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Ausländerrecht >> Sonstiges zum Thema Ausländerrecht >> Einreise und Aufenthalt mit Aufenthaltstitel aus anderem Schengen-Staat
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Beitrag begonnen von Muleta am 06.12.2011 um 19:25:07

Titel: Einreise und Aufenthalt mit Aufenthaltstitel aus anderem Schengen-Staat
Beitrag von Muleta am 06.12.2011 um 19:25:07
Bin da über etwas gestolpert:

Drittausländer, die im Besitz eines Aufenthaltstitels eines anderen Schengen-Staates sind, sind von der Pflicht zum Besitz eines (deutschen) Aufenthaltstitels nach Maßgabe von §§ 4 Abs. 1 AufenthG, 15 AufenthV befreit. § 15 AufenthV verweist insofern auf das SDÜ.

Nach Art. 21 SDÜ dürfen sich Drittausländer mit einem solchen Titel "bis zu drei Monate" im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedsstaaten bewegen, sofern sie die in Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c und e der Verordnung (EG) Nr. 562/2006  (Grenzkodex) erfüllen.

Art. 5 Grenzkodex nennt als Einreisevoraussetzungen für einen Aufenthalt von "bis zu drei Monaten" u.a. unter c.): "Er muss den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen,...", woraus (spätestens) die Schlussfolgerung gezogen werden dürfte, dass ein Aufenthalt, der von vornherein drei Monate überschreiten soll, die genannte Voraussetzung für eine visumsfreie Einreise nicht erfüllt.

Im Ergebnis wäre daher die Einreise zu einem Daueraufenthalt in diesen Fällen unerlaubt und der Aufenthalt nicht rechtmäßig. Eine Anwendung von § 39 Nr. 6 AufenthV würde in diesen Fällen ausscheiden.

Übersehe ich irgend etwas, was diese Argumentation umwerfen würde?

[edit]Das ist eindeutig eine ausländerrechtliche Fragestellung, noch dazu eine ebenso interessante wie pikante. Die musste ich daher schon aus Angemessenheitsgründen in ein Sachforum verschieben.  ;) - =schweitzer= [/edit]

Titel: Re: Einreise und Aufenthalt mit Aufenthaltstitel aus anderem Schengen-Staat
Beitrag von schweitzer am 06.12.2011 um 20:46:35
Ich erlaube mir, mal zwei, hoffentlich nicht zu blöde Fragen (mir scheinen die irgendwie beinah zu einfach ...) zu stellen, die mich in dem hier angesprochenen Kontext bewegen.


Muleta schrieb am 06.12.2011 um 19:25:07:
Eine Anwendung von § 39 Nr. 6 AufenthV würde in diesen Fällen ausscheiden.


1. In welchen Fällen könnte dann § 39 Nr. 6 AufenthV überhaupt noch angewandt werden?

2. Der Schengener Grenzkodex ist europäisches Recht. Die AufenthV betrifft deutsches Recht. Geht letzteres im Zweifel nicht vor?


=schweitzer=


Titel: Re: Einreise und Aufenthalt mit Aufenthaltstitel aus anderem Schengen-Staat
Beitrag von Muleta am 06.12.2011 um 21:07:26

schweitzer schrieb am 06.12.2011 um 20:46:35:
1. In welchen Fällen könnte dann § 39 Nr. 6 AufenthV überhaupt noch angewandt werden?


z.B. bei einem (nachgewiesenem) Nachentschluss, d.h. dann ähnlich wie bei 39 Nr. 3 AufenthV. Für Positivstaater scheitert eine Anwendung von 39 Nr. 3 bei geplantem Daueraufenthalt ja auch bereits daran, dass die Einreise unerlaubt und der Aufenthalt nicht rechtmäßig ist (vgl. VGH Mannheim vom 14.09.2011 - 11 S 2438/11; in diesen Fällen lässt sich das allerdings deutlich schöner und klarer über die insoweit beschränkte Regelungskompetenz aus Art. 62 Nr. 2 lit. b) Ziffer i) des zum 01.12.2009 außer Kraft getretenen Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft begründen)


schweitzer schrieb am 06.12.2011 um 20:46:35:
2. Der Schengener Grenzkodex ist europäisches Recht. Die AufenthV betrifft deutsches Recht. Geht letzteres im Zweifel nicht vor?


Jedenfalls der Grenzkodex legt eine einschränkende Auslegung doch nahe: warum sollte jemand den Zweck und die Umstände (mithin die geplante Aufenthaltsdauer von weniger als drei Monaten) belegen können müssen, wenn es für die Rechtsfolgen gar nicht darauf ankäme?

Die AufenthV (§ 15) verweist lediglich auf die europarechtlichen Normen, welche in solchen Fällen nach der oben dargelegten Herleitung nicht greifen würden, weil jedenfalls die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 Buchstabe c.) des Grenzkodexes nicht erfüllt werden. § 39 AufenthV greift wiederum nur das Ergebnis der europarechtlich geschaffenen Tatsachen auf und "arbeitet" damit weiter - ergibt sich aus SDÜ/SGK kein Recht zur Einreise und zum Aufenthalt, dann fehlt eine wesentliche Voraussetzung für die Anwendbarkeit.

Titel: Re: Einreise und Aufenthalt mit Aufenthaltstitel aus anderem Schengen-Staat
Beitrag von edge am 06.12.2011 um 21:19:49
Hmmmm....

Ist es denn wirklich so, dass der Schengentitelinhaber nur im Rahmen des Nachentschlusses bleiben kann und nicht etwa innerhalb der drei Monate eine Aufenthaltserlaubnis beantragen kann und somit von der Visum(verfahren)Spülicht befreit ist?

So würde ich das auslegen. Insbesondere durch Verweis auch § 41 der AufenthV.

M.E. begünstigt diese Vorschrift "nur" diese Fallgruppe und auf den Nachentschluss kommt es nicht an. Aber die Frage ist spannend. Teil uns deine Gedanken mit Muleta ;-)

Im Übrigen denke ich, dass der Nachentschluss hier keine Rolle spielt, da er in Nr. 3 ausdrücklich genannt ist und in Nr. 6 eben nicht.

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