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Ausländerrecht >> Ehe und Familie >> Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
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Beitrag begonnen von Mogu am 20.05.2017 um 14:43:54

Titel: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Mogu am 20.05.2017 um 14:43:54
Guten Tag,

wenn ich eine Auskunft in folgendem Sachverhalt bekäme würde ich mich freuen. Es geht um einen Antrag auf Familienzusammenführung nach Hochzeit in Dänemark. Ich bin Deutsche.

Mein Mann, Staatsangehörigkeit Senegal, hat eine spanische Daueraufenthaltsgenehmigung. (Familiar Ciudano de la Union Permanente, Observaciones: Residente / Übersetzung Arbeitsrechtliche Aspekte oder Grund der Gewährung: Familienangehöriger Unionsbürger, Anmerkung: Ansässiger) gültig bis 2026.

Aus privaten und organisatorischen Gründen haben wir in Dänemark geheiratet.

Gesichert ist der Lebensunterhalt, nachgewiesen und vorgelegt
angemessener Wohnraum, nachgewiesen und vorgelegt
Deutschkenntnisse, A2, bestandene Prüfung von 2014 vorgelegt.
Krankenversicherung, Familienversicherungsschutz besteht, vorgelegt
Heiratsurkunde mit Apostille aus Dänemark vorgelegt

Die ABH hat den Antrag angenommen mit der mündlichen Vorabinfo, es würde sowie abgelehnt. Mein Mann erhielt eine Fiktionsbescheinigung für 3 Monate. Er darf in Deutschland keine Arbeit aufnehmen oder sich selbstständig machen.

In einem Schreiben teilt die ABH nun mit, dass die Ablehnung geplant sei, weil

1. keine ausreichenden Deutschkenntnisse nachgewiesen seien
2. er ohne Visum nach Deutschland eingereist sei.
3. Ein Hinweis, dass eine Fristsetzung zur Ausreise geplant sei und bei Nichteinhaltung eine zwangsweise Abschiebung drohe.

Nun habe ich mir die entsprechenden Stellen der angegebenen Gesetze angesehen. Ich habe eine Frage dazu. Ich habe verstanden, dass die ABH vor Erteilung eines nationalen Visums gefragt werden muss. Was ich nicht gefunden habe, ist ein Hinweis, dass  man dazu zwingend wieder auszureisen muss, obwohl man sich legal in Deutschland befindet. Insbesondere vor dem Hintergrund der permanenten Aufenthaltsgenehmigung in Spanien.

Wenn ihr da Argumentationstipps hättet?

Vielen Dank schon mal im voraus

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Saxonicus am 20.05.2017 um 15:19:33

Mogu schrieb am 20.05.2017 um 14:43:54:
Gesichert ist der Lebensunterhalt, nachgewiesen und vorgelegtangemessener Wohnraum, nachgewiesen und vorgelegt

Irrelevant, nicht erforderlich.


Mogu schrieb am 20.05.2017 um 14:43:54:
Er darf in Deutschland keine Arbeit aufnehmen oder sich selbstständig machen.

Richtig, dazu bedarf es der Aufenthaltserlaubnis.


Mogu schrieb am 20.05.2017 um 14:43:54:
1. keine ausreichenden Deutschkenntnisse nachgewiesen seien

Diese müssen bei der Visumsbeantragung nachgewiesen werden.


Mogu schrieb am 20.05.2017 um 14:43:54:
2. er ohne Visum nach Deutschland eingereist sei.

Für eine Wohnsitznahme in Deutschland ist ein Visumsverfahren (zur Familienzusammenführung) im Land des ständigen Aufenthalts (also in Spanien) unumgänglich.


Mogu schrieb am 20.05.2017 um 14:43:54:
dassman dazu zwingend wieder auszureisen muss, obwohl man sich legal in Deutschland befindet.

Er darf sich in Deutschland besuchsweise (bis zu 90 Tagen pro Halbjahr) aufhalten, für die Wohnsitznahme und Arbeitsaufnahme ist eine Aufenthaltserlaubnis erforderlich. Diese setzt wiederum voraus, dass er mit einen entsprechenden Visum (zur Familienzusammenführung) eingereist ist.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Aras am 20.05.2017 um 15:20:08
Das ganze war ja garnicht vorhersehbar  ;D

http://www.info4alien.de/cgi-bin/forum/YaBB.cgi?num=1476006393/all


Mogu schrieb am 20.05.2017 um 14:43:54:
1. keine ausreichenden Deutschkenntnisse nachgewiesen seien


Das Zertifikat war zu alt.


Mogu schrieb am 20.05.2017 um 14:43:54:
2. er ohne Visum nach Deutschland eingereist sei.


§ 5 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG besagt, dass man mit dem notwendigen Visum einreisen muss.


Mogu schrieb am 20.05.2017 um 14:43:54:
3. Ein Hinweis, dass eine Fristsetzung zur Ausreise geplant sei und bei Nichteinhaltung eine zwangsweise Abschiebung drohe.

Normal


Mogu schrieb am 20.05.2017 um 14:43:54:
Was ich nicht gefunden habe, ist ein Hinweis, dass  man dazu zwingend wieder auszureisen muss, obwohl man sich legal in Deutschland befindet. 


Ja gemäß Fiktionsbescheinigung. Ansonsten nicht wirklich.


Mogu schrieb am 20.05.2017 um 14:43:54:
Hintergrund der permanenten Aufenthaltsgenehmigung in Spanien.

Diese spanische Aufenthaltserlaubnis berechtigt zum Daueraufenthalt in Spanien. Wir sind aber Deutschland. Sind zwei verschiedene Staaten.


Mogu schrieb am 20.05.2017 um 14:43:54:
Wenn ihr da Argumentationstipps hättet?

Das Sprachzertifikat ist zu alt. Da würde man argumentativ nur durchdringen, wenn dein Mann jetzt auf B1 Niveau oder höher spricht.
Das mit dem Visum kann nicht leicht wegdiskutiert werden, weil der Aufenthalt der spanischen Aufenthaltskarte zwar für einen Aufenthalt von 90/180 Tage in Deutschland berechtigt aber die Voraussetzungen nicht erfüllt sind (A1).

Wenn die Voraussetzungen alle erfüllt sind (also auch A1), dann könnte ggf. die Behörde gemäß §39 Nr. 6 AufenthV und/oder § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vom Visaverfahren absehen, aber vgl. https://openjur.de/u/875483.html


Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Mogu am 20.05.2017 um 15:32:10
@silvermember:
)
Das ganze war ja garnicht vorhersehbar  Laut lachend

http://www.info4alien.de/cgi-bin/forum/YaBB.cgi?num=1476006393/all

) und was bitte ist so lustig daran? Ich weiss selber dass ich mich schon mal im Vorfeld erkundigt habe. Des Weiteren habe ich auch unterschiedliche Auskünfte bekommen und ich weiß, dass es unterschieldich gehandhabt wird. Da kommt der Verdacht auf, dass die Regelungen zum Teil nach Sympathie angewendet werden.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Aras am 20.05.2017 um 15:43:56
Na ihr habt euch dafür entschieden, es zu riskieren und die Auskunft genommen die euch besser gefällt. Der § 36 Nr. 6 AufenthV muss eng ausgelegt werden und gilt nur für Daueraufenthalt-EU-Titel.

Also da wir auch die Auskunft gegeben haben, dass dein Mann ein Visum in Madrid beantragen solle, verstehe ich nicht wo das Problem liegt. Vielleicht fragst du bei der Person nach, die dir gesagt hat, dass es auch so klappen würde, nach, wie man da gegenargumentieren könne.


Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Mojo Jojo am 20.05.2017 um 15:52:35
Vor dem Hintergrund, dass wir dir im vorangegangenen thread ausführlichste Auskünfte zur erforderlichen Vorgehensweise geschildert haben, ist es wirklich zum Mäuse melken nun auch noch gefragt zu werden, warum denn eure eigens zusammengefrickelte Aktion nicht funktioniert. Da darfst du bitte nicht angepieckst sein, wenn sich das Helfenwollen hier anfühlt als wäre man Teil einer schlechten Parodie.

Die AbH will von euch nix anderes als das was dir schon in dein ersten thread angekündigt wurde. Wenn es bei anderen die du kennst anders gelaufen ist, dann vielleicht da mal fragen wie die Umstände ganz genau gewesen sind.

Oder gibt es vielleicht noch Infos die dir bisher nicht erwähnenswert vorkamen aber möglicherweise doch entscheidend sein könnten?

Saxonius hat dir damals die Funktion / den Sinn eines schengenvisums erklärt. Magst du das vielleicht nochmal durchlesen?

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von mgb am 20.05.2017 um 16:33:20

Aras schrieb am 20.05.2017 um 15:43:56:
Na ihr habt euch dafür entschieden, es zu riskieren und die Auskunft genommen die euch besser gefällt. Der § 36 Nr. 6 AufenthV muss eng ausgelegt werden und gilt nur für Daueraufenthalt-EU-Titel.

Kannst du die Aussage belegen?
Was ein Aufenthaltstitel aus einem anderen Schengenstaat sein soll kann man nur aus Schengenrecht entnehmen.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von grisu1000 am 20.05.2017 um 16:38:04

Mogu schrieb am 20.05.2017 um 15:32:10:
) und was bitte ist so lustig daran? Ich weiss selber dass ich mich schon mal im Vorfeld erkundigt habe. Des Weiteren habe ich auch unterschiedliche Auskünfte bekommen und ich weiß, dass es unterschieldich gehandhabt wird. Da kommt der Verdacht auf, dass die Regelungen zum Teil nach Sympathie angewendet werden. 


Du hast in dem bezeichneten Thread keine unterschiedlichen Aussagen bekommen. Dort wurde gesagt er braucht ein Visum ODER er beantragt in Spanien einen Daueraufenthalt EU (residente de larga duracion CE/UE) und kann damit in Deutschland direkt einen AT nach §38a AufenthG beantragen.

Er hat aber gar nichts von beiden gemacht, sondern direkt versucht den AT zu bekommen.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von mgb am 20.05.2017 um 16:44:01
AufenthV $39 Nr. 6.
Mit Urteilen, die sich auf ein Visum typ-d beziehen, braucht man da nicht anfangen.
Nach Definition Schengener Grenzkodex ist ein visa typ-d kein Aufenthaltstiel aus einem anderen Schengenstaat.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Aras am 20.05.2017 um 17:29:41

mgb schrieb am 20.05.2017 um 16:44:01:
Mit Urteilen, die sich auf ein Visum typ-d beziehen, braucht man da nicht anfangen.

Wurde doch schon verlinkt:
https://openjur.de/u/875483.html

Außerdem berechtigt nicht jeder beliebige Aufenthaltstitel eines anderen Schengenstaates den Aufenthalt in Deutschland zum niederlassen.

Ein nationaler Aufenthaltstitel eines anderen Staates erlaubt es dem Inhaber in anderen Schengenstaaten sich zum Kurzaufenthalt, z.B. aus touristischen Gründen, in Deutschland aufzuhalten. Will der Ausländer jedoch mit der Absicht einreisen sich dauerhaft niederzulassen so berechtigt der nationale Aufenthaltstitel des anderen Schengenstaates ja eben nicht zu dieser Einreise und in der Folge nicht den Aufenthalt in Deutschland.

Im Gegensatz dazu ist die Einreise eines Inhabers einer Daueraufenthalt-EU, der ja ausdrücklich die Antragstellung zum Zwecke der Niederlassung in einem Mitgliedsstaat erlaubt, eines anderen Schengenstaates in Deutschland erlaubt. In der Folge ist auch der Aufenthalt mit der Absicht sich in Deutschland niederzulassen von vornherein für Inhaber von Daueraufenthalt-EU berechtigt.

Noch fragen? Dann frag deinen Anwalt.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von mgb am 20.05.2017 um 17:43:39

Aras schrieb am 20.05.2017 um 17:29:41:
Wurde doch schon verlinkt:
https://openjur.de/u/875483.html

Die Anwendung von §39 Nr. 6 ist in dem Fall an  "sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt sind" gescheitert.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Aras am 20.05.2017 um 17:47:00
Randnummer 7 hast du aber zur Kenntnis genommen?

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von mgb am 20.05.2017 um 18:24:08
Ja
"Diese Beschränkung gilt jedoch nicht für die Personen,"
"Dies ergibt sich aus § 39 Nr. 6 AufenthV"

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Aras am 20.05.2017 um 18:27:33

Zitat:
Diese Beschränkung gilt jedoch nicht für die Personen, die - wie der Antragsteller - in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehaben und sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten wollen.



Zitat:
Dies ergibt sich aus § 39 Nr. 6 AufenthV, der nach seinem Wortlaut dem Inhaber eines Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedstaates das Recht einräumt, auch während eines Kurzaufenthalts, etwa nach Art. 21 SDÜ, unter Verzicht auf das Visumsverfahren dann einen Daueraufenthalt zu beantragen, wenn er - wie hier - einen Anspruch auf einen solchen geltend machen kann.


Also dann ist ja alles klar.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Mogu am 20.05.2017 um 18:55:20
Ich glaube, wir suchen mal einen Anwalt auf und schauen wie die Entscheidung dann am Ende aussieht. Wenn ihr Interesse habt, kann ich euch berichten.

Vielen Dank für euren Einsatz

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von mgb am 20.05.2017 um 19:14:44
Einfach eine AE mit Hinweis auf §39 Nr. 6 AufenthV beantragen.
Einen Anwalt kannst du nehmen, wenn der Antrag abgelehnt werden sollte.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Aras am 20.05.2017 um 19:18:45
Wird nicht klappen, da eine spanische Aufenthaltskarte nicht dazu berechtigt in Deutschland einen Aufenthaltstitel zu beantragen.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von mgb am 20.05.2017 um 20:20:00
Muss man dir jetzt dein zweites Zitat aus post #13 Wort für Wort vorlesen?

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Aras am 20.05.2017 um 20:22:18
@mgb
Bist du juristisch gebildet? Wenn ja welche Bildung hast du genau genossen?

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Jojo2015 am 20.05.2017 um 20:23:09
@Aras: Ganz grundsätzlich schon.
ABER: die Einreise zum beabsichtigten Daueraufenthalt ist eben mit spanischer Aufenthaltskarte nicht erlaubt. Ergo unerlaubte Einreise (wenn nicht echter Nachentschluss). Damit Verwirklichung eines Ausweisungstatbestandes. Und damit eben KEIN Anspruch auf Erteilung der AE.
Und damit scheidet 39 Nr. 6 AufenthV eben aus!

Und schwups passt die Forderung des Visums FZ auch wieder.

Oder schließt du tatsächlich die Anwendung des 39 Nr 6 grundsätzlich ohne Daueraufenthaltserlaubnis aus? :o

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Aras am 20.05.2017 um 20:24:39

Jojo2015I schrieb am 20.05.2017 um 20:23:09:
ABER: die Einreise zum beabsichtigten Daueraufenthalt ist eben mit spanischer Aufenthaltskarte nicht erlaubt. Ergo unerlaubte Einreise (wenn nicht echter Nachentschluss). Damit Verwirklichung eines Ausweisungstatbestandes. Und damit eben KEIN Anspruch auf Erteilung der AE.
Und damit scheidet 39 Nr. 6 AufenthV eben aus!


Nichts anderes habe ich auch geschrieben ;)

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Jojo2015 am 20.05.2017 um 20:25:58
Ok, dann sind wir uns ja einig  8-)

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Aras am 20.05.2017 um 20:28:13
Weil ich das grade erst gelesen habe



Jojo2015I schrieb am 20.05.2017 um 20:23:09:
Oder schließt du tatsächlich die Anwendung des 39 Nr 6 grundsätzlich ohne Daueraufenthaltserlaubnis aus?


Ja. Oder gibt es ähnliche europarechtliche Regelungen wie die Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25.11.2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen welche den Inhabern von Aufenthaltstiteln von Schengenstaaten die Beantragung von Aufenthaltstiteln in einem anderen Mitgliedsstaat erlauben?
Also mir ist keiner bekannt.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Jojo2015 am 20.05.2017 um 20:34:28
Ich glaube nicht.

Aber gibt es welche, die den Mitgliedsstaaten verbieten, nationale Regelungem diesbezüglich zu treffen?

Insbesondere im Vergleich mit 39 Nr. 3 wäre diese Auslegung doch recht weit hergeholt, oder nicht?

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von mgb am 20.05.2017 um 21:07:58
Wie ist "Kurzaufenthalt, etwa nach Art. 21 SDÜ" zu beurteilen?
Man kann Artikel 21 SDÜ auch nachschlagen.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Jojo2015 am 20.05.2017 um 21:18:28
@mgb: worauf genau beziehst du dich damit? Ich kann dir gerade nicht folgen  :-?

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Aras am 20.05.2017 um 21:20:34
Andere Mitgliedsstaaten können ja nicht bestimmen, dass ihre Aufenthaltstitel dazu berechtigen in einem anderen Mitgliedsstaat einen Antrag zu stellen. Aber der deutsche Staat kann ja festlegen welche Aufenthaltstitel für ihn akzeptabel sind. Und dann könnte er ja sagen, dass Aufenthaltskarten anderer Staaten auch akzeptiert werden. Ist ja Ausdruck eigener Souveränität.

Was interessant wäre, auch wenn ich es persönlich als Quatsch empfinde:
Interessant wäre es, wenn man vor Gericht mal behaupten würde, dass  Artikel 45 Abs. 2 Eu-GRCharta ja auch Drittstaatsangehörigen ein Freizügigkeitsrecht bescheinigt und nicht nur mit der Richtlinie 2004/38/EG in Verbindung steht sondern auch mit der hier im Thread angesprochene Richtlinie 2003/109/EG eng in Verbindung steht und der Unionsgesetzgeber für Personen, die wie der Ehemann der TE ein eigenständiges abgeleitetes Freizügigkeitsrecht erworben haben, eine entsprechende Anwendung findet. Der Betroffene also mit seiner Daueraufenthaltskarte auch die Rechte aus 2003/109/EG besitzt. Und das dem EuGH vorlegen und schauen was passiert  ;D

@mgb

Das schwarze ist die Schrift... Wir können dir nicht bei der Auslegung von Gesetzestexten helfen.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von mgb am 20.05.2017 um 21:32:53
Was gibt es da auszulegen?
Was soll an dem Passus "der nach seinem Wortlaut dem Inhaber eines Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedstaates das Recht einräumt" auslegbar sein?
Was ein Aufenthaltstitel aus einem anderen Mitgliedsstaat sein solll kann man nur aus Schengenrecht entnehmen.
Siehe Schengener Grenzkodex Artikel 2 Nr. 16 (in der alten Fassung Nr. 15)
Was gegenteiliges hat der deutsche Verordnungsgeber nicht definiert.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Aras am 20.05.2017 um 22:17:18
Du weißt schon, dass die Wortlaut-Auslegung die zweitschwächste Auslegungsart ist?

Zumal das Gericht ja nicht die gesamte Nummer an seinem Wortlaut an dieser Stelle seiner Entscheidung auslegt....

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von mgb am 20.05.2017 um 22:28:39
Dann nimm halt §39 Nr. 6 AufenthV her und erzähle, wo du da auslegen willst.
Unterschieben kann man dem Verordnungsgeber nichts.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Aras am 20.05.2017 um 22:33:32
Siehe Antwort #9, da hast du ne systematische Auslegung.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von mgb am 21.05.2017 um 00:24:11
Wie legst du dann den Hinweis des betreffenden Gerichts auf Artikel 21 SDÜ aus?

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von T.P.2013 am 21.05.2017 um 03:43:59
@mogu,

falls Du hier noch mitliest:

Diesen Ratschlag:


mgb schrieb am 20.05.2017 um 19:14:44:
Einfach eine AE mit Hinweis auf §39 Nr. 6 AufenthV beantragen.
Einen Anwalt kannst du nehmen, wenn der Antrag abgelehnt werden sollte. 


halte ich angesichts der geschilderten Umstände noch immer für zielführend.
Du hast ja eine Aufforderung zur Äußerung bekommen.
In dieser nimmst Du, die günstigen Umstände darlegend (Ehe, A2, KV, etc.), Bezug auf den §39 (6) AufenthV.

Das Hantieren damit ist, aufgrund weniger aussagekräftiger Rechtsprechung dazu, immer etwas ein Vabanquespiel. Wie schon beschrieben - einige ABHen handhaben es großzügiger, einige restriktiv.
Bei einer Bekannten meiner Frau (ITA-AE, 2015) hat das sogar ohne A1 (musste innerhalb 3 Monate Gültigkeit FB nachgeholt werden) bei hiesiger ABH anstandslos funktioniert.

Wichtig ist nur, unabhängig davon, wieweit Ihr das rechtlich durchfechten wollt oder nicht, dass einer Ausreiseaufforderung gen Spanien nachgekommen wird, bevor man sich ggf. eine Sperre einhandelt.

Zumal Dein Mann (Inhaber einer spanischen AE; innerhalb Schengenlands, in welchem Reisebewegungen sowieso nicht / kaum kontrollierbar sind; mit Anspruch auf AE nach §28 AufenthG) mehr zu verlieren als zu gewinnen hätte.

Also meiner Meinung nach: Äußerung hinsichtl. §39 (6) AufenthV, falls dann noch erforderlich Anfechtung Ablehnung (dann mit ggf. Anwalt), falls dann noch im worst case erforderlich fristgerechte Ausreise nach ESP mit Beantragung des Visums dort und zwischenzeitliche Besuche der deutschen Ehefrau in DEU...

Denn meiner Meinung nach ist die Rechtslage weder so klar, noch das bisherige Ergebnis so zwingend vorhersehbar gewesen, wie hier im Thread dargestellt.

Und ja - eine Rückmeldung am Ende wäre sehr schön, um so oder so ein Mosaikstein mehr ins Puzzle fügen zu können.

Gruß


Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Aras am 21.05.2017 um 05:25:43
@mgb
Wie soll man das denn "auslegen"? Das Gericht führt aus, dass der Antragsteller Inhaber eines Titels eines anderen Mitgliedsstaates sein muss der "auch" bei einem Kurzaufenthalt gemäß Artikel 21 SDÜ den Antrag auf Erteilung eines Daueraufenthaltes in Deutschland erlaubt.


Nehmen wir das mit Artikel 21 SDÜ raus, dann führt das zu folgendem Resultat:

Aras schrieb am 20.05.2017 um 18:27:33:
Dies ergibt sich aus § 39 Nr. 6 AufenthV, der nach seinem Wortlaut dem Inhaber eines Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedstaates das Recht einräumt [...] einen Daueraufenthalt zu beantragen, wenn er - wie hier - einen Anspruch auf einen solchen geltend machen kann.


Das würde also bedeuten, dass man immer einen Antrag stellen kann wenn man einen anderen Schengentitel hat.

Aber die Ausführungen des Gerichts lauten:

Aras schrieb am 20.05.2017 um 18:27:33:
Dies ergibt sich aus § 39 Nr. 6 AufenthV, der nach seinem Wortlaut dem Inhaber eines Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedstaates das Recht einräumt, auch während eines Kurzaufenthalts, etwa nach Art. 21 SDÜ, unter Verzicht auf das Visumsverfahren dann einen Daueraufenthalt zu beantragen, wenn er - wie hier - einen Anspruch auf einen solchen geltend machen kann.


Also ist dieses "auch während eines Kurzaufenthalts, etwa nach Art. 21 SDÜ, unter Verzicht auf das Visumsverfahren" eine Bedingung um § 39 Nr. 6 zu aktivieren.

@T.P.2013

Ich sehe hier § 39 Nr. AufenthV nicht als einschlägig sondern hier ist mE § 5 Abs. 2 AufenthG einschlägig.

BVerwG, Urt. v. 10.12.2014, 1 C 15.14

Zitat:
Leitsatz:
Unter einem "Anspruch" im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt.1 AufenthG, der ein Absehen vom Visumerfordernis ermöglicht, ist grundsätzlich nur ein strikter Rechtsanspruch zu verstehen. Ein solcher Rechtsanspruch liegt nur dann vor, wenn alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind.


oder AVWV

Zitat:
5.2.2.1 Von der Einhaltung des Visumverfahrens kann im Einzelfall abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG erfüllt sind. Damit soll in Fällen, in denen die materielle Prüfung der Ausländerbehörde bereits zu Gunsten des Ausländers abgeschlossen ist, vermieden werden, dass das Visumverfahren lediglich als leere Förmlichkeit durchgeführt werden muss. Dies ist jedoch insbesondere dann nicht der Fall, wenn es Gründe dafür gibt, das Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, z. B. das Bestehen einer wirksamen Ehe, in Zweifel zu ziehen. Es ist auch mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Artikel 6 GG grundsätzlich vereinbar, den Ausländer auf die Einholung eines erforderlichen Visums zu verweisen (siehe aber Nummer 5.2.3). Einem mit einem Visum zu einem anderen Aufenthaltszweck eingereisten Ehegatten kann ein Aufenthaltszweckwechsel zum Ehegattennachzug nicht gestattet werden, wenn der Ehegattennachzug auch bei Vorliegen aller übrigen Voraussetzungen vom Nachweis der einfachen Deutschkenntnisse nach § 30 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 28 Absatz 1 Satz 5 abhängig ist, da der Ehegatte nach Sinn und Zweck des § 30 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die einfachen Deutschkenntnisse bereits vor dem Zuzug nach Deutschland bei der Erteilung des nationalen Visums zum Ehegattennachzug nachweisen soll.

5.2.2.2 Im Rahmen der nach § 5 Absatz 2 Satz 2 zu treffenden Ermessensentscheidung ist ein erheblicher öffentlicher Belang, dass aus generalpräventiven Gründen im Falle des gezielten Versuchs einer Umgehung der Erteilungsvoraussetzungen für ein nationales Visum die Nachholung des Visumverfahrens als Steuerungsinstrument vor der Einreise gefordert wird. Häufig sind allein die Auslandsvertretungen im Visumverfahren in der Lage, anhand der Gegebenheiten im jeweiligen Herkunftsland das Vorliegen bestimmter Erteilungsvoraussetzungen (z. B. sozial-familiäre Verwurzelung hinsichtlich der Rückkehrbereitschaft, Mittel zur Lebensunterhaltssicherung, persönliche Voraussetzungen bei Anträgen zu Erwerbs- oder Studienaufenthalten) zu beurteilen. Es widerspräche darüber hinaus dem gesetzlichen Ziel der Steuerung der Zuwanderung nach § 1, einen weiteren Aufenthalt im Inland während der notwendigen Bearbeitung des Antrags zum Aufenthaltszweckwechsel zu gestatten, wenn der Antrag auf weiteren Aufenthalt im Einzelfall letztlich versagt werden muss.


Wenn der Ehemann jetzt besser spricht als A2, dann hätte die Ausländerbehörde bei Vorliegen des A2 Zertifikates die Sprachkenntnisse gegenprüfen müssen. Lagen die A1 Kenntnisse vor der Einreise vor, dann kann man in den Genuss des § 5 Abs. 2 AufenthG kommen. Denn wenn die ABH erklärt, dass alle Voraussetzungen erfüllt sind, es kein Ausweisungsinteresse gibt aber es allein an dem Visum scheitert, dann könnte man das tatsächlich als leere Förmlichkeit sehen.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von mgb am 21.05.2017 um 05:54:47
Ich verstehe immer noch nicht,
was an der Feststellung des VG Freiburg klärungsbedürftig sein soll.

Zitat:

Dies ergibt sich aus § 39 Nr. 6 AufenthV, der nach seinem Wortlaut dem Inhaber eines Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedstaates das Recht einräumt, auch während eines Kurzaufenthalts, etwa nach Art. 21 SDÜ, unter Verzicht auf das Visumsverfahren dann einen Daueraufenthalt zu beantragen, wenn er - wie hier - einen Anspruch auf einen solchen geltend machen kann.


Eine Verordnung hat Bindungs- und Aussenwirkung. Die Verordnungsermächtigung ist in §99 AufenthG nachzulesen. Im ersten Satz §39 AufenthV heisst es "Über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fälle hinaus". 

Den im Urteil folgenden Ausflug zu Richtlinie 2003/109/EG hat das Gericht nur gemacht, um die Vereinbarkeit mit höherrangigen Recht im konkreten Fall zu prüfen. Eine Verordnung, die gegen höherrangiges Recht verstösst, kommt vom Gericht nicht zur Anwendung.

Familiennachzug zum deutschen Staatsbürger wird nicht durch EU Recht geregelt. Da gibt es nichts zu prüfen.

Was ein Aufenthaltstitel aus einem anderen Schengenland sein soll ist nicht durch deutsches Recht definiert. Da bleibt nur Schengener Grenzkodex Artikel 2 Nr. 16.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Aras am 21.05.2017 um 06:01:50
Ich kann dir nicht Nachhilfe in juristischer Methodenlehre geben.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von mgb am 21.05.2017 um 07:10:16
Dann widerlege im konkreten Fall.
Ich habe Recht und du bist ein Troll ist was für Kleinkinder.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Jojo2015 am 21.05.2017 um 07:49:03
@aras: deiner Auslegung, die Anwendung des 39 Nr. 6 käme nur bei Daueraufenthaltserlaubnis in Betracht, vermag ich auch nicht zu folgen.
Schau mal hier: Bayerischer VGH, Beschluss v. 04.02.2011 - 10 CS 10.3149
oder auch hier: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 06.01.2011 - 18 B 1662/10.
Es scheitert zwar an der Frist zur Erfüllung des Anspruchs bzw der Gültigkeit des Schengen-Titels, aber die Anwendbarkeit von 39 Nr. 6 wird nicht ausgeschlossen.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von grisu1000 am 21.05.2017 um 07:54:01

Aras schrieb am 21.05.2017 um 05:25:43:
Wie soll man das denn "auslegen"? Das Gericht führt aus, dass der Antragsteller Inhaber eines Titels eines anderen Mitgliedsstaates sein muss der "auch" bei einem Kurzaufenthalt gemäß Artikel 21 SDÜ den Antrag auf Erteilung eines Daueraufenthaltes in Deutschland erlaubt.


Das Gericht hat die Hauptanwendung des §39 Nr 6 AufenthV zerschossen, bewußt oder unbeswußt. Weil es diesen Artikel auf Fälle reduziert, wo ein Drittstaatenangehoriger sowieso im Bundesgebiet einen AT beantragen kann. Also ist der Artikel eigentlich obsolet.

Auf der anderen. Seite word damit klargestellt, das ein nationales Visa ein AT ist und nicht nur ein Grenzübergangspapier. Mit der Folge, das die Austellung eines nationalen visum im Schengeraum zur Formalie verkommt. Praktischen Nutzen hat es keinen, weil es weder Grenzkontrollen gibt, noch eine illegale Einrese verhindert werden könnte. Beides Hauptargumente warum ein Visum ausgestellt wird.

Letztendlich müsste aber der Gesetzgeber akitv werden oder man muss das Ganze vor das EuGH bringen. Beides eher unwahrscheinlich.

Für den TS bleibt es dabei, entweder muss nach Ablehnung eine Visum her oder ein spanischer Daueraufenthalt EU. Außer man will sich bis zm EuGH durchklage, was ich begrüßen würde.


Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Aras am 21.05.2017 um 08:31:27
Muss ich jetzt etwa zurückrudern?  :-X

http://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2005/0601-0700/659-05.pdf?__blob=publicationFile&v=1


Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von mgb am 22.05.2017 um 07:05:18
Meinst du dieses?



Zitat:
Zu Nummer 4 (Anfügung eines Nummer 6 zu § 39)
Ermächtigungsgrundlage ist § 99 Abs. 1 Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes

Durch die Anfügung der neuen Nummer 6 in § 39 der Aufenthaltsverordnung wird die
Möglichkeit geschaffen, einen Aufenthaltstitel ohne vorheriges Visaverfahren in Fällen
zu beantragen, in denen der Antragssteller einen Anspruch auf den beantragten
Aufenthaltstitel hat und er bereits einen anderen Aufenthaltstitel eines anderen Schengen-
Staates besitzt, der ihn nach Artikel 21 des Schengener Dürchführungsübereinkom-
men ohnehin berechtigt, sich visum- und grundsätzlich kontrollfrei für einen auf drei
Monate befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet aufzuhalten.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Petersburger am 22.05.2017 um 08:48:37
Das meint Aras wohl.

Zwei Dinge gebe ich zu bedenken - das erste davon mit einem Umkehrschluss:

Wenn der Gesetzgeber beabsichtigt ("Begründung", "Drucksache") eine bestimmte Handlung unter Strafe zu stellen, das Gesetz aber so formuliert, dass die dort beschriebenen Voraussetzungen für die Strafbarkeit nie eintreten können oder nie bewiesen werden können, dann bleibt die Handlung straffrei.
Es gilt das, was im Gesetz steht - nicht das davor Niedergelegte.

Wenn nun - wir kehren das um - der Gesetzgeber eine bestimmte Handlung gestatten möchte, das aber so formuliert, dass die im Gesetz explizit genannte Voraussetzung dafür nicht eintritt, dann ist diese Handlung nicht gestattet.

Er hätte dann geeignet formulieren können und müssen.

Die in § 39 Nr. 6 stehende Formulierung

Zitat:
und auf Grund dieses Aufenthaltstitels berechtigt ist, sich im Bundesgebiet aufzuhalten,

impliziert - was unterschiedlich gesehen wird - die erforderliche Berechtigung, mit diesem Aufenthaltstitel zum Daueraufenthalt einzureisen. Ohne diese Berechtigung kann es keine Berechtigung zum Aufenthalt geben - erlaubter Aufenthalt nach unerlaubter Einreise ist nicht vorstellbar.

Hätte der Gesetzgeber formuliert "und auf Grund dieses Aufenthaltstitels berechtigt ist, sich zu Kurzaufenthalten im Bundesgebiet aufzuhalten," dann wäre das eindeutig und entspräche dem im Text der zitierten Drucksache niedergelegten Gedanken.

So hat er nicht formuliert --> die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts ist *nicht* unstrittig --> ich werde niemals empfehlen, im anderen EU-Staat alle Zelte hinter sich abzubrechen und sich auf eine bestimmte Rechtssicht der ABH zu verlassen.


Das Zweite:
Wieder fällt uns hier die mit dem Zuwanderungsgesetz erweiterte Definition "Aufenthaltstitel" auf die Füße, die zuvor Visa nicht einschloß. Und auch heute im allgemeinen Sprachgebrauch nicht einschließt.

2010 wurden nationale Visa, die vorher zweifellos zu gar nichts außer Transit in den Ausstellerstaat berechtigten, "schengenfähig".
Und schon beobachtet man, dass Ausländer mit nationalen Visa eines anderen Schengenstaates auch "unmittelbar" nach Einreise in diesen anderen Schengenstaat ihr Päckchen schnüren (falls sie es je ausgepackt hatten) und nach Deutschland weiterreisen, um dort ohne deutsches nationales Visumverfahren eine AE zu beantragen.
Auch z.B. mit einem Sprachkursvisum für fünf Monate oder einem Vier-Monats-Visum für Saisonarbeiten - beide führen kaum zu einem Wohnsitz im anderen Schengenstaat.

In solchen Fällen wird wohl niemand ernsthaft annehmen, dass der in der BT-Drucksache nachlesbare Text auch solche Fälle erfassen und denen explizit die AE-Antragstellung ohne Visumverfahren im Bundesgebiet gestatten wollte.

Solange der Gesetzgeber hier nicht nachbessert, also die Vorschrift den seit inzwischen sieben Jahren "neuen" Gegebenheiten geeignet anpasst, gibt es keine Möglichkeit, solchen offenkundigen Missbrauch zu verhindern, außer der (auch davor schon berechtigten, wenn auch nicht unstrittigen) Feststellung "ist nicht berechtigt, zu mehr als Kurzaufenthalten einzureisen ... also nicht berechtigt, wenn er zum Daueraufenthalt einreist".

Es sei denn, dass man mit viel Aufwand Strafverfahren einzuleiten versucht ...

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Mogu am 22.05.2017 um 10:03:46
Also, das ist eine ganze Menge und insgesamt problematisch. Ich verstehe es ehrlich gesagt auch nicht mehr. Wir werden heute nachmittag zum Rechtswanwalt gehen,  uns diesbezüglich beraten lassen und dementsprechend handeln. Was ich bei der ganzen Diskussion zusätzlich schwierig finde ist das mein Recht, welches im Grundgesetz verankert ist (Artikel 6,... die Ehe unter besonderem Schutz steht)  für mich dann grad nicht gilt. Dann steht das Ausländerrecht höher als das Recht eine Ehe mit allen Rechten und Pflichten zu führen.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Aras am 22.05.2017 um 10:28:17
Artikel 6 GG, Artikel 8 EMRK, Artikel 7 Eu-GRCharta schützen die Ehe und Familie aber geben kein bedingungsloses Recht auf Einreise. Das war schon immer so.

Der Schutz der Ehe bedeutet in diesem Fall, dass es möglich sein muss dass es eine Familienzusammenführung gibt. Die Familienzusammenführung ist ja möglich, also ist der Schutz der Ehe gegeben...

Zumal es kein Grundrecht ist sondern ein Schutzauftrag für den Staat.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Petersburger am 22.05.2017 um 10:57:11

Mogu schrieb am 22.05.2017 um 10:03:46:
Was ich bei der ganzen Diskussion zusätzlich schwierig finde ist das mein Recht, welches im Grundgesetz verankert ist für mich dann grad nicht gilt.

Das stimmt nicht.

Dieses Recht führt dazu, dass auf das begehrte Visum bei schützenswerten Ehen (Abgrenzung zu Scheinehen) grundsätzlich ein Anspruch besteht.

Es führt aber nicht dazu, dass auf alle Regeln - Visum vor der Einreise ist auch nur eine Regel - verzichtet wird.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von mgb am 22.05.2017 um 18:44:58

Petersburger schrieb am 22.05.2017 um 08:48:37:
impliziert - was unterschiedlich gesehen wird - die erforderliche Berechtigung, mit diesem Aufenthaltstitel zum Daueraufenthalt einzureisen. Ohne diese Berechtigung kann es keine Berechtigung zum Aufenthalt geben - erlaubter Aufenthalt nach unerlaubter Einreise ist nicht vorstellbar.

Wenn der Verordnungsgeber in seiner Begründung für die Einführung von Nr. 6 in §39 mit Artikel 21 SDÜ argumentiert, dann gibt es einfach nichts mehr zum auslegen.
Das über die im Aufenthaltsgesetz geregelten Fälle hinaus geregelt werden soll, bringt Satz 1 in §39 zum Ausdruck.
Es gibt übrigens auch keine Referenz, bei der ein Gericht §39 AufenthV rechtswidrig angewendet hat.
Die Fälle, die hier im Forum immer wieder zitiert werden, sind an anderen Kritieren gescheitert.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Petersburger am 22.05.2017 um 22:00:12
Die Begründung steht nicht über dem Text des Rechtsaktes, sonst bräuchte man den nicht mehr.

Wenn im Rechtsakt etwas nicht klar formuliert ist oder wenn sich mit der Zeit Neues ergibt, was sich nicht eindeutig dem Text zuordnen lässt, dann hilft die Begründung.

Wenn aber Wille und Text nicht zueinander passen, gilt der Text des Rechtsaktes, nicht der der Begründung.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von mgb am 22.05.2017 um 22:25:43
Es ist gängige Praxis das Gerichte die Begründung für Gesetze/Verordnungen zur Urteilsfindung heranziehen. Die haben ja sonst nichts anderes als Auslegungshilfe.
Im konkreten Fall kann man dem Verordnungsgeber einfach nichts anderes unterschieben.

PS: Was ein Aufenthaltstitel aus einem anderen Schengenland sein soll ist klar wie Klosbrühe.
Wer Schengen in den Mund nimmt muss sich an Schengenrecht messen lassen.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von mgb am 22.05.2017 um 22:55:10
PPS: OVG Nordrhein-Westfalen  Az. 18 B 1662/10
Was gegenteiliges kannst du nicht anführen.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Petersburger am 23.05.2017 um 09:34:18

mgb schrieb am 22.05.2017 um 22:55:10:
Was ein Aufenthaltstitel aus einem anderen Schengenland sein soll ist klar wie Klosbrühe.

Klar wie was?  ;-D


mgb schrieb am 22.05.2017 um 22:25:43:
Wer Schengen in den Mund nimmt muss sich an Schengenrecht messen lassen. 

Völliger  :-X , wenn wir uns im nationalen Recht und nirgendwo anders bewegen.
Schengenrecht vermittelt keinerlei Aufenthaltsrecht außerhalb von Kurzaufenthalten.
Kann man überall nachlesen, sofern man das nur will.


mgb schrieb am 22.05.2017 um 22:25:43:
Was ein Aufenthaltstitel aus einem anderen Schengenland sein soll 

Ein Aufenthaltstitel nach Definition des AufenthG bist bereits ein Schengenvisum. Willst Du darauf hinaus?


Unser beider Problem ist, dass Du je nach Vorteil eine buchstabengetreue Anwendung einerseits oder eine Auslegung nach ... andererseits anstrebst.
Das mache ich nicht mit und das macht auch sonst ernsthaft niemand.


Zentrales Problem auch dieser Diskussion ist das, was ich bereits im Zitat anführte.

Durch die Formulierung "zum Aufenthalt berechtigt ist" hat der Verordnungsgeber das Fass aufgemacht, dass die Berechtigung zum Aufenthalt Kriterium ist.
Da AT anderer Schengenstaaten aber nicht zur Einreise zum Daueraufenthalt berechtigen, ist eine Einreise zum Daueraufenthalt unerlaubt und die Berechtigung zum Aufenthalt nach unerlaubter Einreise kann erfolgreich bestritten werden.

Du und jeder andere kann mich mit Urteilen unterhalb des BVerwG zuschütten, die im Hinblick auf diese Frage allesamt des Lesens nicht wert sind, wenn sie genau diese Frage nicht beantworten.

Es gibt mindestens ein Urteil - in diesem Forum bereits mehrfach angeführt -, das klar aussagt, der Kläger sei nicht berechtigt gewesen mit dem "fremden" Schengen-AT zum Daueraufenthalt nach Deutschland einzureisen und daher die Anwendbarkeit des § 39 AufenthV verneint.
Ich habe weder Zeit noch Lust, mich auf eine Suche nach weiteren Texten hierfür durchs Internet zu graben.

Und wiederhole:

Petersburger schrieb am 22.05.2017 um 08:48:37:
Hätte der Gesetzgeber formuliert "und auf Grund dieses Aufenthaltstitels berechtigt ist, sich zu Kurzaufenthalten im Bundesgebiet aufzuhalten," dann wäre das eindeutig und entspräche dem im Text der zitierten Drucksache niedergelegten Gedanken.

So hat er nicht formuliert --> die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts ist *nicht* unstrittig --> ich werde niemals empfehlen, im anderen EU-Staat alle Zelte hinter sich abzubrechen und sich auf eine bestimmte Rechtssicht der ABH zu verlassen.


Wer sich hier in diesem Forum anonym hinstellt und mit der Kompetenz eines Vielschreibers vehement maximale Positionen vertritt, der provoziert unter Umständen auch schon mal Konflikte und Problemsituationen.
Dies genau dann, wenn sich die hier Fragenden oder stille Mitleser auf seine Aussagen verlassen und dann im konkreten Fall hilflos in die Klemme geraten.

Hilflos im Sinne von:
Ohne Hilfe und ggf. auch Haftung des Ratgebers, der sie zu bestimmten Handlungen motiviert hat.
Ein Rechtsanwalt haftet für seine Beratung.
Ein Forist nicht.

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von SvenX am 23.05.2017 um 09:45:16

Petersburger schrieb am 23.05.2017 um 09:34:18:
Du und jeder andere kann mich mit Urteilen unterhalb des BVerwG zuschütten, die im Hinblick auf diese Frage allesamt des Lesens nicht wert sind, wenn sie genau diese Frage nicht beantworten.

siehe ausführlich zu dieser Frage: VG Aachen, Urteil vom 13. April 2016 – 8 K 669/15


Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Petersburger am 23.05.2017 um 10:54:14
Wenn Gerichte unterschiedlicher Ebenen unterschiedliche Ansichten vertreten - siehe hier angehängtes Urteil des VGH Kassel -,
[Ironie]
dann ist es vordringlichste Aufgabe dieses Forums, eine der beiden Rechtssichten den Fragenden oder auch nur Mitlesenden als alleinseligmachende Weisheit zu verkaufen und sie anschließend ihrem Schicksal zu überlassen.
[/Ironie]

Damit meine ich nicht Dich, SvenX, sondern das, was sich hier immer wieder abspielt.

Gibt es vor diesem Hintergrund etwas an

Petersburger schrieb am 23.05.2017 um 09:34:18:
ich werde niemals empfehlen, im anderen EU-Staat alle Zelte hinter sich abzubrechen und sich auf eine bestimmte Rechtssicht der ABH zu verlassen. 

auszusetzen?

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Aras am 23.05.2017 um 11:18:39
Offen gesagt finde ich es erheblich risikoärmer, wenn man einfach ein nationales Visum beanträgt. Wir reden ja schließlich von Konsulaten in anderen Mitgliedsstaaten. Es gibt also kaum Überlastung.

Und dann läuft das Verfahren und in der Zeit kann man eh einreisen und ein Familienleben führen. Ist das Visum fertig reist man zurück und holt das Visum ab.


Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Petersburger am 23.05.2017 um 11:45:57
Huch, da ist mir vorhin der Anhang abhanden gekommen  :'(

Jetzt aber:
https://www.info4alien.de/cgi-bin/forum/YaBB.cgi?action=downloadfile;file=VGH_Kassel_zu_SD__und_Einreise_Daueraufenthalt_002.pdf (47 KB | 107 )

Titel: Re: Familienzusammenführung Ehegatte mit eur.Aufenthalt
Beitrag von Mick am 23.05.2017 um 13:26:28
Ganz offenkundig kommen wir hier nicht weiter...

Fakt ist, dass hier von keinem der Weisheit letzter Schluss
zu erwarten ist.

:closed

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