungsstatistikgesetz) das eigentlich für die statistischen Zählkarten gedacht ist, als tatsächlich personenstandsrechtliche Relevanz zu besitzen. Diese Statistik ist aber nur für Inlandsfälle relevant und eben nicht für Auslandsfälle.
Auch wenn wir den historischen Gesetzgeber von 1875 hinzuziehen so waren die Angaben zur vollständigen Adresse der Geburt auch Mittel zur Erhebung einer Bevölkerungsstatistik. Davon wollte aber der Gesetzgeber von 2009 weg und rein personenstandsrechtlich relevante Register aufbauen.
Somit ist die Angabe der genauen Adresse des Anzeigenden insbesondere für Auslandsgeburten keine Pflichtangabe bei der Nachbeurkundung gem. § 36 PStG.
Mit Ort ist somit allein die Ortschaft bzw. Stadt gemeint.