Zu der in den letzten Wochen und Monaten immer wiederkehrenden Frage hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen und tatsächlichen Möglichkeiten des Sozialleistungsbezugs insbesondere für neu eingereiste ausländische Ehegatten von Deutschen bzw. ausländischen Personensorgeberechtigten von deutschen Kindern hier eine zusammenfassende Darstellung:
Es ist so, dass nach § 7 (1) Satz 2
SGB II für neu eingereiste Ausländer (im Speziellen ausländische Ehegatten von Deutschen bzw. ausländische Personensorgeberechtigte über deutsche Kinder) tatsächlich die ersten 3 Monate ab EINREISE (nicht ab Anmeldung beim Einwohnermeldeamt, Antragstellung usw.!) kein ALG II beansprucht werden kann. Maßgeblich wäre also im schlimmsten Fall, hier das Einreisedatum - ggf durch eidesstattliche Versicherung, Tickets usw. - nachzuweisen.
Für den 3-Monatszeitraum kann aber vom ausländischen Partner/Sorgeberechtigten bei nachgewiesenem Bedarf Sozialhilfe nach dem 3. Kapitel
SGB XII beansprucht werden Die Höhe beider Leistungen ist betragsmäßig identisch. Der Antrag dürfte, wenn er bei der ARGE und nicht beim Sozialamt gestellt wird oder gestellt worden ist allerdings von der ARGE nicht einfach abgelehnt werden, sondern müsste - für den Dreimonatszeitraum - ggf. an das zuständige Sozialamt weitergeleitet werden siehe: § 16 Abs. 1 SGB I. Beim Sozialamt gilt der Antrag gemäß § 16 Abs. 1 SGB I an dem Tag als gestellt, an dem er bei der ARGE eingegangen ist.
Ist der 3-Monatszeitraum vorbei, bekommt der ausländische Ehegatte/Sorgeberechtigte bei nachgewiesenem Bedarf ALG II!!!
Ausdrücklich zu betonen ist gegenüber dem Sozialamt ggf., dass es um Leistungen der Sozialhilfe (Hilfe zum Lebensunterhalt) geht. - Und da § 7 (1) Satz 2
SGB II für neu eingereiste Ausländer einen Leistungsausschluss für die ersten drei Monate bestimmt, bleiben diesen bei nachgewiesenem Bedarf nur die Leistungen der Sozialhilfe, für die sie gemäß § 19 (1) Satz 1
SGB XII leistungsberechtigt wären.
Diverse Sozialämter argumentieren mittlerweile allerdings, dass gemäß §21
SGB XII die Gewährung Hilfe zum Lebensunterhalt für die genannte Fallkonstellation ausscheide, da dem Grunde nach ein Anspruch auf Leistungen nach dem
SGB II bestehe und unterlegen das mit dieser Aussage:
"Dem Grunde nach einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGBII haben auch Ausländer, die dem Leistungsausschluss nach §7 Abs. 1 Satz 2 SGBII unterfallen. Auch sie erhalten gemäß §21 SGBXII keine Leistungen für den Lebensunterhalt. (...)"
Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:
Immerhin haben die Betroffenen ausländischen Ehegatten/Personensorgeberechtigten ausländerrechtlich einen Anspruch auf einen Daueraufenthalt in Deutschland, und zwar grundsätzlich unabhängig davon ob der
LU gesichert ist oder nicht.
Dieser Anspruch leitet sich letztlich aus verfassungsmäßigen Erwägungen (Schutz von Ehe und Familie) her.
Diejenigen, die, sich auf diesen Anspruch berufend bzw. diesen Anspruch realisierend, nach Deutschland einreisen, tun dies nicht, um Sozialleistungen zu beziehen, sondern um eine nach dem
GG geschützte Ehe zu führen bzw. Familie zu gründen. Ihnen wurde von staatlichen Organen deshalb die Einreise ausdrücklich erlaubt.
Von seriöser juristischer Seite wurde mir, ganz diesen Gedanken entsprechend, folgendes für die eigene Beratungstätigkeit empfohlen:
"Den Betroffenen ist zum Widerspruch und zur Klage zu raten. Auf keinen Fall sollte man Ablehnungsbescheide bestandskräftig werden lassen.
Wir argumentieren insofern jedenfalls mit § 23 Abs. 1 S. 3
SGB XII (" Im Übrigen kann Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist."). Das Ermessen kann bei fehlenden anderweitigen Mitteln für Ernährung, Wohnung und Gesundheit unmöglich negativ ausfallen."
Ob, wann und inwieweit Betroffene den Rechtsweg tatsächlich beschreiten wollen, ist und bleibt natürlich immer die Entscheidung jedes Einzelnen.
=schweitzer=