i4a - Das Board
https://www.info4alien.de/cgi-bin/forum/YaBB.cgi
Ausländerrecht >> Sonstiges zum Thema Ausländerrecht >> Integrationskurs: Bis zum welchen Alter verpflichtend?
https://www.info4alien.de/cgi-bin/forum/YaBB.cgi?num=1504261824

Beitrag begonnen von Zeno am 01.09.2017 um 12:30:24

Titel: Integrationskurs: Bis zum welchen Alter verpflichtend?
Beitrag von Zeno am 01.09.2017 um 12:30:24
Hallo,


bis zu welchem Alter ist ein Integrationskurs für einen älteren Ausländer (mit subs. Schutz) verpflichtend, wenn die Person 75 Jahre alt und u.a. eine starke Hörschwäche hat und sich oft Dinge nicht merken kann bzw. vergisst. Auch in der Muttersprache muss man Gespräche oft wiederholen, damit diese verstanden werden. Wenn diese Person noch weitaus fit wäre, wäre dies alles kein Problem.

Meiner Meinung nach lohnt sich doch so ein verpflichtender Integrationskurs für solche ältere und kranke Menschen nicht. Mit 75 ist man ja auch theoretisch nicht mehr auf dem Arbeitsmarkt vermittelbar. Zudem müsste diese Person von Null anfangen, also mit dem Alphabet. Es wäre somit auch körperlich anstrengend. Und auch zeitlich für die Lehrkraft anstengend, wenn Gehör und Gedächtnis nicht mehr so gut sind. Wie sieht es aber rechtlich aus? Könnte man sich aus diesem Grund befreien lassen?


Ich habe einen Artikel über so ein Thema gelesen: https://www.anwalt.de/rechtstipps/keine-pflicht-zur-teilnahme-an-einem-integrationskurs-wegen-alter-und-krankheit-vgh-mannheim_048345.html

Kennt jemand so einen ähnlichen Fall?

Titel: Re: Integrationskurs: Bis zum welchen Alter verpflichtend?
Beitrag von Aras am 01.09.2017 um 13:11:47
Das VGH hat doch schon alles gesagt was gesagt werden muss.

Aus dem was der Anwalt geschrieben hat:

Zitat:
Die Pflicht zur Teilnahme am Integrationskurs sei aber auch unzumutbar. Die Klägerin sei wegen ihres Alters und ihrer Krankheitsgeschichte im regulären Arbeitsmarkt nicht vermittelbar. Der Integrationskurs könne aber auch zum Anliegen des Gesetzes, die Integration von Eltern zu fordern und zu fördern, um deren Kinder zu integrieren, nichts mehr beitragen. Schließlich schränke die Teilnahmepflicht die Lebensführung der Klägerin unverhältnismäßig ein. Nach den Erfahrungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge erforderten Integrationskurse mit Alphabetisierung im Regelfall 1.200 Stunden (á 45 Minuten) Sprachunterricht und 60 Stunden Unterricht über Rechtsordnung, Kultur und Geschichte Deutschlands. Da die Klägerin allenfalls drei Unterrichtsstunden am Tag bewältigen könnte, müsste sie den Integrationskurs etwa zwei Jahre lang besuchen. Das sei unverhältnismäßig, zumal die Klägerin nicht mehr über Ausdauer, Belastbarkeit und Flexibilität wie ein junger oder „in der Mitte des Lebens stehender" Mensch verfüge.


Und schau mal in die AVWV unter 9.2.2.2.2


Zitat:
Eine Härte, bei der nach Absatz 2 Satz 4 von
den Voraussetzungen der Nummer 7 und 8 abgesehen
werden kann, kann z. B. vorliegen,
wenn eine körperliche, geistige oder seelische
Erkrankung oder Behinderung die Erfüllung
der Voraussetzungen zwar nicht unmöglich
macht, aber dauerhaft wesentlich erschwert,
wenn der Ausländer bei der Einreise bereits
über 50 Jahre alt war
, oder wenn wegen der
Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen der Besuch
eines Integrationskurses auf Dauer unmöglich
oder unzumutbar war. Aus den geltend
gemachten, nachzuweisenden Gründen muss
sich unmittelbar nachvollziehen lassen, dass im
Einzelfall eine Erschwernis vorliegt.


Es ist also vielmehr so, dass der Staat bereits bei über 50 Jährigen Probleme bei dem Erwerb der Sprachkenntnisse sieht. Was soll man erst bei einer 75-Jährigen Person erwarten?


Titel: Re: Integrationskurs: Bis zum welchen Alter verpflichtend?
Beitrag von Zeno am 01.09.2017 um 13:33:12
Danke Aras.

Die Sachbearbeiterin bei der ABH hat der Person bereits die Verpflichtung auf Papier vor einigen Tagen gegeben. Sollte man nochmal persönlich zur ABH hin und vorsprechen?  Zumal ich eigentlich erwartet habe, dass die Sachbearbeiter das wissen.

Titel: Re: Integrationskurs: Bis zum welchen Alter verpflichtend?
Beitrag von Aras am 01.09.2017 um 13:49:37

Zeno schrieb am 01.09.2017 um 13:33:12:
Zumal ich eigentlich erwartet habe, dass die Sachbearbeiter das wissen.

Naja, vielleicht einfach nur unüberlegt.


Zeno schrieb am 01.09.2017 um 13:33:12:
Sollte man nochmal persönlich zur ABH hin und vorsprechen?

Ja, einfach vorsprechen und Bedenken äußern. Nur Menschen die sprechen kann man helfen.

Die Sachbearbeiterin soll bitte Ihre Entscheidung überdenken.

Titel: Re: Integrationskurs: Bis zum welchen Alter verpflichtend?
Beitrag von KaGe am 01.09.2017 um 13:52:22
Ich würde die von @Aras genannte Entscheidung mit AZ zur ABH tragen und ganz freundlich darauf verweisen.

Wahrscheinlich gibts auch schon Atteste von Ärzten? Die würde ich auch gleich hinlegen.
Nicht lange rumdiskutieren. Einen schriftlichen Bescheid verlangen, der ist dann rechtsmittelfähig.

Dann abwarten, wie sie entscheiden.

Viel Glück!

Titel: Re: Integrationskurs: Bis zum welchen Alter verpflichtend?
Beitrag von grisu1000 am 01.09.2017 um 18:27:12

KaGe schrieb am 01.09.2017 um 13:52:22:
Nicht lange rumdiskutieren. Einen schriftlichen Bescheid verlangen, der ist dann rechtsmittelfähig.


Erstmal das vernünftige Gespräch mit dem Sachbearbeiter suchen. Hier innsbesondere auf die AVwV hinweisen und das aufgrund des Alters + altersbedingten gesundheitliche Einschränkung eine Teilnahme weder zielführend noch je erfolgreich sein wird. Ärtzliche Atteste helfen da natürlich. Zudem ist es Geldverschwendung von Seiten des Staates.

Eskalieren kann man dann wenn der Sachbearbeiter sich uneinsichtig zeigt.
-Fachaufsichtsbeschwerde gegen die Verpflichtung zum Integrationskurs ggf. später Klage. Dazu bedarf es gar keinen schriftlichen Bescheides vom Amt. Mündlich reicht.
-Eigener Antrag der Dame auf Befreiuung vom Integrationskurs, schriftlich..

Auch ein Ausweg wenn der Arzt mitspielt:
-Unbefristete Krankschreibung zur Teilnahme am Integrationskurs. Die Kopie kann man dann natürlich der ABH zukommen lassen.

Titel: Re: Integrationskurs: Bis zum welchen Alter verpflichtend?
Beitrag von KaGe am 02.09.2017 um 10:22:06
Hab ich doch geschrieben:
Ich würde die von @Aras genannte Entscheidung mit AZ zur ABH tragen und ganz freundlich darauf verweisen.
Wahrscheinlich gibts auch schon Atteste von Ärzten? Die würde ich auch gleich hinlegen.----
Und eben um einen Bescheid bitten.

Wenn du die Verschwendung von Steuer-und anderen Geldern ansprichst, bin ich sofort bei dir.
Was du hier aber als Gegenwehr vorschlägst, produziert doch auch unnötige  Kosten und vor allem bindet das die Zeit der Mitarbeiter.
Wenn es, wie vermutet, nur Unüberlegtheit und Betriebsblindheit war ( alle müssen I-Kurs machen...), dürfte das Problem schnell gelöst sein.

Ob sich ein Arzt findet, der eine 75jährige dauerhaft arbeitsunfähig schreibt?  :-? Bezweifle ich.

@TE:
Beim Leistungsträger (JC?) um amtsärztl. Untersuchung bitten, wahrscheinlich gehört diese Person  in den Rechtskreis SGB XII.
Damit hätte sich der I-Kurs eh erledigt.

Titel: Re: Integrationskurs: Bis zum welchen Alter verpflichtend?
Beitrag von Zeno am 02.09.2017 um 22:34:19
Vielen Dank für eure Antworten. Mein Gedanke war auch, dass das doch alles Geld- und Zeitverschwendung ist. Und mit 75 Jahren fällt man ja schon längst aus dem SGBII raus und man somit Anspruch auf Grundsicherung im Alter, was ja eigentlich logisch für die Sachbearbeiter sein müsste.

Ich werde dies mal der Person genauso berichten und mal sehen was die ABH sagt.

Titel: Re: Integrationskurs: Bis zum welchen Alter verpflichtend?
Beitrag von Aras am 02.09.2017 um 23:29:48
Was hat die Frage der Grundsicherung mit der Integrationsverpflichtung zu tun?

Die VGH Entscheidung, die du anführst (und nicht ich), setzt sich mit der Erwerbstätigkeit auseinander, weil es eine Altfallregelung war wo das auch ein entscheidender Aspekt war. Aber in eurem Fall ist das kein entscheidender Aspekt. Es geht bei euch einfach darum, dass man mit 75 Jahren kaum noch lernfähig ist.

Titel: Re: Integrationskurs: Bis zum welchen Alter verpflichtend?
Beitrag von KaGe am 03.09.2017 um 11:41:31
Stimmt, Aras.
Die Frage ist nicht die nach Grundsicherung und welche.
Der TS fragte nach Vermittlung in Beschäftigung usw.

Da war ich schnell auf dem  falschen Pfad. Sorry.

Der TS äussert hier keine Fakten. Leider.
zB.Gibt es jetzt einen Leistungsträger für diese 75j. Ausländerin?

Ob eine 75jährige Ausländerin, die nun von der ABH zum I-Kurs *geschickt* wird, Anspruch auf Alters-Grusi hat, ist noch ein ganz anderer Aspekt.

Titel: Re: Integrationskurs: Bis zum welchen Alter verpflichtend?
Beitrag von Zeno am 04.09.2017 um 21:56:26

KaGe schrieb am 03.09.2017 um 11:41:31:
zB.Gibt es jetzt einen Leistungsträger für diese 75j. Ausländerin?

Der 75 jährige Ausländer erhält bereits Grundsicherung aufgrund des Alters, somit gilt folglich das Sozialamt als Leistungsträger.

Titel: Re: Integrationskurs: Bis zum welchen Alter verpflichtend?
Beitrag von KaGe am 05.09.2017 um 12:37:19
Danke für die Info.
Falls die ABH bei der Forderung bleibt: Formlosen Antrag beim beim BAMF stellen.

Titel: Re: Integrationskurs: Bis zum welchen Alter verpflichtend?
Beitrag von Aras am 05.09.2017 um 12:43:58

KaGe schrieb am 05.09.2017 um 12:37:19:
Formlosen Antrag beim beim BAMF stellen.

?

Wie soll das nicht zuständige BaMF eine Entpflichtung vom Integrationskurs bewirken?

Titel: Re: Integrationskurs: Bis zum welchen Alter verpflichtend?
Beitrag von KaGe am 05.09.2017 um 17:43:34
Ich hab nichts von Entpflichtung geschrieben.
Antragstellung war meine Empfehlung.

Titel: Re: Integrationskurs: Bis zum welchen Alter verpflichtend?
Beitrag von Aras am 05.09.2017 um 18:09:29
Und was soll man beantragen?

i4a - Das Board » Powered by YaBB 2.4!
YaBB © 2000-2009. Alle Rechte vorbehalten.