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Beitrag begonnen von darkmagic am 07.06.2023 um 17:02:27

Titel: Visum zur Arbeitsplatzssuche - Fiktionsbescheinigung wegen Überlastung - Keine Arbeitserlaubnis? Was tun?
Beitrag von darkmagic am 07.06.2023 um 17:02:27
Meine Verlobte ist als Fachkraft nach Deutschland gekommen, mit dem Visum zur Arbeitsplatzssuche. Sie hat jetzt einen Arbeitsgeber gefunden und ist qualifiziert für eine Blaue Karte EU. Problem: Die Ausländerbehörde in Hamburg ist überlastet, der nächste Termin ist im September. Sie kann jetzt sofort scheinbar nur eine Fiktionsbescheinigung bekommen. Diesbezüglich hat die Ausländerbehörde sich leider auch noch nicht zurückgemeldet. Aber nach meinem Verständnis könnte sie selbst mit Fiktionsbescheinigung nicht vollzeit arbeiten - denn das Visum zur Arbeitsplatzssuche erlaubt nur, 10 Stunden pro Woche zu arbeiten, und ich denke eine Fiktionsbescheinigung ändert das nicht magisch auf 40 Stunden die Woche.

Kann mir hier irgendwas tun? Ich finde das unfassbar, sie ist hochbezahlte IT-Fachkraft, hat einen Rechtsanspruch auf die Blaue Karte, kommt mit dem Visum zur Arbeitsplatzssuche nach Deutschland und kann dennoch nicht arbeiten weil die Ausländerbehörde überlastet ist?

Danke vielmals für jede Antwort oder Hilfe.

Titel: Re: Visum zur Arbeitsplatzssuche - Fiktionsbescheinigung wegen Überlastung - Keine Arbeitserlaubnis? Was tun?
Beitrag von Aras am 07.06.2023 um 17:06:07
Versuch herauszufinden wie die Email von der Abteilung lautet sie sich um Blaue Karte bzw. das beschleunigte Fachkräfteverfahren kümmert, und schreibe diese an.

Titel: Re: Visum zur Arbeitsplatzssuche - Fiktionsbescheinigung wegen Überlastung - Keine Arbeitserlaubnis? Was tun?
Beitrag von dim4ik am 09.06.2023 um 07:36:44

darkmagic schrieb am 07.06.2023 um 17:02:27:
Meine Verlobte ist als Fachkraft nach Deutschland gekommen, mit dem Visum zur Arbeitsplatzssuche. Sie hat jetzt einen Arbeitsgeber gefunden und ist qualifiziert für eine Blaue Karte EU. Problem: Die Ausländerbehörde in Hamburg ist überlastet, der nächste Termin ist im September.

Na ja, die ABH hat 90 Tage um einen gestellten Antrag auf Erteilung einer BC zu bescheiden. Daher können die bis in September hinein sich Zeit nehmen, falls ihr natürlich jetzt schon den Antrag schriftlich per Einschreibebrief einreicht. Wenn ihr aber bis September wartet und erst dann den Antrag stellt, seid ihr selber Schuld.

Titel: Re: Visum zur Arbeitsplatzssuche - Fiktionsbescheinigung wegen Überlastung - Keine Arbeitserlaubnis? Was tun?
Beitrag von Petersburger am 09.06.2023 um 16:24:41

dim4ik schrieb am 09.06.2023 um 07:36:44:
Na ja, die ABH hat 90 Tage um einen gestellten Antrag auf Erteilung einer BC zu bescheiden.

Da ich ungern in Zukunft immer wieder auf diesen Satz hingewiesen werden möchte, frage ich gleich nach:

Wo steht denn diese höchst interessante Information?

Also wo kann ich das in dieser Form nachlesen?

Ganz sicher funktioniert ein Verweis auf § 75 VGO hier nicht.
Der legt nämlich nur den frühesten möglichen Zeitpunkt für eine "Untätigkeitsklage" fest, nicht aber eine starre Bearbeitungsfrist, auf die sich sowohl Behörde (wir dürfen uns so lange Zeit lassen) als auch Antragsteller (die Entscheidung muss jetzt vorliegen) berufen kann.

Und "drei Monate" sind zudem meist nicht dasselbe wie "90 Tage". Aber das nur am Rande ...

Titel: Re: Visum zur Arbeitsplatzssuche - Fiktionsbescheinigung wegen Überlastung - Keine Arbeitserlaubnis? Was tun?
Beitrag von dim4ik am 17.06.2023 um 01:23:32

Petersburger schrieb am 09.06.2023 um 16:24:41:
Wo steht denn diese höchst interessante Information?

Also wo kann ich das in dieser Form nachlesen?

Direkt in Art. 11(1) der Richtlinie 2009/50:

Zitat:
Artikel 11
Verfahrensgarantien
(1)   Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten entscheiden über den vollständigen Antrag auf eine Blaue Karte EU und teilen dem Antragsteller — nach den Verfahren der entsprechenden nationalen Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats — so bald wie möglich, spätestens jedoch innerhalb von 90 Tagen nach Eingang des Antrags, schriftlich mit, wie sein Antrag beschieden wurde.

Ist bei Ablauf der in Unterabsatz 1 vorgesehenen Frist noch keine Entscheidung ergangen, so bestimmen sich etwaige Konsequenzen nach dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats.

Auch wenn man eine etwaige Fristaussetzung nach Art. 11(2) für die Nachreihung der Unterlagen in Betracht zieht, darf die reine Bearbeitungszeit eines Antrags auf Erteilung einer Blauen Karte EU 90 Tage nicht überschreiten.

Titel: Re: Visum zur Arbeitsplatzssuche - Fiktionsbescheinigung wegen Überlastung - Keine Arbeitserlaubnis? Was tun?
Beitrag von Petersburger am 17.06.2023 um 11:32:25

dim4ik schrieb am 17.06.2023 um 01:23:32:
Direkt in Art. 11(1) der Richtlinie 2009/50:

Und die ist auch unmittelbar geltendes Recht in Deutschland?

Oder wurde sie durch eine innerstaatliche Rechtsvorschrift umgesetzt?
Wenn ja, dann ist die RL kein unmittelbar geltendes Recht in Deutschland und ich würde Dich bitten, den Wortlaut der deutschen Vorschrift zu zitieren, in dem die 90 Tage stehen.

Ich bin da so hartnäckig, weil ich nicht später in diesem Forum bei beliebigen AE-Anträgen mit Verweisen auf dieses Thema über 90-Tage-Fristen für nationale AT-Anträge "kämpfen" möchte.


Titel: Re: Visum zur Arbeitsplatzssuche - Fiktionsbescheinigung wegen Überlastung - Keine Arbeitserlaubnis? Was tun?
Beitrag von Aras am 17.06.2023 um 12:33:02
Wenn man den Punkt in der Richtlinie auseinander nimmt, dann verstehe ich es so, dass der Antrag wie im nationalen Recht angenomme und bearbeitet werden soll und wie im nationalen Recht vorgesehen bescheidet werden soll. Wenn die 90 Tage vorbei sind, dass darf man die Rechtsmittel nutzen, die  der jeweilige Mitgliedsstaat für verspätete Verfahren vorsieht. Also bei uns Untätigkeitsklage.

Man könnte jetzt höchstens diskutieren, ob die drei Monate des § 75 VwGO sich mit den 90 Tagen nicht beißt oder weil die 90 Tage nicht in deutsches Recht umgesetzt wurden zumindest diese Regelung der Richtlinie direkt greift. Aber für zwei Tage Abeeichung wird keiner vors EuGH ziehen.

Aber wieder: selbst wenn die 90 Tage im Gesetz stünden, kann man nur Untätigkeitsklage machen.

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