Mit Rundmail vom 28.1.2015 (siehe unten) hat der Niedersächsische Flüchtlingsrat darüber informiert, dass das Niedersächsische Innenministerium der Auffassung ist, dass die Geltungsdauer einer für einen syrischen Verwandten abgegebenen Verpflichtungserklärung endet, wenn dieser Verwandte nach einer Asylantragstellung als Asylberechtigter oder Flüchtling anerkannt wird und eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 oder § 25 Abs. 2
AufenthG erhalten hat. Dem liegt die Regelung zugrunde, dass eine Verpflichtungserklärung endet, wenn ein Aufenthaltstitel zu einem anderen Aufenthaltszweck erteilt wird.
Das Bundesinnenministerium vertritt allerdings die gegenteilige Auffassung und meint, dass kein Wechsel des Aufenthaltszwecks vorliegt, wenn syrische Flüchtlinge, die im Rahmen eines Landesaufnahmeprogramms aufgrund einer Verpflichtungserklärung hier lebender Verwandter eingereist sind und eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1
AufenthG wegen des Krieges im Heimatland erhalten haben, danach einen Asylantrag stellen, als Flüchtlinge anerkannt werden und dann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 oder § 25 Abs. 2
AufenthG erhalten.
Auch wenn das Niedersächsische Innenministerium die eindeutige Auffassung vertritt, dass bei einer Flüchtlingsanerkennung und Erteilung einer entsprechenden Aufenthaltserlaubnis ein Wechsel des Aufenthaltszwecks vorliegt und somit die Geltungsdauer der Verpflichtungserklärung endet, kann diese Rechtsauffassung nur als fachaufsichtliche Vorgabe für die niedersächsischen Ausländerbehörden gelten. Die Jobcenter unterliegen nicht der Fachaufsicht des Innenministeriums und können daher durchaus anderer Auffassung sein.
Sollten Jobcenter, die einem anerkannten Flüchtling SGB II-Leistungen gewähren, anschließend einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Verpflichtungsgeber geltend machen, kann dagegen Widerspruch erhoben und ggf. gerichtlicher Rechtsschutz beantragt werden.
Das gilt ebenso, wenn ein Jobcenter die Gewährung von SGB II-Leistungen mit der Begründung ablehnt, dass der Verpflichtungsgeber aufgrund der Verpflichtungserklärung für alle Kosten des Aufenthalts aufkommen muss.
Die GGUA Münster hat am 23.1.2015 über die Fluchtliste ein Musterschreiben für Rechtsmittel gegen einen Erstattungsanspruch weitergeleitet. Das in der Anlage beigefügte Musterschreiben hat Rechtsanwältin Judith Herbe aus Paderborn verfasst und kann als Argumentationshilfe verwendet werden.
Argumente ergeben sich auch aus den fachlichen Hinweisen der Bundesagentur für Arbeit zu § 7
SGB II (Stand 20.12.2013). Darin heißt es Seite 14-15 zum Erstattungsanspruch aus einer Verpflichtungserklärung:
„Soweit Kenntnis über eine bestehende Verpflichtungserklärung vorliegt, führt dies nicht zu einem Ausschluss von Leistungen nach dem
SGB II. Es kann sich jedoch aus der Verpflichtungserklärung ein Erstattungsanspruch gegenüber demjenigen ergeben, der die Erklärung abgegeben hat.
Ein Erstattungsanspruch ist nur zu prüfen, wenn ein Anspruch auf Leistungen nach dem
SGB II besteht und der Aufenthaltszweck, für den die Verpflichtungserklärung erteilt wurde, weiterhin Bestand hat. Ob und in welchem Umfang der Anspruch geltend gemacht wird, liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Grundsicherungsstelle. Dabei ist zunächst festzustellen, ob eine wirksame Verpflichtungserklärung nach § 68
AufenthG vorliegt und diese nicht nachträglich entfallen ist (z. B. wegen Änderung des Aufenthaltsgrundes) oder aufgrund der finanziellen Belastbarkeit des Verpflichteten abzuändern wäre. Die Heranziehung darf zu keiner unzumutbaren Belastung führen. Darüber hinaus sind die Umstände, unter denen die Verpflichtungserklärung abgegeben wurde, zu würdigen und es ist zu prüfen, ob eine Heranziehung verhältnismäßig ist.“
Die fachlichen Hinweisen der Bundesagentur für Arbeit sind zu finden unter
http://www.harald-thome.de/media/files/sgb-ii-hinweise/FH-7---20.12.2013.pdf