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Ausländerrecht >> Einbürgerungs- / Staatsangehörigkeitsrecht >> Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
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Beitrag begonnen von Dari am 19.05.2024 um 21:04:12

Titel: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von Dari am 19.05.2024 um 21:04:12
Hallo zusammen!

Nun bin ich soweit, weitere Schritte in meinem Einbürgerungsverfahren zu gehen. Bald möchte ich einen Brief an die EBH verschicken, in dem ich darauf hinweise, dass ich in einem Monat klagen werde, wenn die Behörde nicht tätig wird. Gerne möchte ich euch fragen, ob ihr mir zu meinem Entwurf Verbesserungsvörschläge geben könnt. Wenn ihr wisst, wie solche Briefe aussehen können, könnt ihr diese verlinken. Ich habe jetzt mal das geschrieben, was mir einfiel. Ich habe einige Stellen natürlich anonymisiert. Es geht um eine Anspruchseinbürgerung. Anforderungstechnisch stimmt bei mir alles.
Im August 2023 habe ich den Antrag gestellt. Acht Monate habe ich gewartet und nichts gefragt. Dann hat sich bei mir einiges verändert, was ich der EBH mitgeteilt habe. Gemeinsam mit der Mitteilung habe ich die Behörde aufgefordert, mir die Kontaktdaten der zuständigen Fachkraft zu geben. Denn ich hatte gar keine Information, wer für meinen Fall zuständig ist. Darauf haben die nur geschrieben, dass sie keine Sachstandsanfragen beantworten und gesagt, dass ich auf ihrer Webseite nachschauen kann, wie lange die Einbürgerung gerade dauert. Dort steht jetzt über 22 Monate. 

Ich habe da sonst noch die Frage, an wen sich der Brief richten soll. Soll das am besten die Leitung des Dezernats sein oder die Abteilungsleitung (über dem Dezernat)? Es handelt sich um RP Gießen.
Der Entwurf ist angehängt. 
https://www.info4alien.de/cgi-bin/forum/YaBB.cgi?action=downloadfile;file=EBH_Brief_Entwurf.pdf (35 KB | 177 )

Titel: Re: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von Dari am 03.10.2024 um 14:39:39
Hallo an alle!

Ich möchte hier einmal ein Update zu meinem Fall geben, weil es vielleicht jemandem weiterhelfen kann.

Ort: Marburg
Zuständige EBH: Regierungspräsidium Gießen

Timeline:
- 14.08.23 Antrag auf Einbürgerung in Marburg abgegeben
- 16.08.23 Die Bestätigung über den Eingang des Antrags vom RP Gießen
- 19.12.23 Bestätigung des Zahlungseingangs
- 04.24-05.24 Unaufgefordertes Nachsenden der Unterlagen
- 27.05.24 Androhung der Untätigkeitsklage per Brief, Fax und E-Mail
- 29.05.24 Anruf vom Beschwerdemanagement RP Gießen
- 03.06.24 Telefonat mit dem Dezernatsleiter
- 01.07.24 Untätigkeitsklage erhoben
- 26.07.24 Einbürgerungsurkunde erstellt und nach Marburg versandt
- 05.09.24 Einbürgerung
- 12.09.24 Erledigungserklärung ans Gericht verschickt
- 27.09.24 Kostenbeschluss und Beendigung des Verfahrens

Gestern habe ich den Brief über die Kostenverteilung und die Beendigung des Verfahrens vom VG bekommen. Nun, wenn alles vorbei ist, möchte ich über meinen Fall berichten.

Ich wollte den Antrag damals so früh wie möglich stellen, da mir die Bearbeitungsprobleme schon lange bekannt waren. Allerdings wurde ich doch sehr überrascht, als mir die nette Frau bei der unteren Behörde Marburg Mitte August 23 gesagt hat, dass ich nun nicht wie auf der Website ausgewiesen 12 Monate, sondern nun 20 Monate warten muss. Am selben Tag habe ich mich über die Möglichkeit einer Klage informiert und beschloss, dass ich im Frühling klagen werde. Dann wurde das neue Einbürgerungsgesetz immer wieder verschoben, weshalb es bei mir dann auch länger gedauert hat. Von August bis April habe ich die Behörde in Ruhe gelassen, da ich zu dieser Zeit sowieso keine doppelte Staatsangehörigkeit bekommen konnte. Ab April habe ich langsam angefangen, die aktuellen Unterlagen nachzureichen. In den ein paar Monaten gab es bei mir auch viele Veränderungen (Umzug, Arbeitsstunden usw.).

Ich habe mich hier ursprünglich an euch gewandt, damit ihr euch den Brief an die EBH anguckt. Dieser Brief wurde verschickt, und, wie aus der Timeline ersichtlich, hat er nicht so viel gebracht. Zwei Tage später hat mich eine Frau aus dem Beschwerdemanagement kontaktiert. Ich konnte nicht mit ihr sprechen, da sie während meiner Arbeitszeit anrief. Sie hat mir aufs Band gesprochen und bat darum, den Dezernatsleiter anzurufen. Es war tatsächlich recht spannend mit ihm zu reden.
Entgegen meiner Erwartungen war er sehr respektvoll und versuchte mir die Situation seiner Behörde zu schildern. Ich sagte ihm, ich hätte auch sehr viel Respekt den 4! Mitarbeitern gegenüber, die die ganze mittelhessische Region bearbeiten müssen. Ich habe ihm erklärt, dass die Einbürgerung eine wichtige Sache für mich ist und ich würde es sehr gerne vermeiden, mich mit jemandem streiten zu müssen. Unser Gespräch war sehr freundlich. Dennoch habe ich ihm gesagt, dass es nichts persönliches sein wird, wenn ich klagen muss.
Er hatte gefühlt gar nichts dagegen. Am Ende des Gesprächs hatte ich schon fast das Gefühl, dass es ihm lieber wäre, wenn ich klagen würde.

Dies habe ich dann einen Monat später selbständig getan. Ich habe lange überlegt, ob ich einen Anwalt brauche. Ich habe sogar schon mehrere wegen der Kostenvoranschläge kontaktiert. Am Ende bin ich zum Entschluss gekommen, dass ich eher bereit bin 800 Euro zu riskieren als vielleicht 2000 Euro mit Anwaltskosten, falls ich die Klage verlieren sollte. Grundsätzlich habe ich mich schon darauf eingestellt, dass das ganze vielleicht gar nicht funktioniert. Von den Gerichtskosten habe ich mich auch direkt verabschiedet. Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich bei @Aras bedanken, wessen Klageschrift ich als Vorlage für meine K-Schrift benutzen konnte. Bei @vtrmk bedanke ich mich für ein paar lokale Tipps aus seiner Erfahrung.

Meine Klageschrift habe ich dann mehrere Tage überarbeitet und mal einem Jura-Studi gezeigt, damit er einige formale Fehler ausbessern konnte. Dabei habe ich natürlich auch ganz viele ungefragte Tipps bekommen wie: mach's lieber mit einem Anwalt, pass auf, die Prozessführung ist schwieriger als du denkst, es ist alles gar nicht so easy... :-X  Ich habe ein paar Tage an mir gezweifelt und habe die Klage dann doch verschickt.
Einen Monat hatte das RP vom VG bekommen, um die Erwiderung zu verfassen. Anscheinend hat die Behörde parallel schon meinen Antrag bearbeitet, sodass die Erwiderung und die Benachrichtigung über die Ausstellung der Urkunde zeitgleich eingereicht worden sind. Da konnte ich meinem Glück nicht glauben.

Die Kommunikation mit dem Gericht verlief recht einfach. Ich hatte sogar das Gefühl, dass die Richterin mir kleine Tipps gibt wie z.B. dass es sinnvoll wäre, die Klage für erledigt zu erklären, sobald die Einbürgerung erfolgt ist, was ich natürlich schon wusste. Ich habe mit den Richtern nicht gesprochen, hatte aber ein sehr gutes Gefühl die ganze Zeit. Das ist natürlich für die Sache unerheblich. Ich muss aber sagen, dass ich das ganze nicht gerne gemacht habe. Viel lieber wäre es mir natürlich, wenn meine Einbürgerungsurkunde als ein Zeichen der Zugehörigkeit zum Land und Menschen ganz regulär ausgestellt worden wäre. Deshalb war es sehr erleichternd für mich, dass zumindest im Klageprozess alles recht gut und freundlich ablief.

Die Erwiderung des RP Gießen ist sehr lustig. Ich hatte das Gefühl, dass man diese vom ChatGPT schreiben ließ, so viele inkonsistente und aus dem Kontext gerissene Beweise (Berichte der Deutschen Welle ;D) waren da aufgeführt. Ich kann sie mal später hochladen.

Wie schon erwähnt, habe ich gestern einen Kostenbeschluss bekommen. Das VG hat beschlossen, die Kosten der Behörde aufzuerlegen. Es gibt mehrere Argumente. Ich kann den Beschluss zeigen, falls es Interesse gibt. Es wurde erwähnt, dass die Zeit von 9 Monaten bereits verstrichen ist. Hessen empfindet die 9 Monate ja aus irgendeinem Grund als angemessene Bearbeitungszeit. Dann sagt das VG, dass ich nicht wissen konnte, dass mein Fall nicht bearbeitet werden kann. Ich habe ja jedes Mal nur die automatische Antwort vom RP Gießen bekommen. Das VG hat es als ungenügend eingeschätzt, eine pauschalisierte E-Mail zu verschicken. Im Prinzip hat das VG gesagt, was auch stimmt, dass ich mich mehrmals um Informationen bemüht habe, ja sogar einen Brief mit Androhung der U-Klage verschickt habe, und immer noch keine richtige Antwort auf irgendeine Anfrage bekam.

Gerade freue ich mich einfach sehr, dass es alles vorbei ist.Ehrlich gesagt, war es mir auch langsam egal, wem die Kosten auferlegt werden. Ich habe nur gedacht dass ich keine Lust darauf habe, eine große Antwort auf die Erwiderung des RP Gießen zu verfassen. Diese war so lächerlich und unordentlich, dass ich es dem Gericht zugetraut habe, dies auch selbständig so einzuschätzen. Und wenn das nicht so gewesen wäre, dann hätte ich mich um so mehr darüber amüsiert, dass so ein Schreiben beim Gericht durchgehen kann.

Jedenfalls: vielen Dank an alle, die ihre Erfahrungen und Meinungen hier gepostet haben. Seit der Antragstellung habe ich alles mögliche im Internet erforscht und durchgelesen. Dabei hat dieses Forum auch eine große Rolle gespielt. Wenn ich nicht so gut vorbereitet gewesen wäre, wäre mir die ganze Sache sicherlich viel schwerer gefallen.



Titel: Re: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von Puncherfaust am 03.10.2024 um 16:07:36
Glückwunsch! Hat doch super geklappt. Kannst die Erwiderung gerne hochladen, mich würde es interessieren. Much wundert, dass nach fast einem Jahr Wartezeit überhaupt noch groß Zeit in eine Erwiderung gesteckt wird ;D

Einbürgerungs- und Ausländerbehörden sind chronisch unterbesetzt, weißt du ja selber, hast ja hervorgehoben, dass es nur 4 Mitarbeiter sind. Neue Stellen werden selten bewilligt. Aber wenn Untätigkeitsklagen kommen, sieht das halt nicht gut aus. Das bedeutet zum einem Kosten, deckt zum anderen aber auch vieles an Missstände auf. Irgendwann stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre 1,2 neue Stellen zu schaffen, was dann mittel- bis langfristig weniger Klagen bedeutet. Wahrscheinlich hattest du deshalb das Gefühl, dass es dem Dezernatsleiter sogar ganz recht war. 

Titel: Re: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von Aras am 03.10.2024 um 16:35:55
Herzlichen Glückwunsch zur Einbürgerung.

Freut mich sehr, dass du es selbstständig durchgekämpft hast. Natürlich bedeutet so eine Klage auch Stress, aber stärkt natürlich auch das Selbstbewusstsein vor Behörden und Gericht.

Schönes verlängertes Wochenende.  ;)

Titel: Re: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von Einer am 03.10.2024 um 19:57:18
Glückwunsch!

Ich finde es bemerkenswert, dass das VG in deinem Fall die Verfahrenskosten dem RP auferlegt hat. Bisher war in Hessen fast immer das Gegenteil der Fall. Das Regierungspräsidium Darmstadt rechtfertigt seine Untätigkeit immer noch mit Corona...

Könntest du bitte den Beschluss hochladen?

Titel: Re: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von Scarce am 05.10.2024 um 11:29:53
Herzlichen Glückwunsch, dass Du es geschafft haben, ohne anwaltliche Unterstützung erfolgreich gegen die EBA zu klagen.  :)

habe auch bald vor und wäre toll wenn du die Vorlage teilen könntest.

Titel: Re: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von unlucky_hessian am 12.10.2024 um 18:53:37

Dari schrieb am 03.10.2024 um 14:39:39:
Es wurde erwähnt, dass die Zeit von 9 Monaten bereits verstrichen ist. Hessen empfindet die 9 Monate ja aus irgendeinem Grund als angemessene Bearbeitungszeit.


Hallo Dari,

Ein paar Verständnisfragen von meiner Seite :-)

1. Hat sich das für deinen Wohnsitz (Marburg) zuständigen VG lediglich für RP Gießen entschieden was die angemessene Bearbeitungszeit sein sollte, oder in der Tat für ganz Hessen?

2. Wann beginnen die 9 Monate - schon wenn ich eine Empfangsbestätigung (mit Antragsnummer) meiner Unterlagen von der unteren Verwaltungsbehörde - hier Standesamt Frankfurt a.M. - bekomme, also "offizieller Anfang des Antrages"? Oder erst ab dem Eingang bei dem RP Darmstadt (was in diesem Fall leider 4-6 Monate später stattfindet)? Ich gehe davon aus, eher das Letztere, aber ich wollte nur auf sichere Nummer gehen.

Für eine Antwort bin ich sehr dankbar!

Titel: Re: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von Puncherfaust am 12.10.2024 um 19:03:37

unlucky_hessian schrieb am 12.10.2024 um 18:53:37:
Hallo Dari,

Ein paar Verständnisfragen von meiner Seite :-)

1. Hat sich das für deinen Wohnsitz (Marburg) zuständigen VG lediglich für RP Gießen entschieden was die angemessene Bearbeitungszeit sein sollte, oder in der Tat für ganz Hessen?

2. Wann beginnen die 9 Monate - schon wenn ich eine Empfangsbestätigung (mit Antragsnummer) meiner Unterlagen von der unteren Verwaltungsbehörde - hier Standesamt Frankfurt a.M. - bekomme, also "offizieller Anfang des Antrages"? Oder erst ab dem Eingang bei dem RP Darmstadt (was in diesem Fall leider 4-6 Monate später ist)? Ich gehe davon aus, eher das Letztere, aber ich wollte nur auf sichere Nummer gehen.

Auf eine Antwort bin ich sehr dankbar!


Die 9 Monate ist die Dauer, die das VG Gießen als üblich angemessen erachtet für einen Einbürgerungsantrag.

Wenn du umgezogen bist ist das schon kein üblicher Antrag mehr. Da kommt es dann auch drauf an wie viel die alte Behörde schon gemacht hat. Muss die neue Behörde also komplett von neu anfangen oder wurde schon vorgearbeitet?

Titel: Re: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von Aras am 12.10.2024 um 19:09:07
Zu 2. Die 9 Monate beginnen ab Zugang beim RP. Jedoch sollte man nach paar Wochen nach Abgabe des Antrags eine Sachstandsanfrage machen ob der Antrag zugegangen ist und wann. Die Anfrage und ggf. die Antwort sollte man gut aufbewahren.

Es gab einen Fall in Hessen wo der Antrag gestellt wurde und überhaupt nicht weitergeleitet wurde. Da wurde vom Gericht angemerkt, dass man hätte das RP anschreiben müssen, und dann hätte das RP Recherchen anstellen müssen wo der Antrag geblieben sei.

Sollte das RP also nicht auf die Anfrage reagieren, ob die Akte zugegangen sei, kannst du dann zumindest bei dem EInwand des RP dass die Akte nicht zugegangen sei deine Anfrage dem Gericht vorlegen und erklären, dass das RP von dem Antrag Kenntnis hatte, aber das RP unterlassen hat danach zu recherchieren...

Titel: Re: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von unlucky_hessian am 13.10.2024 um 15:31:52

Puncherfaust schrieb am 12.10.2024 um 19:03:37:
Die 9 Monate ist die Dauer, die das VG Gießen als üblich angemessen erachtet für einen Einbürgerungsantrag.


Klar, ich habe nur nicht verstanden ob sich das Urteil von VG Gießen nur auf den Regierungsbezirk Gießen bezieht oder ganze Hessen (d.h. auch Regierungsbezirke Darmstadt und Kassel)

Es tut mir leid, wenn ich meine Fragen nicht gut genug geäußert habe - es handelt sich hier gar nicht um einen Umzug. Es geht mir rein darum, ob ein Urteil im OPs Fall (Marbug -> RP Gießen), mir   (FFM -> RP Darmstadt) auch hilfreich wäre. Oder ob sich das VG Frankfurt (oder VG Darmstadt?) ganz anders entscheiden könnte, z.B. 18-24 Monate als akzeptabele Frist, was aktuell der Fall bei RP D ist.


Aras schrieb am 12.10.2024 um 19:09:07:
Zu 2. Die 9 Monate beginnen ab Zugang beim RP. Jedoch sollte man nach paar Wochen nach Abgabe des Antrags eine Sachstandsanfrage machen ob der Antrag zugegangen ist und wann. Die Anfrage und ggf. die Antwort sollte man gut aufbewahren.


Danke, das dachte ich mir auch. Wobei ich jetzt noch eine Bemerkung habe - ich habe es so verstanden (aber nicht sicher, dafür wäre der Beschluss sehr hilfreich), dass eine Untatigkeitsklage auch vor dem Ablauf der 9 Monate gemacht werden kann und die 9 Monate Frist eher in Bezug auf die Kostenteilung gemeint ist. Also, ich könnte eine Klage auch nach 4-5 Monaten machen, mit guten Erfolgschancen, nur dass dann die Kosten mir, und nicht der Behörde, aufzuerlegen sind. Siehst du es auch so?

Eine Anfrage zu machen und sie dann aufzubewahren, falls es später in einen Streitfall vor Gericht geht, ist sehr guter Rat. Aktuell liegt mein Antrag bei Standesamt Frankfurt für mehr als 4 Monate (obwohl dieses Amt gar keine Bearbeitung meiner Unterlagen machen wird :-( ), aber den Tipp werde ich im Hinterkopf behalten, für wann auch immer mein Fall endlich beim RP D landet. Zählen hier auch E-Mails (geschickt von meinem Gmail Konto) und ggf. deren Antworte als Rechtsbeweis vor Gericht? Oder eher immer Einschreiben / Post?

Titel: Re: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von Aras am 13.10.2024 um 16:39:27
Hier findest du die Entscheidung

https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE240000330

Wenn du ohne Anwalt klagst, würde ich einfach die Klage einreichen. Das Verfahren wird für 9 Monate ausgesetzt. Du bist dann in 9 Monaten eingebürgert.

Gerichtskosten betragen dann nur 266 €.

Also für mich wären das unerhebliche Kosten.

Titel: Re: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von Puncherfaust am 13.10.2024 um 16:42:32
Wenn du nach 3 Monaten und vor 9 Monaten die Klage einreichst, alles komplett und unproblematisch ist, sind zwei Szenarien realistisch

1. das VG legt eine Frist fest -> 9 Monate. Dass heißt du wirst deine Entscheidung dann vermutlich bis zu diesen 9 Monaten haben.

2. Die EBH entscheidet sofort über deinen Antrag

Den Rest hast du richtig verstanden. In beiden Fällen wäre dann nur noch die Kostenfrage zu klären. Aufgrund der bisherigen Urteile des VG Gießen wäre davon auszugehen, dass du die dann tragen müsstest. Aber kommt immer aufm Einzelfall an.

Titel: Re: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von Einer am 14.10.2024 um 13:27:53
Ich habe beim Gericht angerufen und den Einstellungsbeschluss in Dari's Klage in anonymisierter Form erhalten (siehe Anhang). Die Begründung der Kostenentscheidung ist... interessant. Kann man sich in ähnlichen Situationen (Klage erhoben 9 Monate nach Antragseingang bei der EBH) in Verfahren gegen das RP Darmstadt auf diese Entscheidung berufen, zum Beispiel vor dem VG Darmstadt, oder in Verfahren gegen das RP Kassel vor dem VG Kassel? Oder berücksichtigen andere hessische Gerichte die Meinung des VG Gießen nicht?
https://www.info4alien.de/cgi-bin/forum/YaBB.cgi?action=downloadfile;file=10_K_2184_24_Einstellungsbeschluss_anonym.pdf (90 KB | 126 )

Titel: Re: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von dim4ik am 14.10.2024 um 14:59:35

Einer schrieb am 14.10.2024 um 13:27:53:
Ich habe beim Gericht angerufen und den Einstellungsbeschluss in Dari's Klage in anonymisierter Form erhalten (siehe Anhang).

Hat das Gericht dir das ohne Wenn und Aber ausgegeben? Hast was dafür bezahlt?


Einer schrieb am 14.10.2024 um 13:27:53:
Kann man sich in ähnlichen Situationen (Klage erhoben 9 Monate nach Antragseingang bei der EBH) in Verfahren gegen das RP Darmstadt auf diese Entscheidung berufen, zum Beispiel vor dem VG Darmstadt, oder in Verfahren gegen das RP Kassel vor dem VG Kassel?

Ja, kann man.


Einer schrieb am 14.10.2024 um 13:27:53:
Oder berücksichtigen andere hessische Gerichte die Meinung des VG Gießen nicht?

Andere Gericht sind an den Beschluss und dessen Begründung nicht gebunden. Sie können ihn berücksichtigen, müssen aber nicht.

Titel: Re: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von Einer am 14.10.2024 um 15:50:31

dim4ik schrieb am 14.10.2024 um 14:59:35:
Hat das Gericht dir das ohne Wenn und Aber ausgegeben? Hast was dafür bezahlt?


Sie haben mich gefragt, wofür ich den Beschluss benötige, und wollten eine formlose Anfrage – per Brief oder Fax. Ich habe ein Fax geschickt, danach ging es schnell. Kostenpunkt: 15 €.

Titel: Re: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von unlucky_hessian am 14.10.2024 um 17:29:21
Vielen Dank @Einer für deine Bemühung, das war sehr interessant zu lesen! Ich wusste gar nicht, dass man in dem Land von Datenschutz auf sowas (die Fälle von völlig unverwandten und unbekannten Menschen) zugreifen könnte, auch wenn anonymisiert.


Einer schrieb am 14.10.2024 um 15:50:31:
Ich habe ein Fax geschickt


Ganz unverwandt mit dem Thema, wie schickst du am einfachsten ein Fax? In meinem Heimatland sind Faxgeräte wohl seit den 1990er nicht mehr in Gebrauch und das Internet sagt, dass es dafür Apps gibt, was für mich dubios klingt...

Zwei Bemerkungen bzgl. des Beschlusses :

1. Ebenso wird die Überlastung der Behörde durch eine vorübergehende Antragsflut, beispielsweise in Folge einer Gesetzesänderung, als zureichender Grund anerkannt.

Die Klage beruht auf dem Untätigkeitszeitraum zwischen 16.08.2023 (oder eher 16.11.2023) und 01.07.2024. Wenn man davon ausgeht, dass die bundesweit größte Antragsflut erst in den Wochen und Monaten nach dem Inkrafttreten des StARModG enstanden ist, dann könnte VG Darmstadt (und auch VG Gießen, Kassel etc) in der Zukunft genau diesen Beschluss in Betracht ziehen, mit negativen Folgen für die Antragstellenden...

2. Der Streitwert wird endgültig auf 10.000 EUR festgesetzt.

Sind das denn die Kosten für das RP Gießen, und die hätte die Klägerin zahlen müssen, wenn sich das VG Gießen entschieden hätte, die gesamten Gerichtskosten der Klägerin aufzuerlegen?

Das ist deutlich über den 266 € bei dem anderen ähnlichen Beschluss, worauf @Aras früher in dem Thread hingewiesen hat! Vielleicht verwechsele ich auch zwei unterschiedliche Sachen...

Titel: Re: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von reinhard am 14.10.2024 um 17:37:19
Streitwert ist der Wert der Sache (Einbürgerung).

Daraus errechnen sich die Gebühren nach den entsprechenden Tabellen.

Titel: Re: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von Aras am 14.10.2024 um 18:13:51
Der Streitwert für eine Einbürgerung beträgt 10.000€ und daraus folgt dass eine Gerichtsgebühr 266€ beträgt. Die 10.000 sind der doppelte Auffangwert. Der Auffangwert beträgt laut BVerwG derzeit 5000€. D.h. es wird ein fiktiver Wert bestimmt, der jetzt nicht zu unrealistisch ist. Eine Einbürgerung hat ja keinen nominalen Wert. Ist also eigentlich 0 €. Und die Verwaltungsgebühr beträgt 255€ ist aber nicht der Wert der Staatsangehörigkeit.

Bei 255€ Streitwert betrüge eine Gerichtsgebühr 38€.

Und für praktisch umsonst arbeitet kein Anwalt oder Richter.

Titel: Re: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von Einer am 14.10.2024 um 19:06:45

unlucky_hessian schrieb am 14.10.2024 um 17:29:21:
Ganz unverwandt mit dem Thema, wie schickst du am einfachsten ein Fax?

simple-fax.de.


unlucky_hessian schrieb am 14.10.2024 um 17:29:21:
1. Ebenso wird die Überlastung der Behörde durch eine vorübergehende Antragsflut, beispielsweise in Folge einer Gesetzesänderung, als zureichender Grund anerkannt.

Die Klage beruht auf dem Untätigkeitszeitraum zwischen 16.08.2023 (oder eher 16.11.2023) und 01.07.2024. Wenn man davon ausgeht, dass die bundesweit größte Antragsflut erst in den Wochen und Monaten nach dem Inkrafttreten des StARModG enstanden ist, dann könnte VG Darmstadt (und auch VG Gießen, Kassel etc) in der Zukunft genau diesen Beschluss in Betracht ziehen, mit negativen Folgen für die Antragstellenden...


Ich sehe das anders. Das Schlüsselwort hier ist nicht "Antragsflut", sondern "vorübergehend". Hessische Gerichte begründen ihre Entscheidungen über die Kostentragung bei Untätigkeitsklagen oft mit den unverschuldeten Rückständen wegen der Corona-Pandemie. Die Pandemie war ein unvorhersehbares, vorübergehendes Ereignis, und ich denke, dass man sich spätestens ab 2025 nicht mehr ernsthaft darauf berufen kann. Eine andere häufig genutzte Begründung ist der Vergleich mit der Überlastung des BAMF im Jahr 2015, als die Behörde aufgrund der Flüchtlingskrise mit Asylanträgen überflutet wurde – auch das war vorübergehend.

Was jetzt passiert, kann meiner Meinung nach nicht mehr als vorübergehend betrachtet werden. Das StARModG führt dazu, dass immer mehr Ausländer einen Einbürgerungsanspruch haben. Infolgedessen wird die Zahl der Einbürgerungsanträge dauerhaft steigen – und zwar auf unabsehbare Zeit. Permanente Überlastung der EBH ist kein zureichender Grund für Untätigkeit.

Titel: Re: Brief an die EBH (Androhung der Untätigkeitsklage)
Beitrag von dr-er am 29.10.2024 um 17:13:28

Dari schrieb am 03.10.2024 um 14:39:39:
Hallo an alle!

Wie schon erwähnt, habe ich gestern einen Kostenbeschluss bekommen. Das VG hat beschlossen, die Kosten der Behörde aufzuerlegen. Es gibt mehrere Argumente. Ich kann den Beschluss zeigen, falls es Interesse gibt. Es wurde erwähnt, dass die Zeit von 9 Monaten bereits verstrichen ist. Hessen empfindet die 9 Monate ja aus irgendeinem Grund als angemessene Bearbeitungszeit. Dann sagt das VG, dass ich nicht wissen konnte, dass mein Fall nicht bearbeitet werden kann. Ich habe ja jedes Mal nur die automatische Antwort vom RP Gießen bekommen. Das VG hat es als ungenügend eingeschätzt, eine pauschalisierte E-Mail zu verschicken. Im Prinzip hat das VG gesagt, was auch stimmt, dass ich mich mehrmals um Informationen bemüht habe, ja sogar einen Brief mit Androhung der U-Klage verschickt habe, und immer noch keine richtige Antwort auf irgendeine Anfrage bekam.


Ja, es gibt Interesse! Bitte zeige den Beschluss!

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