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Beitrag begonnen von Risbosome am 27.09.2020 um 11:40:01

Titel: Niederlassung
Beitrag von Risbosome am 27.09.2020 um 11:40:01
Hallo,
ich habe einige Frage (A-D) zum Thema Niederlassung und würde mich über eure Antwort freuen.

Ich habe vor kurzem die Niederlassung beantragt und ich dachte,es gibt ein einzige "Art" von Niederlassung (§9),die ich immer auf Google gelesen hatte.dann sagte mir der Sachbearbeiter dass es wäre für mich einfacher die Niederlassung (§ 28 abs. 2 ) zu beantragen, ich war aber gewundert,denn ich besaß schon den AE nach §28 und ich dachte,ich hätte nen neuen Paragraph bekommen.

dann als ich nach Hause zurückkam habe ich festgestellt,es gibt tatsächlich verschiedene  "Art" von Niederlassung und zwar : für 1-Familienangehörige von Deutschen (was mich betrifft), 2-Hochqualifizierte, 3-Selbständige,4- langfristig Aufenthaltsberechtigte, 5- Asylberechtigte und vergleichbare Personen, 6- in Deutschland aufgewachsene Kinder und Jugendliche, 7- ehemalige Deutsche und endlich für 8-  Inhaberinnen und Inhaber von Aufenthaltserlaubnissen aus völkerrechtlichen, politischen oder humanitären Gründen.

A- Ich konnte leider nicht genau erfahren,welche § zu welcher Niederlassung passt (Außer meines Falles). könnt ihr mich vielleicht kurz dazu helfen? zb 1=>§28, 2=>§??

B- Der Sachbearbeiter sagte mir ,es wäre sehr schwierig die Niederlassung nach §9 zu bekommen. ich hatte aber die Bedingungen von §9 (auf der Webseite http://www.gesetze-im-internet.de/aufenthg_2004/__35.html) gelesen und ich erfülle bis jetzt alle Bedingungen. dann kommt meine zweite Frage: Welche Unterschiede gibt es zwischen die Niederlassung nach §9 und nach §28?  und warum sollte es schwierig, die nach §9 zu bekommen?

C- Das Ergebnis der Beantragung war positiv.die Karte wurde schon bestellt. ich bekam eine vorläufige Bescheinigung. Drauf haben sie 3 Fakten unterschieden: - Ausübung einer Erwerbstätigkeit, einer Beschäftigung und einer selbständigen Tätigkeit. Meine Frage dazu ist folgende: welche Unterschiede gibt es zwischen die 3 Art von Ausübung und besonders zwischen der ersten und dritten Ausübung?

denn laut meiner Internetrecherche,  Erwerbstätige heißt unselbständige Arbeitnehmer, selbständige Unternehmer oder Arbeiter im eigenständigen Gewerbe,in freien Berufen oder in eigenständigen Landwirtschaftsbetrieben sowie mithelfende Familienangehörige.

ich beabsichtige später auf irgendweise selbständig(bzw Unternehmer) zu sein,und ich möchte schon wissen , wie das geregelt ist! deswegen stelle ich diese Frage.

D- Kann ich eventuell später die NE nach §9 beantragen, obwohl ich die NE §28 besitze?

Danke im Voraus für die ausführliche Antwort.
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Titel: Re: Niederlassung
Beitrag von Bayraqiano am 27.09.2020 um 12:58:20
Die Niederlassungserlaubnis ist ein unbefristeter Aufenthaltstitel (§ 9 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Sie erlaubt die Erwerbstätigkeit ohne Einschränkungen und darf grundsätzlich nur in gesetzlich geregelten Fällen mit einer Auflage versehen werden. Dies ist die Rechtsfolge einer Erteilung.

Entscheidend ist der Unterschied zwischen Rechtsfolge und Erteilungsvoraussetzungen. Letztere sind einerseits generell für alle Ausländer in § 9 Abs. 2 AufenthG geregelt. Darüber hinaus gibt es im Aufenthaltsgesetz verschiedene, von § 9 Abs. 2 abweichende Regelungen. Im Einzelnen: Familienangehörige von Deutschen (§ 28 Abs. 2 Satz 1), Fachkräfte (§ 18c Abs. 1), Hochqualifizierte (§ 18c Abs. 2), Selbständige (§ 21 Abs. 4 Satz 2), Flüchtlinge (§ 26 Abs. 3), sonstige humanitäre Rechte (§ 26 Abs. 4), im Bundesgebiet geborene oder aufgewachsene Kinder (§ 35 Abs. 1), ehemalige Deutsche (§ 38 Abs. 1 Nr. 1). 

Diese finden immer dann Anwendung, wenn der Ausländer zu dem bestimmten Zweck eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Diese abweichenden Regelungen gehen grundsätzlich vor und sind für den Ausländer auch grundsätzlich günstiger, da die Erteilung erleichtert wird. Familienangehörigen von Deutschen wird die NE in der Regel nach drei Jahren Aufenthalt erteilt (statt fünf), auch müssen keine Beiträge zur Rentenversicherung vorgetragen oder ausreichender Wohnraum nachgewiesen werden.

Ist die NE aber erstmal erteilt, gelten die oben beschriebenen Rechtsfolgen. Ein Rangverhältnis gibt es nicht, alle NE sind gleich. Es spielt daher keine Rolle, ob die NE nach § 28 Abs. 2 oder § 9 Abs. 2 oder nach einem anderen Paragraphen erteilt wurde. Daher ist ein "Wechsel" hin zu einer "anderen" NE nicht möglich, da nicht notwendig. Es ist also ein Missverständnis wenn glaubt, es gäbe verschieden Arten von NE. Vielmehr gibt es lediglich verschiedene Anspruchsgrundlagen dafür.

Bezüglich der drei genannten Arten:
Erwerbstätigkeit umfasst als Oberbegriff sämtliche Arten, das heißt selbständige Tätigkeiten wie auch eine Beschäftigung als Arbeitnehmer. Ist die Erwerbstätigkeit wie bei dir gestattet, gibt es keinerlei Einschränkungen. Du darfst also ohne weitere - ausländerrechtliche - Genehmigung eine selbständige Tätigkeit aufnehmen.

Titel: Re: Niederlassung
Beitrag von Alana am 27.09.2020 um 16:19:56

Risbosome schrieb am 27.09.2020 um 11:40:01:
meine zweite Frage: Welche Unterschiede gibt es zwischen die Niederlassung nach §9 und nach §28?

Für den Familienangehörigen eines Deutschen (AE nach § 28, familiäres Zusammenleben) sind zwei Unterschiede bei einer Niederlassungserlaubnis nach § 9 und nach § 28 (2) AufenthG meist die wichtigsten.

NE nach § 28 (2) AufenthG:

1) Eine NE nach § 28 (2) kann er schon nach 3 Jahren bekommen.
2) Der Lebensunterhalt für die komplette Familie muss langfristig gesichert sein.

NE nach § 9 AufenthG:

1) Eine NE nach § 9 kann er erst nach 5 Jahren bekommen.
2) Der Lebensunterhalt muss langfristig im Zweifel nur für sich selber und ausländische Familienangehörige (denen er Unterhalt zahlen muss) gesichert sein.

Wenn jemand seit 5 Jahren in Deutschland ist, ist eine NE nach § 9 eher leichter zu bekommen als eine nach § 28. Wenn du seit 5 Jahren in Deutschland bist, macht der Sachbearbeiter es also zu deinem Besten, wenn er eine NE nach § 9 prüft. Nicht nur der Lebensunterhalt kann möglicherweise leichter gesichert werden, auch einige Nebenbedingungen müssen nicht mehr nachgewiesen werden ("Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet" und ausreichender Wohnraum). Wie Bayraqiano schon geschrieben hat: Wenn man eine NE hat, hat man immer dieselben Rechte, egal nach welchem Paragraphen man die NE bekommen hat.


Risbosome schrieb am 27.09.2020 um 11:40:01:
und warum sollte es schwierig, die nach §9 zu bekommen?

Das größte Problem bei einer NE (egal nach welchem Paragraphen) ist meist die Sicherung des Lebensunterhalts. Nach § 9 ist das (wie gesagt) nicht schwieriger als nach § 28 (2), eher im Gegenteil. Wenn man nach 5 Jahren in Deutschland die NE nach § 9 beantragt, reicht es aus, wenn man für sich alleine (und seine ausländischen Kinder) genug Geld verdient. Denn es darf nicht sein, dass jemand Nachteile dadurch hat, dass er sich nicht von seiner deutschen Frau/seinem deutschen Mann trennt.

Für eine NE ist immer wichtig, dass man nicht nur aktuell genug Geld verdient wird. Es kommt darauf an, dass die ABH davon überzeugt ist, dass auch zukünftig der Lebensunterhalt gesichert sein wird. Oft hängt es daran, ob man einen gesicherten Arbeitsplatz hat, zum Beispiel mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag. Auch ist gut, wenn das Einkommen nicht zu knapp über dem Existenzminimum liegt.

Warum es in deinem konkreten Fall schwierig sein könnte, eine NE zu bekommen, wissen wir nicht. Dein Sachbearbeiter kennt deine Unterlagen. Du solltest ihn fragen, wo er das Problem sieht. Denn auch wenn du meinst, du erfüllst alle Voraussetzungen: Die Einschätzung, ob der Lebensunterhalt wahrscheinlich auch später gesichert sein wird, macht die ABH.

Titel: Re: Niederlassung
Beitrag von Bayraqiano am 27.09.2020 um 16:44:22

Alana schrieb am 27.09.2020 um 16:19:56:
NE nach § 28 (2) AufenthG:

(...)
2) Der Lebensunterhalt für die komplette Familie muss langfristig gesichert sein.

NE nach § 9 AufenthG:

(...)
2) Der Lebensunterhalt muss langfristig im Zweifel nur für sich selber und ausländische Familienangehörige (denen er Unterhalt zahlen muss) gesichert sein.


Genau genommen ist es umgekehrt, denn bei einer NE 28 Abs. 2 muss der Lebensunterhalt in der Regel über § 5 Abs. 1 Nr. 1 gesichert sein und hier hat man eine Ausnahme dahingehend konstruiert, dass bei gemischt-nationalen Bedarfsgemeinschaft der LU jedenfalls dann gesichert wäre, wenn der Ausländer seinen Bedarf mit eigenem Einkommen decken kann. Für § 9 gibt es ein solches Regel-/Ausnahmeverhältnis eigentlich nicht. Man würde aber richtigerweise dann zum gleichen Ergebnis kommen, da der Schutzzweck des LU-Erfordernisses jedenfalls nicht den Aufenthalt von Deutschen umfasst.

In der Praxis ist die NE § 9 so gut wie nie einfacher zu bekommen als eine speziellere, gerade die 60 Monate zur Rentenversicherung bereiten oft Schwierigkeiten.

Titel: Re: Niederlassung
Beitrag von Risbosome am 29.09.2020 um 09:12:03
Danke für die Rückmeldung
schrieb am 27.09.2020 um 12:58:20:
Die Niederlassungserlaubnis ist ein unbefristeter Aufenthaltstitel (§ 9 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Sie erlaubt die Erwerbstätigkeit ohne Einschränkungen und darf grundsätzlich nur in gesetzlich geregelten Fällen mit einer Auflage versehen werden. Dies ist die Rechtsfolge einer Erteilung.

Entscheidend ist der Unterschied zwischen Rechtsfolge und Erteilungsvoraussetzungen. Letztere sind einerseits generell für alle Ausländer in § 9 Abs. 2 AufenthG geregelt. Darüber hinaus gibt es im Aufenthaltsgesetz verschiedene, von § 9 Abs. 2 abweichende Regelungen. Im Einzelnen: Familienangehörige von Deutschen (§ 28 Abs. 2 Satz 1), Fachkräfte (§ 18c Abs. 1), Hochqualifizierte (§ 18c Abs. 2), Selbständige (§ 21 Abs. 4 Satz 2), Flüchtlinge (§ 26 Abs. 3), sonstige humanitäre Rechte (§ 26 Abs. 4), im Bundesgebiet geborene oder aufgewachsene Kinder (§ 35 Abs. 1), ehemalige Deutsche (§ 38 Abs. 1 Nr. 1). 

Diese finden immer dann Anwendung, wenn der Ausländer zu dem bestimmten Zweck eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde. Diese abweichenden Regelungen gehen grundsätzlich vor und sind für den Ausländer auch grundsätzlich günstiger, da die Erteilung erleichtert wird. Familienangehörigen von Deutschen wird die NE in der Regel nach drei Jahren Aufenthalt erteilt (statt fünf), auch müssen keine Beiträge zur Rentenversicherung vorgetragen oder ausreichender Wohnraum nachgewiesen werden.

Ist die NE aber erstmal erteilt, gelten die oben beschriebenen Rechtsfolgen. Ein Rangverhältnis gibt es nicht, alle NE sind gleich. Es spielt daher keine Rolle, ob die NE nach § 28 Abs. 2 oder § 9 Abs. 2 oder nach einem anderen Paragraphen erteilt wurde. Daher ist ein "Wechsel" hin zu einer "anderen" NE nicht möglich, da nicht notwendig. Es ist also ein Missverständnis wenn glaubt, es gäbe verschieden Arten von NE. Vielmehr gibt es lediglich verschiedene Anspruchsgrundlagen dafür.

Bezüglich der drei genannten Arten:
Erwerbstätigkeit umfasst als Oberbegriff sämtliche Arten, das heißt selbständige Tätigkeiten wie auch eine Beschäftigung als Arbeitnehmer. Ist die Erwerbstätigkeit wie bei dir gestattet, gibt es keinerlei Einschränkungen. Du darfst also ohne weitere - ausländerrechtliche - Genehmigung eine selbständige Tätigkeit aufnehmen.


Titel: Re: Niederlassung
Beitrag von Risbosome am 29.09.2020 um 09:20:16

Alana schrieb am 27.09.2020 um 16:19:56:
Wenn du seit 5 Jahren in Deutschland bist, macht der Sachbearbeiter es also zu deinem Besten, wenn er eine NE nach § 9 prüft. Nicht nur der Lebensunterhalt kann möglicherweise leichter gesichert werden, auch einige Nebenbedingungen müssen nicht mehr nachgewiesen werden ("Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet" und ausreichender Wohnraum)

auf jeden Fall bin ich mehr als 8 Jahre in Deutschland, besitze einen unbefristeten Vertrag, Integrationstest wurde gemacht und ohne Fehler bestanden,ausreichende Wohnraum (mehr als 120m² ) ist vorhanden,die 60 Monate pflichtige Rentenbeiträge sind auch vorhanden(wurde mir aber vom sachbearbeiter nicht gefragt)  meine Ehefrau arbeitet auch, Lebensunterhalt von der ganzen Familie ist gesichert....also ich wusste nicht,warum er mir meinte,es wäre schwierig für mich obwohl er nicht mal geprüft hat.

Es ist zwar ärgerlich, aber nicht so dramatisch, da ich  die NE bekommen habe. und die Sorge mit der Selbständigkeit wurde geklärt.

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