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Beitrag begonnen von nel am 23.06.2007 um 22:40:48

Titel: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von nel am 23.06.2007 um 22:40:48
Huhu!

Bin neu hier, und habe auch gleich mal eine dringende Frage.
Mein Mann ist Ausländer, und zur Zeit ist seine Ma hier zu Besuch. Sie ist aufgrund eines Besuchsvisums hier, für das ein Dritter uns freundlicherweise die Verpflichtungserklärung gemacht hat. (Bei uns war das Gehalt zu gering)

Meine Schwiegermutter gehört einer religiösen Gruppe an, die in ihrem Land verfolgt wird, und sie wurde auch schon festgenommen. Nun hat mein Mann Angst, sie zurückgehen zu lassen, weil er befürchtet, daß sie wieder verhaftet wird. Ihr Visum geht bis zum 2.9.

Sollte sie nun Asyl beantragen, würden sicherlich Kosten für die Person entstehen, die die Verpflichtungserklärung gemacht hat, oder? das muß auf jeden Fall vermieden werden, das haben wir demjenigen versichert. Gibt es eine Möglichkeit, die Verpflichtung vorzeitig zu beenden? Könnten wir sie zB mittels einer Bankbürgschaft einfach "übernehmen"?
Oder was für Möglichkeiten gäbe es noch, daß sie hier bleiben kann, ohne daß Kosten entstehen für die dritte Person?

Ich wäre sehr, sehr dankbar, wenn mir hier jemand helfen könnte.

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von trixie am 23.06.2007 um 23:32:21
Grundsätzlich besteht zwar die Möglichkeit den VE-Geber aus seiner Verpflichtung zu entlassen, wenn ein neuer VE-Geber in diese Bürgschaft einspringt. Dazu muß aber die ABH zustimmen.
In euerem Fall sehe ich aber schwarz. Warum sollte die ABH der Sache zustimmen, wenn sie deine VE aufgrund zu geringen Einkommens schon nicht akzeptiert hat. Ob die ABH einer Bankbürgschaft zustimmt müßtet ihr klären. Aber wie schon gesagt, warum soll die ABH alles umwerfen, nur damit ein anderer VE-Geber aus Haftung kommt.
Inwieweit ihr euch des Visumsmißbrauchs strafbar macht, vermag ich nicht zu beurteilen, weil der Asylgrund ja bereits schon vor der Einreise feststand und euch bekannt war.

trixie

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von thom am 24.06.2007 um 02:40:25
Ob die Mutter in ihrer Heimat derzeit so hochgradig gefährdet ist, dass sie auf diesem Weg flüchten musste, wissen wir nicht, das müsstet Ihr schnellstens selber, mit einem Anwalt o.a. klären.
Falls nicht, könnte das sehr teuer werden, einige Tausender kommen da schnell zusammen - falls die Mutter schon älter ist und gesundheitliche Probleme auftreten, auch viel mehr.
Dem VE-Geber (ihr werdet ihn nicht ablösen können) könntet Ihr evtl. die Kosten ersetzen - nicht aber all den Ärger, der auf ihn zukommen kann.
Und es wäre sicher sehr frustrierend für alle, wenn die Mutter am Ende doch zurück muss.
thom

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von Muleta am 24.06.2007 um 10:57:54

thom schrieb am 24.06.2007 um 02:40:25:
Ob die Mutter in ihrer Heimat derzeit so hochgradig gefährdet ist, dass sie auf diesem Weg flüchten musste, wissen wir nicht, das müsstet Ihr schnellstens selber, mit einem Anwalt o.a. klären.


das ist wohl common sense, aber nicht unbedingt richtig:

ob ein Asylgrund (bzw. 60 I) tatsächlich vorliegt oder nicht, entscheidet weder der Antragsteller noch ein Anwalt, sondern zunächst das BAMF und dann der Richter. Weder Anwälte noch sonstige Privatpersonen haben m.E. die Pflicht oder das Recht, eine richterliche Entscheidung, noch dazu auf reichlich oberflächlicher Informationsgrundlage, vorwegzunehmen und somit bereits eine Antragstellung "abzuwürgen". Es ist insofern zweifellos legitim, einen Asylantrag zu stellen.

Hinsichtlich der VE tendiere ich dazu, die Haftung bei Stellung eines Asylantrages entfallen zu lassen - das könnte man aber wohl auch anders sehen.

Muleta

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von DonCamillo am 24.06.2007 um 11:04:16

Muleta schrieb am 24.06.2007 um 10:57:54:
Hinsichtlich der VE tendiere ich dazu, die Haftung bei Stellung eines Asylantrages entfallen zu lassen  


Die Verpflichtung umfasst auch Leistungen aus dem AsylbLG !


DC

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von thom am 24.06.2007 um 11:25:51

Muleta schrieb am 24.06.2007 um 10:57:54:
Es ist insofern zweifellos legitim, einen Asylantrag zu stellen.

Richtig, und genauso zweifellos sinnlos ist es, einen zu stellen, falls dafür die Grundlagen fehlen.

Muleta schrieb am 24.06.2007 um 10:57:54:
ob ein Asylgrund (bzw. 60 I) tatsächlich vorliegt oder nicht, entscheidet...das BAMF und dann der Richter.

Richtig, aber lange davor entscheidet der Antragsteller, ob er einen Antrag stellt. Oder?
Und damit er dies richtiger entscheiden kann, mein Rat, sich beraten zu lassen.


Muleta schrieb am 24.06.2007 um 10:57:54:
Hinsichtlich der VE tendiere ich dazu, die Haftung bei Stellung eines Asylantrages entfallen zu lassen  

Eine gute, alte Idee: tritt der Schadensfall ein, ist die Versicherung weg – kann man ja mal probieren.
Also bei allem Respekt, muleta...
thom

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von ronny am 24.06.2007 um 11:27:50

Muleta schrieb am 24.06.2007 um 10:57:54:
Hinsichtlich der VE tendiere ich dazu, die Haftung bei Stellung eines Asylantrages entfallen zu lassen - das könnte man aber wohl auch anders sehen.  


IMHO entfällt die Verpflichtung (erst ) dann, wenn ein Asylgrund anerkannt vorliegt oder zumindest eine AE nach Abchnitt 5 erteilt wird. Vorher oder bei völliger Erfolglosigkeit des Asylantrages bleibt der Haftungsanspruch bestehen.

Aus einem Kommentar:


Zitat:
Auch nach Ansicht des BVerwG endet die Verpflichtungserklärung allerdings, wenn sie nicht ausdrücklich befristet ist, nach Maßgabe der Auslegung im Einzelfall mit dem Ende des vorgesehenen Aufenthalts oder dann, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dies aufenthaltsrechtlich anerkannt worden ist.


Grüße
Ronny ;)

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von Muleta am 24.06.2007 um 12:34:18

ronny schrieb am 24.06.2007 um 11:27:50:
IMHO entfällt die Verpflichtung (erst ) dann, wenn ein Asylgrund anerkannt vorliegt oder zumindest eine AE nach Abchnitt 5 erteilt wird. Vorher oder bei völliger Erfolglosigkeit des Asylantrages bleibt der Haftungsanspruch bestehen.


auch bei Erfolg des Antrags könnte man über eine Haftung bis zur bestandskräftigen Entscheidung oder der Erteilung einer AE unterschiedlicher Ansicht sein.

Im Misserfolgsfalle sieht die Sache natürlich schlechter aus (und der VE-Geber sollte sicherheitshalber mit einer Haftung rechnen), ich betrachte diese Frage aber noch nicht als abschließend von der Rechtsprechung geklärt.

@ thom: natürlich gibt es Asylanträge, die wirklich aussichtlos aussehen. Die Aufgabe von Beratungsstellen und Rechtsanwälten ist es aber nicht, sich über den Richter zu stellen oder sich als verlängerter Arm des BAMF zu begreifen. Weiter ist zu beachten, dass der maßgebliche Entscheidungszeitpunkt nicht mit dem Zeitpunkt VOR der Antragstellung übereinstimmt (Stichworte: Veränderung der Rechtsprechung, Veränderung der Verhältnisse, Nachfluchtgründe).

Da die Antragstellung im Übrigen kostenlos ist, ist es schwierig, die Interessen des potenziellen Asylantragstellers zu vertreten und gleichzeitig (definitiv) zur Nichtantragstellung zu raten, von besonders eindeutigen Fällen mal abgesehen (EU-Bürger oder Besitz einer anderen AE z.B.). In anderen Fällen mögen die Chancen gering sein (was dem Anfrager dann auch deutlich zu machen ist), aber nicht aussichtslos. Insofern kann auch ein Anwalt oder eine Beratungsstelle nunmal gar nicht feststellen, ob "die Grundlagen fehlen" (besser: die Grundlagen zum maßgeblichen Zeitpunkt fehlen werden, vgl. z.B. zur Zeit die Lage bei exilpolitischer Betätigung von Personen aus Eritrea)

Die Interessen des VE-Gebers dürften naturgemäß ganz andere sein. Inwieweit der potenzielle Asylbewerber darauf Rücksicht nehmen will, ist wieder eine andere Frage.

Das alles spricht natürlich nicht gegen, sondern sehr wohl für eine (differenzierte) Beratung.

Muleta

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von proll am 24.06.2007 um 12:46:05

nel schrieb am 23.06.2007 um 22:40:48:
Meine Schwiegermutter gehört einer religiösen Gruppe an, die in ihrem Land verfolgt wird, und sie wurde auch schon festgenommen.  

Das zeigt doch schon, dass vor Visaantragstellung eigentlich etwas anderes als ein Besuch geplant war.


nel schrieb am 23.06.2007 um 22:40:48:
das ein Dritter uns freundlicherweise die Verpflichtungserklärung gemacht hat. (Bei uns war das Gehalt zu gering)  

Hoffentlich hattet ihr oben aufgeührtes "eurem" VE-Geber vorher gesagt, denn


Muleta schrieb am 24.06.2007 um 10:57:54:
Hinsichtlich der VE tendiere ich dazu, die Haftung bei Stellung eines Asylantrages entfallen zu lassen  

ob Muleta dazu tendiert, wird den Staat reichlich wenig interessieren, weil genau diese Risiken, Einreise, Verbleib und damit dem Staat entstehende Kosten, genau durch diese VE abgesischert sein sollen.

§ 68 Haftung für Lebensunterhalt

(1) Wer sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, hat sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen. Aufwendungen, die auf einer Beitragsleistung beruhen, sind nicht zu erstatten.

(2) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 bedarf der Schriftform. Sie ist nach Maßgabe des Verwaltungs- Vollstreckungsgesetzes vollstreckbar. Der Erstattungsanspruch steht der öffentlichen Stelle zu, die die öffentlichen Mittel aufgewendet hat.

(3) Die Auslandsvertretung unterrichtet unverzüglich die Ausländerbehörde über eine Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1.

(4) Die Ausländerbehörde unterrichtet, wenn sie Kenntnis von der Aufwendung nach Absatz 1 zu erstattender öffentlicher Mittel erlangt, unverzüglich die öffentliche Stelle, der der Erstattungsanspruch zusteht, über die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 und erteilt ihr alle für die Geltendmachung und Durchsetzung des Erstattungsanspruchs erforderlichen Auskünfte. Der Empfänger darf die Daten nur zum Zweck der Erstattung der für den Ausländer aufgewendeten öffentlichen Mittel sowie der Versagung weiterer Leistungen verwenden.

Nicht nur, das zu den Kosten Unterkunft-, Kranken-, Sozialhilfekosten etc. gehören, sondern auch die Behörden haben die Pflicht, andere Stellen von der Verpflichtung zu unterrichten.

Na, da wird einiges auf euren VE-Geber zu kommen.

Wenn ihr das verhindern wollt, sollte eure Mutter ausreisen und ihr solltet eine andere Lösung suchen, wenn möglich.

proll

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von ronny am 24.06.2007 um 12:47:17

Muleta schrieb am 24.06.2007 um 12:34:18:
auch bei Erfolg des Antrags könnte man über eine Haftung bis zur bestandskräftigen Entscheidung oder der Erteilung einer AE unterschiedlicher Ansicht sein.  


Hallo,

DAS meinte ich mit Vorher , also de durchaus lange Zeit eines schwebenden Verfahrens bis zu dessen bestandskräftigen erfolgreichen Abschluß.

Rechtsprechung zum Umfang gibt es aber ene ganze Menge, auch schon zu langen Zeiträumen und Abschiebehindernissen , die der Kostenschuldner nicht vorhersehen konnte...

Grüße
Ronny ;)

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von thom am 24.06.2007 um 13:00:38

Muleta schrieb am 24.06.2007 um 12:34:18:
Das alles spricht natürlich nicht gegen, sondern sehr wohl für eine (differenzierte) Beratung.  

genau darum gings mir ausschließlich.
Wir können im obigen Fall nichts inhaltliches beitragen.

Asylanträge sehen aber manchmal nicht nur aussichtslos aus, manche sind es auch. Gerade beim Nachholen von Familienangehörigen kommt so mancher auf diese scheinbar preiswerte Idee. Die finanziellen Schäden einer solchen Fehlentscheidung können dann enorm sein - ein Großteil davon entfällt u.U. auf den Anwalt, das zur im Übrigen kostenlosen Antragstellung. Das Geld hätte man dann für seine Familie meist besser investieren können.
Soetwas muss in einer Beratung offen angesprochen werden. Deine Definition von "Aussichtslosigkeit" erscheint mir anwaltstypisch eindeutig zu eng.
Grüße
thom

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von Muleta am 24.06.2007 um 13:01:34

ronny schrieb am 24.06.2007 um 12:47:17:
Rechtsprechung zum Umfang gibt es aber ene ganze Menge, auch schon zu langen Zeiträumen und Abschiebehindernissen , die der Kostenschuldner nicht vorhersehen konnte...


ist mir bekannt, ich fand die bislang vorgebrachte Argumentation der Anwälte in solchen Verfahren allerdings nicht besonders pfiffig. Insofern ist da m.E. vieles noch nicht entschieden.

Muleta

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von Muleta am 24.06.2007 um 13:37:18

thom schrieb am 24.06.2007 um 13:00:38:
Deine Definition von "Aussichtslosigkeit" erscheint mir .. eindeutig zu eng.


vielleicht können wir uns dann darauf einigen, dass die hier überwiegend vertrene Auffassung einer mehr oder minder umfassenden Vorabprüfungs- und -entscheidungpflicht durch den Antragsteller und Berater, häufig auch mit dem Schlagwort "Asylmissbrauch" verbunden, eindeutig zu weit geht.

Muleta

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von Mick am 24.06.2007 um 14:11:09

schrieb am 24.06.2007 um 11:04:16:
Die Verpflichtung umfasst auch Leistungen aus dem AsylbLG !  


schrieb am 24.06.2007 um 12:46:05:
ob Muleta dazu tendiert, wird den Staat reichlich wenig interessieren, weil genau diese Risiken, Einreise, Verbleib und damit dem Staat entstehende Kosten, genau durch diese VE abgesischert sein sollen.  

Hi,
der Umfang der Kostenhaftung steht ja nicht zur
Debatte. Es geht darum, ob im Falle der Asylan-
tragstellung überhaupt noch eine Haftung besteht.
Und da kommen wir zur Kommentierung, die Ronny
eingestellt hat:

Zitat:
Auch nach Ansicht des BVerwG endet die Verpflichtungserklärung allerdings, wenn sie nicht ausdrücklich befristet ist, nach Maßgabe der Auslegung im Einzelfall mit dem Ende des vorgesehenen Aufenthalts oder dann, wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dies aufenthaltsrechtlich anerkannt worden ist.

Kommen wir hier zu dem Schluss, dass ein Wechsel
des ursprünglichen Einreisezweckes vorliegt, der
zwangsläufig durch die Aufenthaltsgestattung auch
anerkannt würde, könnte die Verpflichtung aus der
VE durchaus entfallen.
Hat jemand konkrete Rechtsprechung hierzu parat?

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von proll am 24.06.2007 um 14:14:10

Muleta schrieb am 24.06.2007 um 13:37:18:
häufig auch mit dem Schlagwort "Asylmissbrauch" verbunden

Muleta, häufig handelt es sich auch darum, aber vorliegend hat keiner davon gesprochen, oder dies erkennbar unterstellt !!!!!

proll

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von ronny am 24.06.2007 um 14:16:33

Mick schrieb am 24.06.2007 um 14:11:09:
Hat jemand konkrete Rechtsprechung hierzu parat?


BVerwG Urt. v. 24.11.1998 - 1 C 33.97

Hat aus meiner Sicht jedenfalls einige grundlegende Dinge geregelt ;)

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von Mick am 24.06.2007 um 14:22:57

ronny schrieb am 24.06.2007 um 14:16:33:


BVerwG Urt. v. 24.11.1998 - 1 C 33.97

Hat aus meiner Sicht jedenfalls einige grundlegende Dinge geregelt ;)

Hi,
diese Entscheidung kenne ich. Da erfolgte aber die
Einreise eben im Rahmen der "Aufnahme" als Kriegs-
flüchtling. Also kein Zweckwechsel.

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von ronny am 24.06.2007 um 14:31:44

Mick schrieb am 24.06.2007 um 14:22:57:
Da erfolgte aber die
Einreise eben im Rahmen der "Aufnahme" als Kriegs-
flüchtling. Also kein Zweckwechsel.


Hier ist eine :

Einreise mit Besuchsvisum und VE, dann Asylantrag:

Nds. OVG 20.07.2005 - 7 LB 182/02

Die Entscheidung mit der Abgeordneten.

Allerdings nur OVG, aber immerhin.

Ich finde die neuere Entscheidung dazu  nicht, weiß aber dass die Klägerin im wesentlichen zahlen mußte ;)

Grüße
Ronny ;)


Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von proll am 24.06.2007 um 14:32:27
Zitat aus dem Urteil:

Zum einen waren die Regeln der Innenministerkonferenz zur Aufnahme von Bosnienflüchtlingen auf Beschleunigung und Vereinfachung des Aufnahmeverfahrens angelegt. Dementsprechend wurde die finanzielle Leistungsfähigkeit der Verpflichtungsgeber im allgemeinen nicht geprüft, so daß es geboten ist, persönlichen Härten bei Erlaß der Heranziehungsbescheide Rechnung zu tragen. Zum andern waren die finanziellen Lasten, die sich aus der Aufnahme von Bosnienflüchtlingen ergeben konnten, weder für den Einzelnen noch für die Ausländerbehörden abschätzbar. Indem die zuständigen Behörden dessen ungeachtet Flüchtlingen die Einreise gestatteten, haben sie Mitverantwortung für das damit verbundene Risiko übernommen. Das erfordert die Prüfung, ob es nach Maßgabe aller Umstände gerechtfertigt ist, daß die finanziellen Folgen dieser Risikoentscheidung allein von den Verpflichtungsgebern getragen werden. Im Rahmen der danach gebotenen Ermessensausübung wird nicht nur auf die Besonderheiten der Einzelfälle einzugehen, sondern auch zu berücksichtigen sein, daß die staatliche Fürsorge für die Bosnienflüchtlinge, die - anders als die von der Klägerin unterstützte Familie - ohne Visum eingereist sind, insgesamt von der Allgemeinheit getragen worden ist.

Im Umkehrschluss heisst dies aber:
ist die Einreise eines Flüchtlings, unabhängig vom Zweckwechsel (wobei ich bei dem geschilderten Sachverhalt nicht von einem Zweckwechsel ausgehe), nicht staatlich gesteuert, trägt der VE-Geber das alleinige Finanzierungsrisiko.

proll

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von Muleta am 24.06.2007 um 15:45:22

ronny schrieb am 24.06.2007 um 14:31:44:
Einreise mit Besuchsvisum und VE, dann Asylantrag:

Nds. OVG 20.07.2005 - 7 LB 182/02


nur bedingt auf heute übertragbar und mit katastrophalen Mängeln auf Seiten der Bevollmächtigten.

Wesentlich interessanter und wesentlich geschickter argumentiert ist z.B.

OVG Lüneburg, Beschluss vom 05.06.2007 - 11 LC 88/06

Das geht viel mehr in die Richtung, in die ich hier denke.

Muleta

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von thom am 24.06.2007 um 17:37:39

Zitat:
wenn der ursprüngliche Aufenthaltszweck durch einen anderen ersetzt und dies aufenthaltsrechtlich anerkannt worden ist.  


Mick schrieb am 24.06.2007 um 14:11:09:
Kommen wir hier zu dem Schluss, dass ein Wechsel des ursprünglichen Einreisezweckes vorliegt, der  zwangsläufig durch die Aufenthaltsgestattung auch anerkannt würde, könnte die Verpflichtung aus der VE durchaus entfallen.  

Der aufenthaltsrechtlich anerkannte Zweckwechsel dürfte durch eine AE zum Ausdruck kommen und nicht durch eine Gestattung.

Die Reichweite der VE kann allerdings offenbar durch einiges begrenzt sein, insbesondere die Aufklärungspflichten über Formblätter hinaus, Bonitätsprüfungen und die unterstellbaren Inhalte der Willenserklärung.
thom

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von proll am 24.06.2007 um 18:02:51

Muleta schrieb am 24.06.2007 um 15:45:22:
Wesentlich interessanter und wesentlich geschickter argumentiert ist z.B.

OVG Lüneburg, Beschluss vom 05.06.2007 - 11 LC 88/06

Das geht viel mehr in die Richtung, in die ich hier denke.  


1. wird hier nicht die volle Leistungspflicht entfaltet, weil offensichtlich 1999 eine nicht ausreichende Belehrung im Rahmen von Abschiebungskosten - nicht Lebensunterhaltskosten - vorlag und

2. wird auch auf völlig gegenteilige Rechtsprechung verwiesen

"abweichenden Rechtsprechung anderer Verwaltungsgerichte (vgl. etwa BayVGH, Urt. v. 30.6.2003 - 24 BV 03.122 -, NVwZ-Beil. 2004, 7 = BayVBl. 2003, 751; VG Hamburg, Gerichtsbesch. v. 24.9.2003 - 7 VG 1147/2003 -) vermag der Senat deshalb nicht zu folgen"

proll

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von Muleta am 24.06.2007 um 18:27:51

schrieb am 24.06.2007 um 18:02:51:
1. wird hier nicht die volle Leistungspflicht entfaltet, weil offensichtlich 1999 eine nicht ausreichende Belehrung im Rahmen von Abschiebungskosten - nicht Lebensunterhaltskosten - vorlag und


mit der Konsequenz, dass die VE ohne weitere Faxen zu machen diesbzgl. als null und nichtig angesehen wird. Das ist doch schon eine ganze Menge.


Zitat:
2. wird auch auf völlig gegenteilige Rechtsprechung verwiesen

"abweichenden Rechtsprechung anderer Verwaltungsgerichte (vgl. etwa BayVGH, Urt. v. 30.6.2003 - 24 BV 03.122 -, NVwZ-Beil. 2004, 7 = BayVBl. 2003, 751; VG Hamburg, Gerichtsbesch. v. 24.9.2003 - 7 VG 1147/2003 -) vermag der Senat deshalb nicht zu folgen"


womit dann wohl bestätigt wäre, dass in diesem Bereich vieles noch nicht abschließend entschieden ist. Ohnehin bezieht sich die abweichende Ansicht der 11. Kammer nur auf einen Teil der Argumentation.

Muleta

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von proll am 24.06.2007 um 19:07:09
Also, wenn es mittlerweile so -oder so ähnlich- wie in Darmstadt gemacht wird, dürfte der VE-Geber schlechte Karten haben.

http://www.portal-darmstadt.de/rathaus/formulare/32/32-1179_Verpflichtungserklaerung.pdf?CFID=23890104&CFTOKEN=70874553

Denn auch der Staat oder die ABH's lernen nach entsprechenden Urteilen dazu.

proll

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von trixie am 24.06.2007 um 19:30:36

schrieb am 24.06.2007 um 19:07:09:
Also, wenn es mittlerweile so -oder so ähnlich- wie in Darmstadt gemacht wird, dürfte der VE-Geber schlechte Karten haben.  


Nur der Verweis, dass mir das Merkblatt ausgehändigt wurde und ich es zur Kenntnis genommen habe, sagt m. M. noch nicht automatisch aus, dass ich der Haftung auch zustimme, bzw. diese Bestandteil der VE ist. Ein diesbezüglicher Hinweis dass das Merkblatt Vertragsbestandteil ist, fehlt.

trixie

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von proll am 24.06.2007 um 19:44:04

trixie schrieb am 24.06.2007 um 19:30:36:
Nur der Verweis, dass mir das Merkblatt ausgehändigt wurde und ich es zur Kenntnis genommen habe, sagt m. M. noch nicht automatisch aus, dass ich der Haftung auch zustimme, bzw. diese Bestandteil der VE ist. Ein diesbezüglicher Hinweis dass das Merkblatt Vertragsbestandteil ist, fehlt.  

Das Hinweisblatt ist nicht die VE. Auf der VE unterschreibe ich die Haftung.

Aber auch hierzu hat das nieders. OVG ausgeführt:

Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht die Tatsache, dass die Klägerin durch Unterschrift unter das ihr vorgelegte Formular bekundet hat, sie sei über „den Umfang und die Dauer der Haftung“ aufgeklärt worden. Die Verpflichtungserklärung ist keine Urkunde im Sinne der §§ 415 Abs. 1 und 418 Abs. 1 ZPO und vermag deshalb nicht den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen zu begründen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.2.2006, a. a. O.). Daher gelten für die Feststellungen zur Aufklärung der Klägerin durch die Ausländerbehörde über Umfang und Dauer ihrer Haftung die üblichen Regeln zur Darlegungs- und Beweislast, d.h. die einen Erstattungsbescheid erlassende Behörde ist materiell beweisbelastet für die angemessene Erfüllung der Aufklärungspflicht (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.2.2006, a. a. O.). Die Beklagte hat sich mit dieser Frage nicht näher auseinandergesetzt, obwohl die Klägerin eine ausreichende Unterrichtung über die wirtschaftlichen Konsequenzen der Verpflichtungserklärung bestritten hat. Insbesondere hat sie keine Erklärung des Landratsamtes {B.} vorgelegt, wonach die Klägerin konkret darüber aufgeklärt worden ist, dass sie die Kosten der Ausreise von Frau T. auch dann zu tragen habe, wenn diese nach Ablauf der genannten Drei-Wochen-Frist abgeschoben werden müsse und welche Kosten auf sie zukommen könnten. Offenbar ist auch kein Dolmetscher hinzugezogen worden. Dies hätte aber im Interesse des Schutzes der Klägerin, die damals nur über unzureichende Deutschkenntnisse verfügt haben will, vor unübersehbaren wirtschaftlichen Risiken nahe gelegen.

Damit scheint mit dem Infoblatt eine ausreichende Belehrung nachgewiesen zu sein.

proll

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von nel am 24.06.2007 um 21:13:45
Hallo,

danke für eure vielen Antworten.

das klingt ja alles nicht so rosig.

Sehe ich das richtig, daß die VE endet, wenn die eingeladene Person das Schengengebiet verlässt? Wie kann der VE-Geber dann nachweisen, daß er nicht mehr haften muß?

Und wie sähe es aus, wenn sie in einem anderen Schengenland Asyl beantragen würde? Der VE-Geber verpflichtet sich doch nur dem deutschen Staat gegenüber, oder?

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von proll am 24.06.2007 um 21:23:14

nel schrieb am 24.06.2007 um 21:13:45:
Sehe ich das richtig, daß die VE endet, wenn die eingeladene Person das Schengengebiet verlässt?


§ 50 AufenthG
(4) Durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften genügt der Ausländer seiner Ausreisepflicht nur, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind.

Schengen ist nicht gleich EU. Die Person uss die EU verlassen, da ich davon ausgehe, dass EInreise und Aufenthalt in einen anderen EU-Land nicht erlaubt sein werden.


nel schrieb am 24.06.2007 um 21:13:45:
Und wie sähe es aus, wenn sie in einem anderen Schengenland Asyl beantragen würde?


Nach internationalen Verpflichtungen ist das Land für die Bearbeitung des Asylantages zuständig, das ein Visum ausgestellt hat. In eurem Fall also Deutschland.


nel schrieb am 24.06.2007 um 21:13:45:
Wie kann der VE-Geber dann nachweisen, daß er nicht mehr haften muß?  

Durch Ausreisenachweis mit Hilfe einer Grenzübertrittsbescheinigung (GÜB)

proll

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von inge am 25.06.2007 um 10:06:07

Zitat:
Sie ist aufgrund eines Besuchsvisums hier, für das ein Dritter uns freundlicherweise die Verpflichtungserklärung gemacht hat.
[...]
würden sicherlich Kosten für die Person entstehen, die die Verpflichtungserklärung gemacht hat, oder? das muß auf jeden Fall vermieden werden, das haben wir demjenigen versichert.

Die "moralische" Seite mal außer acht lassend, könnt ihr sicherlich jederzeit einen Vertrag bzgl der Kostenübernahme eurerseits mit dem VE-Geber machen, in dem dann geregelt wird, dass ihr dem VE-Geber alle Kosten erstattet, die sie aus der von ihm abgegebenen VE ergeben.
Wobei natürlich noch irgendwie fraglich ist, WIE ihr die Kosten übernehmen wollt, wenn ihr nicht genug Geld hattet, um die VE selbst abzugeben.

Auch wenn hier ausgeführt wird, dass man sich vorab keine Gedanken über die Erfolgsaussichten eines Asylantrags machen muss, wäre das mE doch zumindest teilweise angebracht.
a) Wäre zu klären, ob die Mutter nachweisen kann, dass sie wegen ihrer Religion in's Gefängnis gesteckt wurde
und b) sollte man sich natürlich auch die genauen Gründe anschauen, warum das passierte. Wenn ich zB einer Religion angehören würde, in der es üblich ist, das Erstgeborene zu opfern, würde ich auch in D in's Gefängniss kommen und könnte mich dann nicht auf Religionsfreiheit berufen oder in einem anderen Land Asyl finden.

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von Muleta am 25.06.2007 um 13:29:58

inge schrieb am 25.06.2007 um 10:06:07:
Auch wenn hier ausgeführt wird, dass man sich vorab keine Gedanken über die Erfolgsaussichten eines Asylantrags machen muss,


das habe ich aber so nicht gesagt...  :nono:

Muleta

Titel: Re: Dringende Frage: Verpflichtungserklärung und Asyl
Beitrag von inge am 25.06.2007 um 14:03:05

Zitat:
das habe ich aber so nicht gesagt

Eigentlich schon:

Zitat:
ob ein Asylgrund (bzw. 60 I) tatsächlich vorliegt oder nicht, entscheidet weder der Antragsteller noch ein Anwalt

Der Antragsteller schildert demzufolge nur seine Situation und wartet dann ab. Insbesondere, da du ja aufführst, dass es auch noch einen Zeitfaktor gibt und man für die Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Asylantrags also offensichtlich in die Zukunft schauen können müsste.
Letztlich auch nicht wirklich von der Hand zu weisen, da ein Asylantrag auch als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt werden kann, wenn es sich um einen wirklich eindeutigen Fall handelt.

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