ulf schrieb am 06.11.2006 um 16:46:57:Lt. Zeitungsberichten habe man sich großkoalitionär darauf geeinigt, künftig Grundkenntnisse in Deutsch zur Ehegattennachzugsvoraussetzung zu machen. Das beträfe dann auch frisch Deutschverheiratete?
Gruß, ULF
Hi Ulf, anbei ein bisserl Infos darüber
http://dip.bundestag.de/btp/16/16062.pdf Plenarprotokoll: 16/62
Deutscher Bundestag
Stenografischer Bericht
62. Sitzung
Berlin, Mittwoch, den 8. November 2006
Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin:Frau Kollegin Abgeordnete, ich beantworte Ihre
Frage wie folgt: Bei meinem Gespräch mit dem türkischen
Erziehungsminister Celik in Ankara hat er mir das
Angebot unterbreitet, Vorbereitungskurse in der Türkei
durchzuführen, um insbesondere jungen Frauen, die im
Rahmen des Familiennachzugs nach Deutschland kommen,
die Integration zu erleichtern. Bei den anschließenden
Gesprächen mit Staatsministerin Çubukçu sowohl in
Ankara als auch später in Berlin wurde von deren Seite
mit Nachdruck die Notwendigkeit eines frühen Erwerbs
der deutschen Sprache schon vor Einreise nach Deutschland
betont und der Vorschlag für Vorbereitungskurse erörtert.
Die Durchführung von Vorbereitungskursen in der
Türkei wurde auch bei jüngsten Gesprächen zwischen
Ministerpräsident Erdogan und Bundeskanzlerin Merkel
thematisiert. Bei ihrem Besuch im Bundeskanzleramt
hat Staatsministerin Çubukçu mich darüber informiert,
dass Ministerpräsident Erdogan Erziehungsminister
Celik angewiesen habe, die Vorbereitungskurse auf den
Weg zu bringen. Nähere Details zur Konzeption und
praktischen Ausgestaltung der Kurse wurden in den Gesprächen
mit der türkischen Seite nicht erörtert. Dafür
werden weitere Gespräche erforderlich sein.
Sevim Dagdelen (DIE LINKE):Vielen Dank. – Frau Staatsministerin,
laut Pressemeldungen
der letzten Tage haben sich die Koalitionspartner
darüber geeinigt, dass das Beherrschen der deutschen
Sprache als eine neue Einreisevoraussetzung im Rahmen
des Ehegattennachzugs einzuführen sei. Meines Wissens
wurden diese Meldungen
bis heute nicht dementiert.
Ganz im Gegenteil, vom Kollegen Wiefelspütz von der
SPD-Fraktion wurde das sogar bestätigt. Ich möchte
wissen, ob die Vermutung stimmt, dass das Angebot derartiger
Deutschkurse in der Türkei – wenn dem so ist –
der Rechtfertigung dieser geplanten Neuregelung dienen
soll und ob es bei Ihnen diesbezüglich verfassungsrechtliche
Bedenken gibt; denn in einer Ausarbeitung des
Wissenschaftlichen Dienstes vom 3. April 2006 gibt es
eine Schlussfolgerung – ich zitiere –:
Gegen den Nachweis
von Deutschkenntnissen als generelle Voraussetzung
für den Nachzug von ausländischen Ehegatten zu
ihrem in Deutschland lebenden ausländischen Ehepartner
bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken.
Ich möchte wissen, ob Sie sich diesen Bedenken anschließen
oder ob Sie juristisch begründen können, dass
der Familiennachzug von dem Stand der Sprachkenntnisse
abhängig gemacht werden soll.
Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin:Frau Kollegin, Sie wissen, die Beratungen dauern
derzeit an.
Bei Regelungen, die den Familiennachzug
betreffen, gehe ich davon aus, dass die federführenden
Ministerien die beabsichtigten Regelungen sowohl in europarechtlicher
als auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht
überprüft haben. Wenn es zu solchen Regelungen
kommt, ist davon auszugehen, dass entsprechende Härtefallregelungen
vorgesehen werden.
Im Übrigen darf ich Ihnen sagen, dass es hier von
ganz entscheidender Bedeutung ist, dass wir nicht nur
eine nachholende Integration durchführen, sondern dass
es, gerade wenn es um die Situation der Frauen geht,
darauf ankommen wird, eine vorbereitende Integration
auf den Weg zu bringen. Diese Überlegungen stehen hinter
der derzeit erörterten rechtlichen Regelung. Diese
Überlegungen sind auch tragend für den Vorschlag, den
ich von türkischer Seite erhalten habe. Sowohl der Bildungsminister
als auch die Frauenministerin haben mir
in meinen Gesprächen – es war nicht nur ein Gespräch –
wiederholt gesagt, wie wichtig sie das Beherrschen der
Sprache oder zumindest einfache Sprachkenntnisse halten,
damit der Übergang nach Deutschland besser gelingt.
Deshalb trete ich persönlich nachdrücklich dafür
ein, dass wir eine solche vorbereitende Integration erreichen.
Sevim Dagdelen (DIE LINKE):....Sie sprachen von Härtefallregelungen und Einzelfallprüfungen.
Wie möchten Sie die korrekte Umsetzung Ihres
Vorhabens konkret gewährleisten, obwohl es juristisch
höchst bedenklich ist? Die Bedenken gegenüber
dieser Regelung – der Familiennachzug soll von den
Sprachkenntnissen der Neuzuwanderinnen und Neuzuwanderer
abhängig gemacht werden – werden auch in
einer
Studie des Wissenschaftlichen Dienstes vom
13. März 2006 geäußert und sie werden von vielen Juristinnen
und Juristen geteilt.Dr. Maria Böhmer, Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin:Ihre Frage enthält mehrere Ansatzpunkte. Die Frage
nach der Verfassungsmäßigkeit habe ich eben schon beantwortet.
Ich verweise darauf.
Es besteht ein Zusammenhang zwischen den Integrationskursen
in unserem Land, die durch das Zuwanderungsgesetz
rechtlich geregelt sind, und der neuen Entwicklung,
dass man sich auf den Umzug nach
Deutschland durch den Erwerb von Sprachkenntnissen
vorbereitet: Beides ergänzt sich. Wir haben es hier zum
einen mit den Integrationskursen zu tun, die im Bereich
der nachholenden Integration angesiedelt sind. Hinzu
kommt der Ansatz der vorbereitenden Integration.
Ich glaube, dass es für all diejenigen, die in unser
Land kommen, außerordentlich hilfreich sein wird, erste
Sprachkenntnisse schon zu besitzen; denn dann gelingt
es viel leichter, den Spracherwerb hier in Deutschland
fortzusetzen. Gerade für Frauen bedeutet das, dass sie
sich hier sehr viel schneller integrieren können. Wir alle
miteinander wissen, dass dies gerade für Frauen von
höchster Bedeutung ist, damit sie zu einer gleichberechtigten
Teilhabe in unserem Land kommen können.