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Rechtsberatung/Rechtsdienstleitungen durch Beratungsstellen (Gelesen: 5.474 mal)
Muleta
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27.05.2008 um 11:18:30
 
In Anbetracht der mehr als eindeutigen Formulierung in :

berater123 schrieb am 27.05.2008 um 10:43:26:
ich arbeite in einer Beratungsstelle für Ausländer. Nun habe ich einen "Klienten", dem vorgeworfen wird,eine Scheinehe zu führen.
...
Nun habe ich geraten, in jedem Fall noch rechtszeitig den verlängerungsantrag auch wegen § 18 zu stellen wegen der fiktionswirkung. Den Antrag sollte er m.e. nur hilfsweise stellen.


ist mir irgendwie die Frage in den Sinn gekommen, wie die Tätigkeit eigentlich mit dem Rechtsberatungsgesetz vereinbar ist. Ich gehe davon aus, dass die nicht-anwaltlichen Berater dort hinsichtlich § 8 RBerG von ihrem Arbeitgeber belehrt und geschult wurden. Nach dem RDG dürfte in Kürze eine Entspannung der Situation eigentlich nur eintreten, wenn die Voraussetzungen § 6 Abs. 2 RDG gegeben sind.

Oder habe ich dort etwas übersehen?!?

Muleta
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trixie
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Antwort #1 - 27.05.2008 um 11:41:06
 
Wie sollte deiner Meinung nach eine Beratung aussehen, damit sie nicht gegen § 8 RBerG verstößt? Eine Beratung ohne rechtliche Hintergrundinformation oder kundtun der persönlichen Meinung dürfte es wohl kaum geben.

Ob man nun sagt, "ich habe ihm geraten" oder "ich würde das so und so machen" dürfte juristisch sicherlich keinen Unterschied machen.

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SigSag
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Antwort #2 - 27.05.2008 um 11:51:28
 
Ausserdem besteht bei solcher Art von Beratung immer eine gewisse Grauzone, die sich nicht vermeiden lässt.
Und was hat denn ein Ratsuchender davon, wenn man ihm nur mitteilt "geh zum Anwalt"?

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Muleta
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Antwort #3 - 27.05.2008 um 12:31:55
 
trixie schrieb am 27.05.2008 um 11:41:06:
Wie sollte deiner Meinung nach eine Beratung aussehen, damit sie nicht gegen § 8 RBerG verstößt?


ist im Kern nicht mein Problem (ich verweise aber mal auf OVG Münster, NJW 2002, 1442). Wenn die Beratungsstelle aber eine klare Empfehlung gibt (und sich damit für Fehlberatungen auch des Haftungsrisikos aussetzt), müsste die Grenze wohl überschritten sein. Das ist in Anbetracht von Beratungen zur Fiktionswirkung und dem damit ggf. erforderlichen Eilrechtsschutz (nach 80 V oder 123 mit schwierigen Abgrenzungsfragen) m.E. bedenklich.

Ich war nur der Ansicht, die Migrationsberater würden diesbzgl. sehr genau wissen, wo ihre Grenzen liegen.

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Antwort #4 - 27.05.2008 um 12:55:03
 
trixie schrieb am 27.05.2008 um 11:41:06:
Wie sollte deiner Meinung nach eine Beratung aussehen, damit sie nicht gegen § 8 RBerG verstößt? 


Diese Frage dürfte dahinstehen können, denn das RBerG wird zum 1.7. ersetzt durch das RDG. Die Straftatbestände fallen weg, wegen früherer Taten gelten § 2 Abs. 2, 3 StGB. Ab dem 1.7. handelt dann ordnungswidrig, wer einer vollziehbaren Anordnung der zuständigen Behörde zuwider Rechtsdienstleistungen erbringt; eine solche Anordnung kann nur ergehen, wenn "begründete Tatsachen die Annahme dauerhaft unqualifizierter Rechtsdienstleistungen zum Nachteil der Rechtsuchenden oder des Rechtsverkehrs rechtfertigen"; das soll u.a. der Fall sein können bei erheblichen Verstößen gegen die Pflicht zur Anleitung durch einen Juristen (§ 6 Abs. 2 RDG). "Anleitung erfordert eine an Umfang und Inhalt der zu erbringenden Rechtsdienstleistungen ausgerichtete Einweisung und Fortbildung sowie eine Mitwirkung bei der Erbringung der Rechtsdienstleistung, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist." (§ 6 Abs. 2 S. 2 RDG). Das Vorliegen der Voraussetzungen im Einzelfall muss derjenige beweisen, der sich auf sie beruft.

Für eine zivilrechtliche Haftung der Beratungsstelle für eine Fehlberatung kommt m.E. allenfalls § 823 II BGB iVm den Vorschriften des RDG in Betracht. Angesichts der Unentgeltlichkeit solcher Beratungen scheint mir die Annahme eines auch nur sekundärem Rechtsbindungswillen nicht realitätsgemäß. S.a. § 675 Abs. 2 BGB.
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Antwort #5 - 27.05.2008 um 12:59:00
 
Muleta schrieb am 27.05.2008 um 11:18:30:
wenn die Voraussetzungen § 6 Abs. 2 RDG gegeben sind.
"Wer unentgeltliche Rechtsdienstleistungen außerhalb familiärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicher Beziehungen erbringt, muss sicherstellen, dass die Rechtsdienstleistung durch eine Person, der die entgeltliche Erbringung dieser Rechtsdienstleistung erlaubt ist, durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt oder unter Anleitung einer solchen Person erfolgt."

Beratungsstellen müssen dann einen Anwalt haben, der zumindest die Beratung anleitet und die rechtliche Beratungsqualität einigermaßen sichert. Wie das finanziell machbar ist, wenn ehrenamtlich gearbeitet wird, dürfte oft unklar sein, notwendig ist es sicher.

Zur Beratungssituation bei jungen Ausländern:
Angemessene Beratung durch Anwälte ist insbesondere für Leute, die nicht lange hier und sprachlich, kulturell noch sehr fremd sind, wegen des anwaltlichen Zeitaufwands (insbes. auch im Asylverfahren) nicht bezahlbar.
Die tatsächliche anwaltliche Beratung ist daher sehr oft oberflächlich schnell, formell, fachlich fehlerhaft und minderwertig.
Haftungsrisiko? absurd...

Beratung findet aber auch in Bereichen "enger persönlicher Beziehungen" statt durch Betreuer (z.B. in Jugendhilfe), die entsprechendes Wissen nur zufällig haben und oft entsprechend falsch beraten, andererseits die wichtigsten Rechte oft durch ihr Engagement durchsetzen. Hier sollte Fortbildung und anwaltliche Unterstützung verpflichtend gemacht werden.

Amtsvormundschaften sind für junge Asylbewerber zugleich Rechtsvertreter, Rechtsberater und ABH-Außenstellen, hier finden oft die merkwürdigsten Beratungen, Entrechtungen und Amtsanmaßungen statt - fast ohne jede Kontrolle.

Beratung an der ABH kenne ich - außer Rückkehrberatung - nicht.
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Antwort #6 - 27.05.2008 um 13:19:56
 
thom schrieb am 27.05.2008 um 12:59:00:
dann einen Anwalt haben,

Nein, es genügt eine Person mit Befähigung zum Richteramt. Über eine Mitteilung im lokalen Blättchen des Richtervereins finden sich manchmal z.B. pensionierte Richter, die unentgeltlich mithelfen. Es war auch ein pensionierter Richter, dem die BVerfG-Entscheidung zu verdanken ist, die einen entscheidenden Nagel zum Sarg des alten NS-RBerG darstellte Smiley. Im übrigen ist die Vs des § 6 Abs. 2 entbehrlich für Beratungsstellen, die unmittelbar oder mittelbar bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts angesiedelt sind. Beispiel, der Rechtsträger des Jesuiten-Flüchtlings-Diensts ist die "Deutsche Provinz der Jesuiten KdöR", eine juristische Person des öff. Rechts. § 6 Abs. 2 RDG findet keine Anwendung. Bei einigen Beratungsstellen kann sich daher auch ein Nachdenken über eine Rechtsformänderung und eine stärkere organisationelle Anbindung an einen der Geldgeber lohnen.

thom schrieb am 27.05.2008 um 12:59:00:
notwendig ist es sicher

Im Interesse der Ratsuchenden ist eine kompetente juristische Begleitung in der Tat notwendig, rechtsdienstleistungsrechtlich sollte man sich aber aus den o.g. Gründen (Bußgelddrohung erst bei Zuwiderhandlung gegen bestandskräftige Verfügung, erhöhte Voraussetzungen für deren Erlass) nicht ins Hemd machen.
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Antwort #7 - 27.05.2008 um 14:12:25
 
thom schrieb am 27.05.2008 um 12:59:00:
Haftungsrisiko? absurd...


meinst Du das aus rechtlichen Gründen oder weil kein Schaden entstehen kann?

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Antwort #8 - 27.05.2008 um 14:38:07
 
Muleta schrieb am 27.05.2008 um 14:12:25:
meinst Du das aus rechtlichen Gründen oder weil kein Schaden entstehen kann? 

wie oft wird im Ausländerrecht ein Anwalt in Haftung genommen?

im Flüchtlingsbereich: wer könnte einen Anwalt (aus legalen Mitteln) für den eigentlich notwendigen Aufwand ausreichend bezahlen?
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Antwort #9 - 27.05.2008 um 15:17:49
 
thom schrieb am 27.05.2008 um 14:38:07:
wie oft wird im Ausländerrecht ein Anwalt in Haftung genommen?


bei mir häufen sich die Anfragen - und die Streitwerte sind nicht ganz uninteressant, so dass mit dem neuen Erfolgshonorar ggf. ein lukrativer Markt entstehen könnte.

Zitat:
im Flüchtlingsbereich: wer könnte einen Anwalt (aus legalen Mitteln) für den eigentlich notwendigen Aufwand ausreichend bezahlen?


das ist in der Tat ein Dilemma - erklärt aber nicht, warum dann auch zu 'normalen' Niederlassungserlaubnissen oder Einbürgerungen beraten wird.

Mal ein Beispiel, ich habe gerade folgenden Fall:

Ausländer beantragt FZF für Ehefrau und vier minderjährige Kinder. LU wohl nur für 3 Nachzügler gesichert, ältestes Kind ist zum Zeitpunkt der Antragstellung 15 Jahre. Parallel stellt er in Verbindung mit einer Migrationsberatungsstelle einen Einbürgerungsantrag (was unproblematisch war). FZF zum (Noch-)Ausländer wird abgelehnt. In dieser Situation kommt er in die Kanzlei, Klage wird erhoben.

Irgendwann wird es terminlich eng und es erfolgt Rückfrage beim Regierungspräsidium nach dem Stand der Einbürgerung. Völlig entgeisterte Rückmeldung von dort: der Ausländer habe seinen Einbürgerungsantrag doch vor Kurzem zurückgenommen. Schließlich kommt heraus, dass das RP die Übergangsregelungen des § 40c StAG übersehen hatte und der Ausländer mit dem allfälligen Anhörungsschreiben zu seiner Migrationsberatung ging. Dort riet man ihm, zur Vermeidung von Gebühren, den EB-Antrag zurück zu nehmen da aussichtslos(!!!), formulierte auch gleich das Rücknahmeschreiben, ließ es unterschreiben und schickte es auch für ihn ab. Der geplante Familiennachzug war dort bekannt.

Die EB ist nach neuer Rechtslage für ihn nicht mehr hinzukriegen. Das Klageverfahren wird wegen fehlendem LU scheitern. Ein Neuantrag bei verbesserten wirtschaftlichen Bedingungen wird zumindest den ältesten Kindern nicht mehr helfen.

In der Tat besteht jetzt die Frage nach einer Haftung - schließlich ist eine gemeinsame Zukunft der Familie in Deutschland ruiniert und auch ein erheblicher materieller Schaden entstanden. Nur so als Beispiel.

Oder anders formuliert: die schlimmsten Fehler werden aus guter Absicht gemacht.

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Antwort #10 - 27.05.2008 um 18:14:42
 
Muleta schrieb am 27.05.2008 um 15:17:49:
In der Tat besteht jetzt die Frage nach einer Haftung - schließlich ist eine gemeinsame Zukunft der Familie in Deutschland ruiniert und auch ein erheblicher materieller Schaden entstanden. 

Nach umstr. Auff. (aber immerhin wohl obiter vor vielen Jahren mal vom BVerwG angenommen) kann man auch eine Rücknahme zurücknehmen. Außerdem: Hat nicht auch die Behörde durch die Versendung eines Anhörungsbogens nach neuem Recht eine Mitschuld? Öff.-rechtl. Schuldverhältnis zwischen ASt und Behörde ggf verletzt, Haftung nach §§ 280, 241 II, 249 BGB analog könnte zu Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand führen...? Nur so ein paar sicher etwas ausgefallenere Ideen von mir, aber doch angesichts der Dimension des Falles vielleicht der Überlegung wert --- ist natürlich völlig unzweifelhaft, dass die Beratungsstelle hier großen Mist gebaut hat.
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Antwort #11 - 27.05.2008 um 20:32:08
 
Muleta schrieb am 27.05.2008 um 15:17:49:
das ist in der Tat ein Dilemma - erklärt aber nicht, warum dann auch zu 'normalen' Niederlassungserlaubnissen oder Einbürgerungen beraten wird.  

das Dilemma bleibt doch bestehen, weil Kosten und Nutzen anwaltlicher Unterstützung fast nie kalkulierbar sind - außer im Nachhinein.
Solange das finanzielle Risiko für die meisten zu groß bleibt, werden eher juristisch angeleitete und geschulte Beratungsformen das Niveau verbessern können.

Wieso hat in Deinem Beispiel der Ausländer die Beratungsstelle überhaupt aufgesucht und ihren Rat befolgt, nachdem er doch die Kanzlei beauftragt hatte - und der Beratungsstelle davon wohl auch nicht berichtet?
Weil er anwaltliche Extrakosten für die Einbürgerungsfrage und die Gebühren scheute, weil er den Zusammenhang der Klage mit der Einbürgerung und den zeitlichen Druck nicht verstanden (= ausreichend verdeutlicht bekommen) hatte.
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Die ärgerlichsten Fehler werden zwar aus guter Absicht gemacht, die schlimmsten aber weiterhin vorsätzlich.
nebenher: das Bessere ist ein Kind, ein Freund, ein Erbe des Guten - Feind nur in Momenten der Durchsetzung
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Antwort #12 - 27.05.2008 um 21:18:25
 
thom schrieb am 27.05.2008 um 20:32:08:
das Dilemma bleibt doch bestehen, weil Kosten und Nutzen anwaltlicher Unterstützung fast nie kalkulierbar sind - außer im Nachhinein.
Solange das finanzielle Risiko für die meisten zu groß bleibt, werden eher juristisch angeleitete und geschulte Beratungsformen das Niveau verbessern können.


Im Flüchtlingsbereich ist professionelle anwaltliche Beratung und Vertretung in der Regel nicht finanzierbar (wobei ich mich schon frage, wovon eigentlich die horrenden Schleuserkosten bezahlt wurden, aber sei's drum... ausgegeben ist auch weg.) Insofern leisten die Beratungsstellen in der Tat einen Beitrag zur Qualitätsverbesserung in Summe - nicht unbedingt im Einzelfall. Dass es darüber hinaus auch haufenweise plan- und ahnungslose Anwälte in dem Feld gibt, die nicht einmal die elementarsten Basics beherrschen, ist auch richtig.

Aber mal bewusst provokativ gefragt: würde man potentiell lebensgefährliche medizinische Behandlungen aus Kostengründen auch angelernten Kräften (z.B. Krankenpflegern oder den in aller Regel hervorragend ausgebildeten Rettungsassistenten) erlauben wollen, die dann noch nicht einmal für etwaige Behandlungsfehler finanziell einstehen müssten oder auch auch nur dagegen versichert wären?

Zitat:
Wieso hat in Deinem Beispiel der Ausländer die Beratungsstelle überhaupt aufgesucht und ihren Rat befolgt, nachdem er doch die Kanzlei beauftragt hatte - und der Beratungsstelle davon wohl auch nicht berichtet?


die EB lief von Beginn an über die Beratungsstelle. Der Rest war wohl in der Tat eine Frage des Geldes - kostenlos ist halt immer billiger.

Zitat:
weil er den Zusammenhang der Klage mit der Einbürgerung und den zeitlichen Druck nicht verstanden (= ausreichend verdeutlicht bekommen) hatte.


er hat vor allem verstanden, dass der EB-Antrag nicht erfolgreich sein wird und ihn nur unnütz Geld kosten würde. Ob er dabei an das FZF-Verfahren gedacht hat, kann dahinstehen. Er sah absolut keinen Sinn darin, das EB-Verfahren fortzuführen, weil er sich auf die Beratung in der Migrationsberatung verlassen hat. Letztlich war es ja auch ein offensichtlicher Beratungsfehler der Einrichtung, die aus Unkenntnis über die Rechtslage zur Rücknahme des EB-Antrages geraten hat.

Unabhängig vom genannten Einzelfall bleibt für mich damit aber die Frage offen, wie sich Migrationsberatungsstellen zu eigenen Fehlern verhalten: Wenn die Ansicht herrschen würde, "Fehler machen macht nichts, denn wir haften nicht dafür", dann wäre das höchst bedenklich. Denn Fehler in diesem Rechtsgebiet können für die betroffenen Ausländer ggf. auch tödlich enden.

Muleta
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Antwort #13 - 28.05.2008 um 16:47:28
 
Wieso wurde die Bevollmächtigung auch für das Einbürgerungsverfahren nicht kostenfrei (statt für wahrscheinlich mindestens 1.000.-) angeboten, wenn doch die Klage ganz an der schnellen Einbürgerung hing und diese an der anscheinend gerne übersehenen Anwendung der Übergangsregelung des § 40c StAG ?

Ein einziger anwaltlicher Brief mit Verweis darauf hätte das Verfahren wohl gesichert.

Ein Anwalt darf von vornherein nicht zulassen, dass in der insgesamt gleichen Sache noch Amateure aktiv sind und den Auftrag ggf. ruinieren. Möglich gewesen wäre ersatzweise auch eine Absprache oder ein Hinweis an die Beratungsstelle, beides wurde fahrlässig verpasst.


Weil vorrangig der Geldbeutel des Betreffenden bestimmt, welche Qualität seine anwaltliche  Beratung und Vertretung hat, müssen aus einfachen demokratischen Grundsätzen heraus Gesetzgeber, Justiz und Verwaltung durch größere Klarheit und Fairness verhindern, dass man ständig und überall und auch noch besonders gute Anwälte braucht, nur um unnötige Nachteile zu vermeiden – oder um sich Extravorteile sichern zu können.

Beratungsstellen, Infomaterial, Internetforen etc. sollten mit möglichst gutem Wissen, Gewissen und Engagement ausgestattet bereits die meisten Probleme lösen können. Und nicht zum lukrativen Markt von Haftungsfällen gehören.
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Antwort #14 - 28.05.2008 um 18:05:59
 
thom schrieb am 28.05.2008 um 16:47:28:
Wieso wurde die Bevollmächtigung auch für das Einbürgerungsverfahren nicht kostenfrei (statt für wahrscheinlich mindestens 1.000.-) angeboten, wenn doch die Klage ganz an der schnellen Einbürgerung hing und diese an der anscheinend gerne übersehenen Anwendung der Übergangsregelung des § 40c StAG ?


§ 4 Abs. 2 RVG schreibt eine hinsichtlich Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko des Rechtsanwalts angemessene Vergütung zwingend vor. Im Übrigen unterliegen Anwälte auch gewissen wirtschaftlichen Zwängen.

§ 43b BRAO verbietet die Werbung mit dem Ziel der Mandatsgewinnung im Einzelfall (auch wenn fraglich ist, ob das hier greifen würde.)

Dass die Anwendung des § 40c übersehen wurde (und zwar vom RP und der Beratungseinrichtung), war nicht vorhersehbar.

Zitat:
Ein einziger anwaltlicher Brief mit Verweis darauf hätte das Verfahren wohl gesichert.


welcher Brief an wen hätte das sichern sollen? Man kann freie Menschen nicht an die Kette legen und daran hindern, Beratungseinrichtungen aufzusuchen, zu denen sie Vertrauen haben und sich kompetent beraten fühlen. Man kann sie auch nicht zwingen, Folgemandate abzuschließen.

Zitat:
Ein Anwalt darf von vornherein nicht zulassen, dass in der insgesamt gleichen Sache noch Amateure aktiv sind und den Auftrag ggf. ruinieren.


s.o. Im Übrigen weise ich mal darauf hin, dass die fehlerhafte Beratung im Hinblick auf die Einbürgerung erfolgte und damit gänzlich in der Verantwortung der Beratungseinrichtung. Dass der damit verbundene Folgeschaden noch mal ganz erheblich geworden ist, macht die objektive Falschberatung hinsichtlich der Einbürgerung nicht gegenstandslos.

Zitat:
Beratungsstellen, Infomaterial, Internetforen etc. sollten mit möglichst gutem Wissen, Gewissen und Engagement ausgestattet bereits die meisten Probleme lösen können. Und nicht zum lukrativen Markt von Haftungsfällen gehören.


Ich fürchte, die Beratungseinrichtungen, die unter dem neuen RBG vermutlich auch noch profitorientierte 'Konkurrenz' bekommen werden (Stichwort: Nebenleistung), werden sich dieser Frage auf Dauer nicht entziehen können. Fehler können passieren - auch Anwälten. Letztere haften aber für diese Fehler und sind zwangsweise versichert.

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