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Ausländerrecht >> Ehe und Familie >> Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch https://www.info4alien.de/cgi-bin/forum/YaBB.cgi?num=1749034114 Beitrag begonnen von kaltesklaresWasser am 04.06.2025 um 12:48:34 |
Titel: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von kaltesklaresWasser am 04.06.2025 um 12:48:34
Ich befinde mich derzeit in Deutschland mit einer Aufenthaltserlaubnis zur Familienzusammenführung mit einem in Deutschland lebenden EU-Bürger und bin in einer sehr schwierigen Situation, in der ich aufgrund seines jahrelangen Alkoholmissbrauchs eine Trennung von meinem Ehepartner in Betracht ziehe. Aufgrund der Besonderheiten meiner Situation bin ich mir unsicher, wie ich in Bezug auf meine Aufenthaltsgenehmigung vorgehen soll. Ich habe frühere Beiträge gelesen, die zwar in gewisser Weise mit meiner Situation zu tun haben, aber nicht genau meiner Situation entsprechen.
Wichtige Infos zu meiner Situation: - Staatsbürgerschaft: Ich habe nur die US-Staatsbürgerschaft. Mein Ehemann hat die EU-Staatsbürgerschaft (nicht deutsch). - Qualifikationen (akademisch/beruflich/sprachlich): Ich habe einen ausländischen Abschluss in Sozialarbeit, der in Deutschland vollständig anerkannt ist, und habe die entsprechende berufliche Anerkennung. Ich spreche Deutsch auf C1-Niveau. - Arbeit/Einkommen und Finanzen: Ich bin derzeit in meinem Beruf als pädagogische Fachkraft tätig und verdiene genug Geld (auch wenn nicht viel), um mich selbst zu versorgen. Mein Mann ist derzeit derjenige mit Ersparnissen. - Ehe: verheiratet seit 2023 – wir sind seit knapp 2 Jahren verheiratet, aber seit etwa 7 Jahren in einer Beziehung. - Aktuelle Aufenthaltserlaubnis: Familienzusammenführung (Ehegatte eines EU-Bürgers) – Aufenthaltsgenehmigung ausgestellt 2023, zunächst gültig für 5 Jahre, danach kann ich meines Wissens eine Niederlassungsgenehmigung beantragen. - Problem: Mein Ehemann ist Alkoholiker und weigert sich, sich behandeln zu lassen. Das übermäßige Trinken begann schon lange vor unserer Heirat, aber es hat sich immer weiter verschlimmert, bis zu einem Punkt, an dem ich um meine Sicherheit und mein Wohlergehen sowie um seine extrem besorgt bin. Er weiß, dass sein übermäßiges Trinken mich belastet, und verspricht seit Jahren, weniger zu trinken, weigert sich aber, sich in therapeutische Behandlung zu begeben. Er hat einen akademischen Beruf und ist äußerst leistungsfähig bei der Arbeit, und Menschen, die ihn nicht gut kennen, wissen nicht, dass er ein Alkoholproblem hat. - Weitere Details: Keine körperliche Gewalt. Es gibt aber verbale Gewalt, eindeutige emotionale Gewalt/Manipulation, und er wird sehr wütend, einschüchternd und unberechenbar, wenn er trinkt oder wenn er denkt, dass ich versuche, ihn vom Trinken abzuhalten, sodass ich Angst davor habe, was er tun könnte, und ich habe begonnen, andere zu bitten, bereit zu sein, im Notfall einzugreifen, usw. Bisher weigert er sich, eine Entziehungskur/Reha zu machen oder sich Hilfe zu suchen, als ich und sogar die Rettungskräfte ihn dazu ermutigten (siehe unten). Er schwört, dass er mir niemals körperlich wehtun würde, aber ich fühle mich heutzutage so unwohl und vertraue ihm so wenig, dass ich angefangen habe, echte Angst zu empfinden, und das beeinträchtigt seit langer Zeit mein psychisches und physisches Wohlbefinden. - Abgesehen von seinem übermäßigen Alkoholkonsum kann er ein freundlicher, liebevoller und ausgeglichener Mensch sein. Aufenthaltsgenehmigung: Ich bin mit § 31 Eigenständiges Aufenthaltsrecht der Ehegatten aus dem deutschen Gesetzbuch vertraut. Da wir seit weniger als drei Jahren verheiratet sind, müsste ich mich für das eigenständige Aufenthaltsrecht nach der „Härtefallregelung“ qualifizieren. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich aufgrund meiner Situation berechtigt bin, im Rahmen dieser Sonderregelung in Deutschland zu bleiben. Wie oben erwähnt, habe ich (bisher) keine körperliche Gewalt erlebt, aber ich habe jahrelange „Dokumentation“ (größtenteils schriftlich) und kann bei Bedarf Zeugnisse von deutschsprachigen Freunden einholen, die die Situation gut kennen. Außerdem musste ich letztes Jahr den Krankenwagen rufen, als er wegen seines Alkoholkonsums ohnmächtig wurde (3,0 Promille Blutalkoholkonzentration...), und aus Sorge um meine Sicherheit haben die Rettungskräfte die Polizei gerufen, aber er wurde weder verhaftet noch angeklagt oder aus der Wohnung entfernt, sondern erhielt nur eine Verwarnung, sodass ich nicht glaube, dass dies einen Eintrag in seinem Führungszeugnis zur Folge gehabt hätte. Ich verstehe, dass ich möglicherweise Anspruch auf andere Aufenthaltsgenehmigungen habe, aber ich würde es sehr bevorzugen, wenn möglich die Flexibilität und Stabilität der Familienzusammenführungsgenehmigung beizubehalten, was meiner Meinung nach unter den Umständen der Härtefallregelung möglich wäre. Außerdem lebe ich sehr gerne in Deutschland, fühle mich hier integriert (und kann das auch nachweisen) und möchte gerne hier bleiben, aber nach Jahren dieser Situation kann ich mich nicht mehr länger gefangen, ängstlich und überfordert in meiner Ehe fühlen. Für alle Infos oder Einblicke von euch wäre ich sehr dankbar, insbesondere von denen, die in der Ausländerbehörde oder in thematisch verwandten Organisationen arbeiten oder die dieses Verfahren persönlich erlebt haben. Vielen Dank! |
Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von Puncherfaust am 04.06.2025 um 13:57:40
Ich kenne da jetzt keinen Vergleichsfall aus persönlicher Erfahrung, aber kann ja zumindest mal versuchen den § 31 Abs. 2 etwas auszulegen.
Demnach wäre ja von den drei Jahren der ehelichen Lebensgemeinschaft im Inland abzusehen, wenn dies aufgrund einer besonderen Härte erforderlich ist. Dies ist z.B. der Fall wenn wegen der Beeinträchtigung der schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist, was insbesondere anzunehmen ist, wenn der ausländische Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt ist. Du sagst, dass du noch kein Opfer körperlicher Gewalt worden bist, aber das grenzt den Begriff der häuslichen Gewalt ja auch nur sehr eng ein. Die Polizei NRW schreibt auf ihrer Homepage z.B. https://polizei.nrw/artikel/lagebild-haeusliche-gewalt Zitat:
Das was du beschreibst würde zumindest ich eindeutig unter psychischer Gewalt subsumieren. Psychische Gewalt ist natürlich nicht so eindeutig definiert wie körperliche Gewalt, gerade auch weil es viel viel viel mehr Formen von psychischer Gewalt gibt, aber du hast bereits ein großen Pluspunkt: Dokumentation. Allein dass du jahrelang Vorfälle dokumentiert hast, Zeugenaussagen liefern könntest und es auch bereits einen medizinischen bzw. polizeilichen Vorfall gegeben hat, sprechen für dich. Die Polizei hat vllt. kein Verfahren eröffnet, aber ein polizeilicher Bericht könnte dennoch vorliegen. Das heißt die ABH könnte die Polizei um Auskunft ersuchen. Erfahrungsgemäß ist gerade eine ordentliche Dokumentation der Knackpunkt bei vielen solchen Dingen. Wenn alles nur auf Behauptungen beruht, auf irgendwelche mündlichen kurzen Angaben, da kann man als Behörde wenig geben. Aber wenn eine jahrelange Dokumentation vorliegt, sieht das ganz anders aus. Dann müsste die Behörde eben auch diese Dokumentation entkräften, wenn sie eine negative Entscheidung treffen will. Und hier haben wir dann zum einem den Punkt, dass du offensichtlich sehr gut integriert bist, eine solche Prüfung tendenziell also eher wohlwollend ausfallen könnte und auf der anderen Seite eben das selbe Problem nur andersherum haben: Psychische Gewalt ist weitgefächert. Es ist schwierig zu behaupten, dass deine Erfahrung irgendwie falsch wäre o.ä., denn die Erfahrung ist vor allem subjektiv. Ich habe hier noch ein paar Urteile gefunden, die denke ich das alles noch weiter bekräftigen: OVG Berlin, Beschluss vom 19.11.2002 (8 S 240/02 Zitat:
Bezugnehmend darauf, dass keine körperliche Gewalt stattgefunden hat. Dass Gewalt stattgefunden hat sollte anhand deiner Dokumentation hinreichend glaubhaft gemacht werden können. Es kommt dann darüber hinaus nicht darauf an diese als "besonders gewalttätig" o.ä. zu werten. Heißt die Wertungsmöglichkeit der Behörde ist (zu deinem Gunsten) eingeschränkt. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.12.2011 - 18 A 2651/11 Zitat:
Du beschreibst ja, dass sich die Art deines Mannes durch die Sucht verändert und dadurch eben Gewaltsituationen entstehen. Du solltest also vor allem auf die Situationen abstellen, die aufgrund der Alkoholsucht entstehen. Es gibt weitere Urteile, die entschieden haben, dass z.B. bloße gelegentliche Ehestreitigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten eben kein solcher Grund sind. Aber deine Situation geht ja darüber hinaus. Ich denke, dein Antrag hätte gute Chancen auf eine positive Entscheidung. |
Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von Maennlich am 04.06.2025 um 14:43:49
@kaltesklaresWasser
Es kommt auf die Auslegung deiner ALB an. Ist die ALB stur, dann so: Der Grund für AT ist weggefallen, wir fordern Sie zur Ausreise binnen X Tagen auf. Period! Eine solche knallharte ALB ist z.Bsp in Gelnhausen im Main-Kinzig Kreis. In dem mir bekannten Fall half auch ein Anwalt nicht. Die nicht-EU Bürgerin hatte trotz bester Integration (fließend Deutsch, festes gutes Geld, Wohnung, Auto usw) das Land zu verlassen. Die Ehe mit einem Deutschen war ein Jahr vor Ende des AT beendet gewesen. Ihr Arbeitgeber hielt zu ihr und verhalf ihr zu neuer Einreise mit Arbeitsvisum. 6 Monate nach Ausreise reiste sie wieder ein, die ALB war "zufrieden", weil nun der Paragraph passte ::) |
Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von lottchen am 04.06.2025 um 16:07:20
Der Ehemann ist kein Deutscher! Du hast eine Aufenthaltskarte aufgrund der Ehe mit einem EU-Bürger, korrekt? Dein Aufenthaltsrecht beruht auf dem Freizügigkeitsrecht und das AufenthG ist für Dich nicht anzuwenden. Daher sind die sonst wichtigen 3 Jahre gelebte Ehe auch ohne Bedeutung. Auch eine Trennung wäre für Dein Aufenthaltsrecht nicht von Belang, die Scheidung wäre es allerdings schon.
Hast Du keine Chance auf einen gut bezahlten Job und damit auf eine Blue Card? Das wäre die einfachste Möglichkeit unabhängig von Deinem Mann hier bleiben zu können. |
Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von Petersburger am 04.06.2025 um 16:13:19
Damit das Ganze hier nicht durch Missverständnisse zusätzlich verwirrt wird:
Entgegen den klar formulierten Worten der TS besitzt diese überhaupt keinen Aufenthaltstitel oder irgendeine ausländerrechtliche Genehmigung zum Aufenthalt in Deutschland, sondern genießt die von ihrem Ehepartner abgeleitete EU-Freizügigkeit. Ihr Aufenthalt ist daher kraft Gesetzes rechtmäßig, die für fünf Jahre ausgestellte Aufenthaltskarte bestätigt dieses Recht lediglich. kaltesklaresWasser schrieb am 04.06.2025 um 12:48:34:
Nein, kannst Du nicht, ohne den oben genannten Aufenthaltsstatus zu ändern. kaltesklaresWasser schrieb am 04.06.2025 um 12:48:34:
Auch das ist unmöglich. Denn Du hast keine Genehmigung, sondern eine Bescheinigung. Und die komplette Flexibilität und Stabilität Deines gegenwärtigen Status kannst Du unmöglich behalten, ohne weiterhin Ehepartnerin eines EU-Bürgers oder selbst EU-Bürgerin zu sein. Natürlich kannst Du Dich an Deine zuständige ABH wenden und beraten lassen. Du darfst dabei aber nicht vergessen, dass Dein gegenwärtiger Status Dich dem Buchstaben nach aus dem Anwendungsbereich des AufenthG ausschließt, Dir also gar kein AT ausgestellt werden darf, solange Du abgeleitet freizügig bist. Daher: Beraten lassen, damit nicht irgend etwas falsch läuft, was dann zusätzliche Probleme für Dich hervorruft. Puncherfaust schrieb am 04.06.2025 um 13:57:40:
Ich auch - wenn denn alles von Anfang an richtig gemacht wird. Aber nicht einfach loslaufen und einen Antrag stellen, denn der müsste formal abgelehnt werden. Und auch nicht einfach so die Trennung vollziehen, wenn das Ganze nicht plötzlich eskaliert. Das könnte im schlimmsten Fall bedeuten, dass Dein Aufenthaltsrecht erlischt, im Unterschied zu einer Genehmigung (die erst durch Verwaltungsakt verkürzt werden müsste) aber sofort. @alle anderen Bitte keine Vergleiche, die bereits im Ansatz falsch sind, weil die rechtlichen Voraussetzungen völlig andere sind. |
Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von Petersburger am 04.06.2025 um 16:15:44 lottchen schrieb am 04.06.2025 um 16:07:20:
Sind sie schon. Denn wenn eine Lösung im Aufenthaltsrecht gefunden werden soll, wo es um eine analoge Anwendung auf den vorliegenden Fall geht, dann wird auch diese Frage analog betrachtet. |
Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von kaltesklaresWasser am 04.06.2025 um 17:18:02
@Petersburger
Ah, das ändert alles! Vielen vielen Dank für die Klarstellung. Ich habe es als Aufenthaltstitel bezeichnet, weil es so von meiner Ausländerbehörde immer bezeichnet wurde. Ich habe sogar alle meine Unterlagen und die gesamte Kommunikation mit meiner Ausländerbehörde überprüft, und das ist der einzige Begriff, den sie mir gegenüber verwendet haben... Aber wenn ich mir jetzt meine Aufenthaltskarte anschaue, steht dort: „Art des Titels: EU-FAMILIEN-ANGEHÖRIGER ART 10 RL 2004/38/3G“ und unter Anmerkungen: „5 ABS.1 FREIZÜGG/EU“. Jetzt verstehe ich, glaube ich – Bescheinigung/EU-Freizügigkeit vs. Aufenthaltsgenehmigung. Ich habe jetzt § 5 im Gesetzbuch nachgeschlagen und wenn ich das nun richtig verstehe, würde ich meine Aufenthaltsgenehmigung verlieren, wenn wir uns innerhalb dieser ersten fünf Jahre scheiden lassen. Zur Bestätigung: Ist es richtig, dass die oben erwähnte Härtefallregelung hier nicht gilt, ich würde einfach die Bescheinigung verlieren, die mir den Aufenthalt hier „erlaubt“, und müsste eine normale deutsche Aufenthaltserlaubnis beantragen? Kannst du bitte auch deine Aussage zum Thema Niederlassungserlaubnis näher erläutern? Meinst du damit, dass ich, wenn ich mit dem oben genannten Status im Zusammenhang mit der EU-Freizügigkeit, der auf meiner Aufenthaltskarte vermerkt ist, in DE bleibe, niemals Anspruch auf eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung habe und zunächst zu einem deutschen Aufenthaltstitel wechseln muss, um schließlich Anspruch auf eine Niederlassungserlaubnis zu haben? Ich sehe Folgendes im Gesetz: "(1) Freizügigkeitsberechtigten Familienangehörigen, die nicht Unionsbürger sind, wird von Amts wegen innerhalb von sechs Monaten, nachdem sie die erforderlichen Angaben gemacht haben, eine Aufenthaltskarte für Familienangehörige von Unionsbürgern ausgestellt, die fünf Jahre gültig sein soll. Eine Bescheinigung darüber, dass die erforderlichen Angaben gemacht worden sind, erhält der Familienangehörige unverzüglich." Mir ist also unklar, was nach diesen fünf Jahren passieren würde. Vielen Dank für deine Hilfe und die Klarstellung/Korrektur. |
Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von kaltesklaresWasser am 04.06.2025 um 17:22:01
@lottchen
Danke, dass du auch auf das Thema der EU-Genehmigung hingewiesen hast. Leider werde ich als Sozialarbeiterin niemals einen gut bezahlten Job oder eine Blue Card bekommen (und ich liebe meine Arbeit so sehr, dass ich in diesem Bereich bleiben möchte). Wäre aber schön :) Seit meiner Ankunft in DE hat es viele Änderungen bei den Aufenthaltsgenehmigungen und verwandten Möglichkeiten gegeben, daher werde ich mir die aktuellen Optionen ansehen. |
Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von Puncherfaust am 04.06.2025 um 17:32:58
Petersburger hat völlig Recht, ist natürlich ein Freizügigkeitsrechtsfall.
§ 3 Abs. 4 FreizügG ist dem § 31 AufenthG aber relativ ähnlich. Mein vorheriger Beitrag gilt daher in den wichtigen Punkten weiterhin. Nach Scheidung oder Aufhebung der Ehe (nicht Aufhebung der Lebensgemeinschaft!) würde dein Aufenthaltsrecht weiterbestehen, wenn du die für Unionsbürger geltenden Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1-3 und Nr. 5 erfüllst (was du als Arbeitnehmerin tust) und eine der vier im § 3 Abs. 4 Gründe erfüllst. Darunter dann auch die Härteregelung, die es auch im § 31 Abs. 2 AufenthG gibt. Aber hierzu ganz wichtig: § 31 Abs. 1 AufenthG und § 3 Abs. 4 FreizügG unterscheiden sich in einem für dich wichtigen Punkt. § 31 schreibt von einer "Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft", also der Trennung, aber eben noch nicht die Scheidung. § 3 Abs. 4 schreibt von Scheidung oder Aufhebung der Ehe, also rechtskräftiger Beendigung der Ehe, eben durch Scheidung oder (anderes Wort) Annulierung. Bei einer Trennung selber, besteht das Freizügigkeitsrecht weiter. Siehe auch BVerwG vom 28.03.2019 - 1 C 9/18: Zitat:
Also: Solltet ihr euch trennen dann hast du weiterhin ein abgeleitetes Freizügigkeitsrecht. Sollte es dann irgendwann zu einer Scheidung kommen, gelten die Regelungen des § 3 Abs. 4 FreizügG. Bei denen ich jetzt mal anhand deiner Schilderungen behaupten würde, dass du hier begünstigt wärst. Meiner Einschätzung nach brauchst du also wenig befürchten. Der Vorschlag der Beratung ist bei so einer Konstellation natürlich trotzdem ein guter. |
Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von Petersburger am 04.06.2025 um 18:47:44 kaltesklaresWasser schrieb am 04.06.2025 um 17:18:02:
Falsch formuliert, also auch falsch verstanden: Wenn Du Dein vom Ehepartner abgeleitetes Freizügigkeitsrecht verlierst, verlierst Du Dein Aufenthaltsrecht. Die "Bescheinigung", hier die Aufenthaltskarte, "erlaubt" nichts. Sie bescheinigt nur. kaltesklaresWasser schrieb am 04.06.2025 um 17:18:02:
Du darfst mich da auch gern als Wortklauber, Erbsenzähler oder was auch immer bezeichnen, aber eine NE ist eine NE und nichts anderes, ist ein AT, den ein freizügiger Drittstaater mangels Anwendbarkeit des AufenthG niemals bekommen kann. Ein dauerhaftes, vom EU-Ehegatten unabhängiges Aufenthaltsrecht ist etwas anderes. Das gibt es, aber es ist eben keine Niederlassungserlaubnis. Lies doch einfach mal im FreizügG/EU den § 4a und § 5 Abs. 5 Und schau auch auf die von Puncherfaust genannten Textstellen. |
Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von lottchen am 04.06.2025 um 19:17:39
Würde Dein Mann im Falle einer Trennung/Scheidung in D bleiben? Wäre auch nicht ganz unwichtig.
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Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von Petersburger am 04.06.2025 um 22:00:44
Ich habe mir die Frage auch gestellt. Dann aber nochmal gelesen:
kaltesklaresWasser schrieb am 04.06.2025 um 12:48:34:
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Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von Andreas782 am 05.06.2025 um 08:31:14
Mal als Zwischeneinwurf aus einer ABH:
Das: Puncherfaust schrieb am 04.06.2025 um 17:32:58:
Ist in meinen Augen vollkommen richtig. Bleibt ihr verheiratet und lebt beide weiterhin in Deutschland, sind auch getrennte Wohnsitze möglich. Meiner Meinung nach entsteht dennoch nach dem fünfjährigen rechtmäßig gewöhnlichen Aufenthalt ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU. Insbesondere dürfte die Ausländerbehörde wohl nicht von der Ermächtigungsgrundlage des § 2 Abs 4 S. 1 und 2 FreizügG/EU Gebrauch machen, da nach den von dir @ kaltesklaresWasser bereitgestellten Informationen gerade nicht von einer Scheinehe ausgegangen werden kann. Und noch ein Tipp aus der Sicht der ABH: Spiel bitte immer fair und mit offenen Karten der Behörde gegenüber, nicht dass du Gefahr läufst, dass sich deine jetzige (oder vielleicht auch neue) Ausländerbehörde verar... vorkommt. Das führt erfahrungsgemäß zu vermeidbarem Stress. :) Gruß |
Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von kaltesklaresWasser am 06.06.2025 um 10:09:28
@Puncherfaust
Das und dein erster Beitrag sind enorm hilfreich, herzlichen Dank (ich schätze auch die Links und Zitate sehr). Ich habe sie gelesen und mir Notizen gemacht. Die Unterscheidung in den Gesetzen zwischen Trennung und Scheidung ist erleichternd zu hören – Trennung erscheint mir jetzt viel eher möglich, und es klingt so, als könnte ich unter Berücksichtigung der Einzelheiten meiner Situation, wie du sie erwähnt hast, meinen Aufenthaltsrecht behalten, auch bei einer Scheidung, falls wir letztendlich diesen Weg einschlagen (was nicht in der nähen Zukunft passieren würde, aber trotzdem gut, die richtigen Infos darüber zu haben). Anmerkung: Die Ausländerbehörde hatte mir informiert, dass ich sie benachrichtigen muss, wenn wir uns trennen (nicht nur scheiden), was ich jetzt als falsch verstehe. Ich mache mir nun Sorgen, dass die Beamten, die Situation nicht aus der richtigen rechtlichen Perspektive betrachtet haben... Bedeutet das auch, dass ich meine Anmeldung auf meine eigene Adresse machen könnte (z. B. falls wir uns trennen, aber nicht scheiden lassen)? Meine Ausländerbehörde sagte mir persönlich, als sie mir den „Aufenthaltstitel” ausgestellt haben (ihre Worte! Ich verstehe jetzt, was es eigentlich ist), dass ich dieselbe Hauptanmeldung wie er haben muss, aufgrund von gemeinsamer ehelicher Lebensgemeinschaft, und teilte mir mit, dass ich meine Anmeldung auf die Adresse meines Mannes ummelden müsse, bevor ich meinen Antrag einreichen könne, da ich zu dieser Zeit in einer anderen Stadt gemeldet war. Ich weiß nicht, ob dies wichtig ist, aber aufgrund meiner Arbeit leben wir derzeit die Hälfte der Zeit in anderen Städten, und ich habe meine eigene Wohnung in der Stadt, in der ich arbeite. (Die Behörden wissen das und finden es in Ordnung, weil es als vorübergehende Regelung aufgrund der Arbeit angesehen wird, während die eheliche Lebensgemeinschaft fortbesteht.) Aus den oben genannten Gründen habe ich daher meine Hauptanmeldung noch nicht umgemeldet, und ich fühlte mich dazu gezwungen, die Verbindung zu meinem Mann und seiner Stadt aufrechtzuerhalten. Ich entschuldige mich, falls ich hier noch etwas falsch formuliert habe. Für eine Ausländerin mit C1 Deutsch ist dies ziemlich kompliziert zu verstehen/richtig zu formulieren, aber ich versuche es...! Puncherfaust schrieb am 04.06.2025 um 17:32:58:
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Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von kaltesklaresWasser am 06.06.2025 um 10:32:20
@Petersburger
Ach nein, ich versuche, die genauen Konzepte und den zu verwendenden Wortschatz zu verstehen, und deine Genauigkeit finde ich sehr hilfreich! Das beantwortet ganz konkret eine meiner drängendsten Fragen, vielen Dank. Petersburger schrieb am 04.06.2025 um 18:47:44:
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Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von kaltesklaresWasser am 06.06.2025 um 10:38:28
@lottchen
Gute Frage. Das ist sehr ungewiss, da er in der Wissenschaft tätig ist und obwohl er angeblich gerne langfristig in Deutschland bleiben möchte, ist es nun möglich, dass er für seine nächste akademische Stelle in ein anderes Land ziehen muss, was ich natürlich nicht möchte. Das Gute daran ist, dass er definitiv noch etwa ein Jahr länger in Deutschland bleiben wird, da sein aktueller Vertrag dann ausläuft. (Leider ist das nur ein paar Monate vor Beginn unseres dritten Ehejahres...) lottchen schrieb am 04.06.2025 um 19:17:39:
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Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von kaltesklaresWasser am 06.06.2025 um 11:03:23
@Andreas782
Grüße, ABH :) Vielen Dank für deine Einschätzung, das ist sehr hilfreich. Eine Trennung ohne Scheidung + getrennte Wohnsitze wäre vielleicht eine der „machbarsten“ Optionen für die nahe Zukunft und würde es möglicherweise ermöglichen, bis zum fünften Jahr ohne große Veränderungen hier zu bleiben (ich meine, in Bezug auf den fünfjährigen rechtmäßig gewöhnlichen Aufenthalt ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU). Eine wichtige Frage an dich: Ist es ratsam, mich mit meiner ABH zu einem ganz offenen „Beratungsgespräch” bezüglich meiner Situation zu treffen? Da ich den Eindruck hatte, einen Aufenthaltstitel (im Gegensatz zur Bescheinigung) zu haben, hatte ich Angst, mich an sie zu wenden, um nachzufragen, falls meine Aufenthaltsgenehmigung als Aufenthaltstitel aufgrund der Familienzusammenführung irgendwie widerrufen werden könnte, aber jetzt verstehe ich, dass es sich um etwas anderes handelt. Ich frage mich nun auch, ob ich meine Adresse in der anderen Stadt, in der ich arbeite, als meine Hauptanmeldung machen kann (Details dazu habe ich in einem Kommentar weiter oben angegeben), da dies rechtlich gesehen keine Probleme verursachen sollte, oder...? P.S. Ich werde ihnen gegenüber auf jeden Fall fair und offen bleiben - nicht nur, dass ich nicht gut lügen kann, es ist mir auch wichtig, Respekt zu zeigen und die Gesetze meines neuen Landes zu befolgen :) Andreas782 schrieb am 05.06.2025 um 08:31:14:
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Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von kaltesklaresWasser am 06.06.2025 um 11:46:19
@lottchen - zur Klarstellung: Es ist unwahrscheinlich, dass er umziehen wird, da er vorhat, seine nächste und langfristige Stelle in DE zu suchen. ABER aufgrund der Natur der Arbeit im akademischen Bereich ist nichts sicher.
kaltesklaresWasser schrieb am 06.06.2025 um 10:38:28:
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Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von Puncherfaust am 06.06.2025 um 13:10:05
Ja, ich würde an deiner Stelle den Kontakt zur Behörde suchen. Das ist ja auch das was Andreas gemeint hat, dass du fair und mit offenen Karten spielen sollst. Erst recht vor dem Hintergrund, dass dir schon eine falsche Auskunft erteilt worden ist.
Es wundert mich aber auch nicht, dass dich die Behörde falsch informiert hat. Das Freizügigkeitsrecht wird von vielen Ausländerbehörden nur sehr stiefmütterlich behandelt. Man hat da nicht so viele Fälle auf dem Tisch und die die man auf dem Tisch hat, sind relativ einfach abgehandelt. Und wenn man als Sachbearbeiter selber noch nicht so einen Fall hatte, bei dem die Sache mit der Trennung dann im Freizügigkeitsrechts relevant geworden ist, dann geht man erstmal davon aus, dass das bestimmt so ist wie im Aufenthaltsgesetz, mit dem der Sachbearbeiter viel mehr Erfahrung hat. (siehe meine erste Antwort ::) ) Ist aber nun mal nicht so. Such das Gespräch, schildere deine Lage und sag ruhig, dass du dir unsicher bist wegen der vergangenen Auskunft, weil du ja eigentlich weiterhin freizügigkeitsberechtigt wärst nach dem FreizügG. Die Behörde muss sich ans Gesetz halten. Selbst wenn sie trotz lesens des Paragraphens weiterhin daran festhalten würde, dass dein Freizügigkeitsrecht erlöschen würde(wovon ich nicht ausgehen würde), dann lässt sich das mit einem Anwalt bzw. aller spätestens vor Gericht klären. Der Behörde sollte aber eigentlich allein durch das Urteil des BVerwG klar sein, dass du weiterhin freizügigkeitsberechtigt bist. Von daher, mach dir diesbezüglich keine Sorgen. Du kannst natürlich auch nicht das Gespräch suchen. Du bist ja so oder so erstmal freizügigkeitsberechtigt. Aber wenn dann was passieren sollte (Wegzug Ehemann ins Ausland, Scheidung, usw.), dann wärst du wahrscheinlich dank § 3 Abs. 4 FreizügG weiterhin im Recht, aber es müsste natürlich weit weit mehr erklärt und aufgedröselt werden, was es schlicht für alle komplizierter macht. Wenn du das jetzt klärst und das eine Missverständnis schon mal auflöst wissen die dass du zuverlässig bist und dir nicht irgendwelche Dinge erschleichen willst (was du nicht machst, aber warum unnötig so eine Reaktion riskieren?) |
Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von Andreas782 am 10.06.2025 um 08:09:33
Zudem darf man nicht vergessen, dass du im Zweifelsfall bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen auch in eine Aufenthaltserlaubnis nach dem Aufenthaltsgesetz (deinen Ausführungen nach wird wahrscheinlich § 18b AufenthG einschlägig sein) wechseln könntest und dich somit auf eigene Beine stellen kannst (Einholung im Bundesgebiet über § 39 Nr. 2 AufenthV möglich).
Eine kleine Bitte @ kaltesklaresWasser: Bitte nutze zum antworten die Funktion "Markieren & Zitieren", so kannst du auf mehrere Beiträge gleichzeitig in einem Beitrag antworten und muss nicht für jede Antwort einen neuen Beitrag erstellen. Alles Gute! :) |
Titel: Re: Aufenthaltserlaubnis nach Trennung aufgrund von Alkoholismus/Missbrauch Beitrag von lottchen am 11.06.2025 um 09:49:42 Andreas782 schrieb am 10.06.2025 um 08:09:33:
Genau das solltest Du auch klären - ob Du eine AE nach AufenthG bekommen könntest. Ob Ausbildung/Abschluß und jetziger Job dafür in Frage kommen. Wenn ja müsstest Du Dich nicht auf Deine Freizügigkeit verlassen und könntest so oder so unabhängig von Deinem Ehemann agieren. |
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