Hallo liebes Forum,
ich möchte mich hier einmal für meine Freundin erkundigen, die im Januar ein Studenten- bzw. Studienbewerbervisum beantragen wird.
Erst einmal ein paar "hard facts" zu meiner Freundin:
- 25 Jahre alt
- türkische Staatsbürgerin, auch dort geboren und aufgewachsen
- sie hat seit Februar 2016 ein abgeschlossenes Bachelor-Studium in BWL auf Deutsch an der Marmara Universität in Istanbul mit Schwerpunkt Marketing (das gesamte Studium bzw. gut 90% des Studiums waren in deutscher Sprache) und war unter den besten 25% des Abschlussjahres 2016
- 2 Semester ERASMUS-Studium an der Universität Bremen, während dem wir uns auch kennengelernt haben (selbstverständlich mit bewilligtem Visum)
- Siebenmonatiges Praktikum im Bereich Marktforschung/Marketing ebenfalls in Bremen (selbstverständlich mit bewilligtem Visum)
- mehrere soziale Projekte in Deutschland und auch Sprachunterricht (vermutlich ebenfalls mit Visum. Vermutlich, weil sie wegen ihrer Eltern (beides Lehrer) bis letztes Jahr einen grünen Spezial-Passport hatte, der sie zur visumfreien Einreise bis 90 Tage berechtigt hat)
- Sprachnachweis Deutsch: TestDAF 17 Punkte (4/5/4/4), die meisten Unis fordern 16 Punkte mit mindestens 4 Punkten pro Teilbereich
- Sprachnachweis Englisch: IELTS academics 6,5
Wir fragen uns jetzt, wie wir bei der Beantragung des Studentenvisums bzw. Studienbewerbervisums vorgehen sollten. ("Bzw.", weil sie bereits 2 Zusagen hat, sich allerdings an noch viel mehr Unis/Hochschulen beworben hat, die auch deutlich besser zu ihrem Profil passen, von denen allerdings noch eine Zusage/Absage aussteht und sich noch nicht festlegen möchte.)
Ich habe jetzt im Internet häufiger gelesen, dass Visa abgelehnt wurden, da an der Studienmotivation/dem Studienzweck, der Rückkehrbereitschaft und auch daran gezweifelt wurde, wie das Studium in die berufliche Planung bzw. generelle Lebensplanung passt. Natürlich erklärt sich an Hand ihres Bachelorabschlusses in BWL auf Deutsch und auch ihrer sonstigen Aktivitäten bereits mehr oder weniger von selbst, wieso sie sich für ein Master-Studium auf Deutsch in Deutschland bewirbt.
Allerdings kommen jetzt noch die Faktoren Liebe (wir sind seit 4 Jahren zusammen) und Rückkehrbereitschaft bzw. berufliche Planung/Lebensplanung hinzu.
Tatsächlich 100% wahrheitsgemäß ist die Situation folgende: Meine Freundin bewirbt sich für ein Masterstudium in Deutschland (ebenfalls Studiengang BWL oder verwandte Fachrichtungen) explizit mit dem Ziel, nach dem Abschluss gutqualifiziert in Deutschland Arbeit zu suchen, da ihre Chance auf einen Job mit einem deutschen Masterabschluss mit Sicherheit höher ist als mit einem türkischen Bachelor. Allerdings möchte sie genau so hier studieren, um, falls sie keine Arbeit finden sollte, in der Türkei einen dort hoch anerkannten Abschluss (alles aus Europa, insbesondere Deutschland, gilt in der Türkei generell als absolute Oberklasse) vorweisen zu können. Es wären quasi "zwei Fliegen mit einer Klappe". Hierzu erst einmal die Frage, ob es in diesem Sinne ein Nachteil wäre, dies direkt so in das Motivationsschreiben zu schreiben. Letzten Endes besteht ja auch die Möglichkeit, nach Abschluss eine 18-monatige
AE zur Jobsuche zu beantragen, aus diesem Grund sollte das doch kein Problem sein, oder?
Darüber hinaus frage ich mich auch, welchen Einfluss unsere Beziehung auf die Entscheidung hat oder haben könnte. Wir sind nun mal seit 4 Jahren zusammen und ja, natürlich steht die oben beschriebene Lebensplanung damit in Verbindung. Es ist allerdings nicht so, dass ich mir kein Leben in der Türkei vorstellen könnte. Ich selbst bin zwar Deutscher, habe allerdings ebenfalls ein Jahr in Istanbul gelebt, spreche zumindest so gut Türkisch, dass ich dort nicht ein Wort Englisch sprechen musste, und hätte absolut kein Problem nach ihrem Abschluss mit ihr in die Türkei zu gehen und dort Arbeit zu suchen (habe selbst einen Masterabschluss). Nur weiß all das die Botschaft nicht. Natürlich könnte man meine Existenz ganz einfach verschweigen, allerdings ist hier das "Problem", dass mein Vater eine Verpflichtungserklärung für meine Freundin als Finanzierungsnachweis unterzeichnet hat. Sollte man einfach so tun, als gäbe es mich nicht, steht die Frage im Raum, wer denn dieser 62-jährige Deutsche ohne jegliche Verwandtschaftsbeziehung ist, der sich dazu bereiterklärt, sich gegenüber einer 25-jährigen Türkin zu verpflichten. Aus diesem Grund wäre es mit Sicherheit schlauer, direkt im Interview,insofern nachgefragt wird, zu sagen, dass es sich um den Vater ihres Freundes handelt. Davon abgesehen, sind allerdings sämtliche Universitäten/Hochschulen, an denen sie sich beworben (und bereits Zulassungen erhalten) hat, weeeeit weg von Bremen. Wir wären also lediglich im selben Land, nicht in der selben Stadt, und es ist ja jetzt auch nicht so, dass sie sich plötzlich für ein NC-freies Zweit-Bachelorstudium in Physik an der Uni Bremen beworben hätte, sondern definitiv in Studiengängen, die ihrem bisherigen Werdegang entsprechen.
Ich habe wirklich Angst, dass ihr Visum auf Grund dieser Punkte abgelehnt werden könnte. Allerdings habe ich auch von der Entscheidung des europäischen Gerichthofs vom letzten Jahr gehört, dass die Erteilung eines Studentenvisums eben KEINE Ermessenssache ist. Viel mehr haben Drittstaatler sogar einen Anspruch auf das Studentenvisum, insofern sämtliche formale Anforderungen daran erfüllt sind. Da ihr Bachelorabschluss, ihr Deutschnachweis, der Finanzierungsnachweis in Form der
VE, Krankenversicherungsschutz und sogar bereits unbedingte Zulassungen von zwei Hochschulen vorliegen, sind diese Anforderungen definitiv erfüllt und wir müssten demnach ja eigentlich nichts zu befürchten haben?
Ich hoffe, jemand kann uns Tipps zu unserer Situation geben
Vielen Dank schon mal und schöne Feiertage!