schweitzer
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Das Herz hat Gründe, die der Verstand nicht kennt.
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*** Mecklenburg-Vorpommern Germany
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Beziehung zum Thema Ausländerrecht: Ehegatte von ehem. Ausländer/in
Staatsangehörigkeit: Bundesrepublik Deutschland
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Deine Frage ist immens schwer zu beantworten und entbehrt auch nicht einer gewissen Pikanterie.
Ich lese aus ihr aber eine sehr engagierte und aufrichtige humanitäre Haltung, deshalb möchte ich versuchen, einige Gedanken zu schreiben:
Du postest, dass die Familie der kleinen Rafah als palästinensische Flüchtlinge in Syrien leben.
Ich frage das, weil es bei einem Asylantrag in Deutschland zunächst grundsätzlich um die Prüfung der Kriterien der Flüchtlingseigenschaft bzw. von Abschiebungshindernissen bezogen auf das Land geht, dessen Staatsangehörigkeit man hat bzw. aus dem man ursprünglich geflohen ist.
Syrien hat nun aber offenbar diese Familie als Flüchtlinge aufgenommen oder lässt sie zumindest als solche gewähren. - Wenn das so ist, vovon auszugehen ist, wird man bezogen auf Syrien wohl kaum konkrete, individuelle Verfolgung die vom syrischen Staat oder seinen Strukturen ausgeht belegen können. - Das aber wäre genau die Anforderung an ein erfolgreiches Asylverfahren bezogen auf Syrien.
Diesbezüglich sehe ich letztlich keine Chance.
Man könnte freilich bei der Ausländerbehörde auch allein das Bestehen von Abschiebehindernissen nach Syrien bezogen auf das kleine Mädchen prüfen lassen. - Aber auch hier sind die Hürden sehr hoch und einiges zu beachten.
Das Prüfen von Abschiebehindernissen erfolgt unter Beteiligung des Bundesamtes füpr Migration. Die Prüfung erfolgt zielstaatenbezogen, das heißt - die Situation in Syrien würde bezogen auf die konkret zu erwartende Situation für das Mädchen zu beurteilen sein. - In ihrem Falle würde es also letztlich zuerst um die Frage der Behandelbarkeit der Hepatitis C und im weiteren um die Frage des tatsächlichen Zugangs des Mädchens zu dieser Behandlung gehen.
Würde beides bejaht, gäbe es auch, wenn der Zugang schwieriger und das Gesundheitssystem insgesamt nicht so gut wie in Deutschland wäre, behördlicherseits keine Grundlage für die Annahme von Ausreise- bzw. Abschiebungshindernissen.
Dieses würde letztlich nur bejaht werden, wenn die Kleine im Falle einer Ausreise aus Deutschland quasi sehenden Auges in den Tod geschickt werden würde, also, absehbar wäre, dass die Krankheit in Syrien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich keit aufghrund nicht hinreichend gegebener Behandlungsmöglichkeiten zu einer Lebensbedrohung, zumindest aber zu einer dramatischen Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Mädchens führen würde.
Ob dies bezogen auf Rafah und die Situation in Syrien so angenommen werden kann, vermag ich von hier aus nciht zu beurteilen - ich möchte nur vor zu viel "Hioffnung" warnen.
Nur am Rande sei noch erwähnt, dass selbst, wenn im Falle von Rafah derartige Ausreisehindernisse festgestellt würden, daraus nicht quasi folgerichtig ein Anspruch auf Familiennachzug für die übrigen Familienmitglieder bestünde.
Noch ein letzter Gedanke:
Ggf. wäre es überlegenswert, sich im Rahmen einer Petition an Eure Landesregierung mit dem Ersuchen um eine humanitäre Einzelfallentscheidung zu wenden. - Das wäre aber auch nicht mehr als ein Versuch, an den ich hier auf keinen Fall pauschale Hoffnungen knüpfen möchte.
Soweit ich das bis hierhin beurteilen kann, müsste im Zweifel überlegt werden, ob bzw. wie man das Mädchen un ihre Familie von Deutschland aus unterstützen könnte. Ich weiß, dass das sehr schwer und aufwändig wäre.-
Aber das, was ich hier geschrieben habe, beruht auf fast 19 Jahren teils auch sehr leidvoller Erfahrungen in der Beratung von Flüchtlingen. So schwer es fällt, das sagen zu müssen: Gerade deshalb verbietet es sich für mich, Hoffnungen zu wecken, für die es letztlich kaum eine Basis gibt.
Verzeih mir meine Ehrlichkeit, die jedoch aufrichtig ist. Deshalb stehe ich zu ihr.
=schweitzer=
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