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Ausländerrecht >> Asyl, Duldung, humanitäre Aufenthalte, Passangelegenheiten >> Studieren als Asylbewerber?
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Beitrag begonnen von schweitzer am 22.11.2012 um 11:09:19

Titel: Studieren als Asylbewerber?
Beitrag von schweitzer am 22.11.2012 um 11:09:19
Es geht um einen seit drei Jahren in Deutschland aufhältigen, 30jährigen Asylbewerber mit einer Aufenthaltsgestattung.

Der junge Mann hat einen Integrationskurs als Selbstzahler besucht und mit dem Abschluss " B1 + Beruf " beendet, so ist es mir übermittelt worden.

Er lebt in einem Landkreis hier in Mecklenburg-Vorpommern.

Er möchte nun in Hamburg ein Maschinenbaustudium ggf. mit vorgeschaltetem studienvorbereitendem Sprachkurs aufnehmen.

Soweit mir bekannt ist, ist das grundsätzlich nicht verboten. - Neben den üblichen Voraussetzungen - also einer entsprechenden Hochschulzulassung, bräuchte er dafür eine Verlassenserlaubnis von der ABH - hierfür sollte gemäß § 58 (1) AsylVfG Raum sein - dort ist ein Studium sogar als ausdrücklicher Zweck, der das Erteilen einer Verlassenserlaubnis rechtfertigt, benannt.

Dennoch bleiben Fragen:

Dürfte er wärend eines Studiums weiterhin Leistungen nach dem AsylbLG beziehen oder würde das ausscheiden? Müsste er also während des Studiums selbst vollständig für seinen LU aufkommen müssen und ggf. entsprechende Nachweise erbringen?

Würden dafür enstprechende Nachweise/Erklärungen von Familienagehörigen akzeptiert?

Könnte ihm, wenn ansonsten alle formalen und sonstigen Voraussetzungen erfüllt werden, die Aufnahme des Studiums von der ABH untersagt werden?. Gibt es ein Ermessen, was bei der Entscheidung für/gegen die "Genehmigung" auszuüben wäre?

Ich könnte mir vorstellen, dass die ABH verlangen könnte/würde, dass der Betreffende eine Erklärung abgibt, wonach ihm bewusst ist, dass er bei rechtskräftigem, negativen Abschluss seines Asylverfahrens unabhängig vom Stand des Studiums ausreisepflichtig wird  und somit ggf. eine Beendigung des Studiums in Deutschland nicht möglich sein wird. - Könnte dem so sein?

Viele Fragen, die wohl auch andere Rechtsgebiete tangieren - ich habe mich entscheiden müssen, wo ichs denn nun platziere und hoffe jetzt hier auf Antworten.

Vorab vielen Dank!


=schweitzer=

Titel: Re: Studieren als Asylbewerber?
Beitrag von Muleta am 22.11.2012 um 11:38:12
ich kann mir zwar nur schwer vorstellen, dass ein Studium ohne Wohnsitznahme vor Ort machbar ist (und dafür bietet 58 AsylVfG m.E. keinen Raum), aber das mal beiseite, dann sehe ich doch bei entsprechendem Bedarf weiterhin einen Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG, was nur dann ein Problem werden könnte, wenn man ihm eine Arbeitsgelegenheit aufdrängt (§ 5 AsylbLG).

In der Praxis frage ich mich dann allerdings wieder, wie er mit den Sätzen des AsylbLG ein Studium inkl. der ganzen Fahrerei hinbekommen will. Das ist doch illusorisch, oder? Wenn er von Verwandten unterstützt wird, dann wohl sinnvollerweise in Form von Sachleistungen - Geldzuwendungen müsste er nämlich bei der Sozialbehörde angeben und hätte sie primär für seinen Lebensunterhalt zu verwenden, so dass ihm diese Zahlungen wieder vom AsylbLG abgezogen werden würden.

§ 60 AsylVfG erlaubt Auflagen (also auch Beschränkungen) nach Ermessen. Wie die Behörde ermessensfehlerfrei ein Studium untersagen wollte, ist mir aber nicht klar. Problematischer dürfte in der Praxis die Einschreibung an der Hochschule werden (was man dann aber mal anhand der Rechtsgrundlage genauer prüfen müsste).


schweitzer schrieb am 22.11.2012 um 11:09:19:
Ich könnte mir vorstellen, dass die ABH verlangen könnte/würde, dass der Betreffende eine Erklärung abgibt, wonach ihm bewusst ist, dass er bei rechtskräftigem, negativen Abschluss seines Asylverfahrens unabhängig vom Stand des Studiums ausreisepflichtig wird  und somit ggf. eine beendigung des Studiums in Deutschland nicht möglich sein wird. - Könnte dem so sein?


Wozu sollte das dienen?

Bei einem negativen Asylverfahren gilt § 10 Abs. 3 AufenthG und sperrt schon gesetzlich den Wechsel zu einer AE 16.

Titel: Re: Studieren als Asylbewerber?
Beitrag von schweitzer am 22.11.2012 um 13:01:52
Vielen Dank, Muleta.

Die Problematik mit der Finanzierung des Studiums durch Angehörige und der Anrechenbarkeit auf die Leistungen nach AsylbLG ist mir bewusst gewesen - das muss der Betreffende im Zweifel selbst in die Reihe kriegen. - Ich wollte lediglich sicher gehen, dass ihm die Leistungen nach AsylbLG nicht von vornherein vorenthalten werden können, weil er etwa BaföG "dem Grunde nach" erhalten könnte - das dürfte bei der speziellen Konstellation hier aber wohl ausscheiden.

Hinsichtlich der Regelungen des § 58 AsylVfG differenzierst Du offenbar zwischen der Möglichkeit der Erteilung einer Verlassenserlaubnis (für die ich angesichts des Gesetzeswortlauts durchaus, auch jeweils in Fortsetzung, die Möglichkeit sehe) und der Möglichkeit einer Wohnsitznahme am Studienort. -

Das Begründen eines Nebenwohnsitzes für einen Asylsuchenden ist doch aber IMHO auch nicht ausgeschlossen? Oder übersehe ich da etwas. - Ich glaube mich zu erinnern, dass Asylsuchende, denen eine Arbeitsgenehmigung erteilt worden ist, so etwas hier schon praktiziert haben (und offenbar auch durften) - also während der Woche in einem Zimmer in Hamburg gewohnt haben und an Wochenenden wieder hergekommen sind.

Nicht richtig verstanden habe ich das hier:


Muleta schrieb am 22.11.2012 um 11:38:12:
Problematischer dürfte in der Praxis die Einschreibung an der Hochschule werden (was man dann aber mal anhand der Rechtsgrundlage genauer prüfen müsste). 


Was meinst Du damit? Welche Probleme könnte es geben?


Muleta schrieb am 22.11.2012 um 11:38:12:
Wozu sollte das dienen?Bei einem negativen Asylverfahren gilt § 10 Abs. 3 AufenthG und sperrt schon gesetzlich den Wechsel zu einer AE 16. 


Stimmt. Das erübrigt die andere Überlegung.


=schweitzer=

Titel: Re: Studieren als Asylbewerber?
Beitrag von reinhard am 22.11.2012 um 13:06:22

schweitzer schrieb am 22.11.2012 um 13:01:52:
Was meinst Du damit? Welche Probleme könnte es geben?


Hier an der Uni gibt es das Problem: Wenn kein Pass vorgelegt wird, weiß die Verwaltung nicht, wie man sich zu Prüfungen anmelden und wie man Bescheinigungen / Diplomurkunde etc ausstellen kann. Sie müssen ja sicher stellen, dass die Person, die sich prüfen lässt, auch die Person ist, die die Urkunde über eine bestandene Prüfung bekommt.

Titel: Re: Studieren als Asylbewerber?
Beitrag von schweitzer am 22.11.2012 um 13:13:36
Das heißt dann grundsätzlich: Ohne Pass kein Studium? -

Für den Fall könnte man sich ja dann alle anderen Bemühungen sparen ...  :-/


=schweitzer=


Titel: Re: Studieren als Asylbewerber?
Beitrag von reinhard am 22.11.2012 um 13:33:37

schweitzer schrieb am 22.11.2012 um 13:13:36:
Das heißt dann grundsätzlich: Ohne Pass kein Studium?


Nein, bisher ist das immer gelöst worden, ich hatte auch eine Studentin "ohne alles". Die haben eben nur Probleme, die dann von einer höheren Stelle (also nicht dem Sekretatriat) irgendwie "gelöst" werden müssen.

Es ist ja ein objektives Problem, dass nicht der eine die Prüfungsfragen beantwortet und dann jemand anderes die Diplomurkunde bekommt. Um das zu vermeiden, wird normal einfach der Pass kontrolliert.

Titel: Re: Studieren als Asylbewerber?
Beitrag von Muleta am 22.11.2012 um 13:49:00

schweitzer schrieb am 22.11.2012 um 13:01:52:
Das Begründen eines Nebenwohnsitzes für einen Asylsuchenden ist doch aber IMHO auch nicht ausgeschlossen? Oder übersehe ich da etwas. - Ich glaube mich zu erinnern, dass Asylsuchende, denen eine Arbeitsgenehmigung erteilt worden ist, so etwas hier schon praktiziert haben (und offenbar auch durften) - also während der Woche in einem Zimmer in Hamburg gewohnt haben und an Wochenenden wieder hergekommen sind.


m.E. ist auch ein Nebenwohnsitz nunmal ein Wohnsitz und als solcher nicht genehmigungsfähig. Das mag in der Praxis dann aber auch großzügig gehandhabt werden.

Hinsichtlich des Aufenthaltstitels machen einige Hochschulen bereits bei der Einschreibung Probleme (insbes. bei Duldungen - Gestattungen sind ja die absolute Rarität).

Ein fehlender Pass ist dann das Problem mit dem Identitätsnachweis: wer will sich da einschreiben und womit weist sich der Betreffende bei Prüfungen aus? Es gibt viele Fälle, in denen das dann letztlich gelöst werden konnte - aber man sollte nicht erwarten, dass das alles ganz einfach ist.

Zu beiden Punkten finden sich evtl. sogar in den Immatrikulationsordnungen Hinweise - ich meine sogar, es gab mal Bundesländer, die Personen ohne AT den Zugang zu Hochschulen gesetzlich untersagt hatten (nicht Hamburg).

Weiterhin ist ohne Identitätsnachweis möglicherweise der Nachweis der HZB schwierig.

Titel: Re: Studieren als Asylbewerber?
Beitrag von schweitzer am 22.11.2012 um 14:30:10
Unterm Strich:

Versuch macht kluch - Garantie gibts nicht, aber es könnte auch klappen.

Immerhin. -

Ich gebe die Infos so weiter und habe selber auch dazugelernt.

Vielen Dank, Muleta und reinhard!


=schweitzer=



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